Details

Wer hat den Bären gesehen?


Wer hat den Bären gesehen?


1. Auflage

von: Uwe Kant

4,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 03.04.2023
ISBN/EAN: 9783965218888
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 66

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

„Hat vielleicht jemand den Bären gesehen? Der Bär ist mittelgroß. Also bärenmittelgroß. Oder mittelbärengroß. Man muss sich überlegen, wie man sich hier ausdrückt. Immerhin ist selbst ein kleingewachsener Bär viel größer als ein Eichhörnchen. Sagen wir einfach: Gesucht wird ein mittelgroßer Bär.“ Eigentlich hatte es der Bär in seinem Bärenhaus sehr gut. Den ganzen Tag konnte er im Schatten liegen und die seltsamen Menschen beobachten. Und der alte Bärenwärter, Herr Klappke, sorgte gut für ihn. Warum sich der Bär eines Tages auf den Weg in den Wald gemacht hat, das erzählt Uwe Kant manchmal wirklich komisch.
Geboren am 18. Mai 1936 in Hamburg-Lurup als viertes Kind eines Gärtners. Wegen der drohenden Bombenangriffe zog die Familie 1940 ins Haus seines Großvaters in Parchim. Dort legte er 1956 sein Abitur ab und studierte anschließend Germanistik und Geschichte in Rostock und Berlin. Von 1961 bis 1964 arbeitete er als Lehrer in Lübbenau und veröffentlichte gleichzeitig erste literarische Arbeiten. Von 1964 bis 1967 arbeitete er als Literaturredakteur der Zeitschrift „Magazin“. Seit 1967 ist er freischaffender Journalist und Schriftsteller. Er war in der DDR ein erfolgreicher Kinder- und Jugendbuchautor, seine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Zwei Bücher wurden von der DEFA verfilmt: 1971 „Das Klassenfest“ unter dem Titel „Männer ohne Bärte“ und 1977 „Der kleine Zauberer und die große Fünf“.
1978 erhielt er den Nationalpreis III. Klasse für Kunst und Literatur, 1981 noch einmal, gemeinsam mit Winfried Junge und Hans-Eberhard Leupold. Von 1999 bis 2020 lebte er in Neu Ruthenbeck in der Gemeinde Friedrichsruhe, seit 2020 in Panketal.
„Meine Güte“, sagte Herr Klappke, „ich muss wohl verrückt sein. So ein Wetter. Und mitten in der Nacht.“ Aber er schob sein Fahrrad tapfer in den kalten Wind und schwang sich schnaufend in den Sattel. Am Bärenhof angekommen, lehnte Herr Klappke das Rad gegen den Zaun und schloss leise die Eisengittertür auf. Also, hier war kein Einbrecher gewesen. Und an der Haustür des Bärenhauses auch nicht. Ebensowenig an der Tür zum Kabäuschen. Trotzdem war Herr Klappke froh, als er im schwachen Licht der alten Lampe den Lottoschein auf dem Tisch liegen sah. So weit war die Rutschbahn erst einmal sicher. Herr Klappke verschloss sorgfältig die Kabäuschentür, als er ein schwaches scharrendes Geräusch zu vernehmen meinte. Er blieb still stehen und horchte. Da, wieder. Und noch einmal. Herr Klappke musste schmunzeln. Ach, das waren nicht Einbrecher noch Gespenster, das war niemand anders als der Bär.
Er trat in den Bärenhof und schlich sich leise, wie ein vorbildlicher Indianer aus einem Indianerfilm, um einen Felsen herum, in den das Gitter eingelassen war, das die Bärenhöhle nach vorn absperrte. Als seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er im Halbmondenschein die dunkle Gestalt des Bären erkennen. Aber er mochte seinen Augen nicht trauen. Der Bär stand auf dem Kopf!
Herr Klappke drehte sich auf den Hacken einmal um sich selbst. Dabei guckte er nach oben, wo der halbe Mond durch die Wolken fuhr. Als er wieder durch das Gitter in die Bärenhöhle spähte, traute er seinen Augen noch weniger. Der Bär stand auf den Händen! Und was versuchte er jetzt? Verflixt, das sah wahrhaftig wie Radschlagen aus!
Vorsichtig schlich Herr Klappke hinter die Felsenecke zurück. Der Bär sollte ihn nicht bemerken. Es konnte ihm peinlich sein, beim Turnen beobachtet zu werden. Herr Klappke wusste ja, dass der Bär ziemlich empfindlich war.
Einmal, als der Bär seinen großen Traktorreifen in den Wassergraben gerollt hatte, war er böse mit dem Bären gewesen. Einen Kran hatten sie holen müssen. Und der Stadtrat hatte die Rechnung für den Kran nicht bezahlen wollen. „Passen Sie doch besser auf, Mensch, Klappke“, hatte der Stadtrat gesagt.
Und Herr Klappke hatte zu dem Bären gesagt: „Pass bloß auf, du dämliches Pelztier, du verdammter alter Esel, der du bist.“
Der Bär hatte daraufhin drei Tage lang keinen Apfel angerührt, dreizehn Tage nicht mehr im Wassergraben gebadet und dreißig Tage den Reifen nicht mehr beachtet.
Nachdenklich stieg Herr Klappke wieder auf sein Fahrrad und fuhr zu seinem Bett zurück. Sollte er gleich den Tierarzt anrufen oder erst am nächsten Morgen? Oder aber überhaupt nicht? Konnte man den Kopfstand zu den gefährlichen Krankheiten zählen? Vielleicht machten alle Bären so etwas? Vielleicht war es nur noch nicht beobachtet worden?
Um Himmels willen! Nur dergleichen nicht, dachte Herr Klappke zuletzt. O nein, Hilfe! Dann kommen all diese Professoren gelaufen. Und fangen an, den Bären zu wiegen und zu messen. Und das Fernsehen, heiliger Strohsack! Nein, zum Schluss nehmen sie mir den Bären weg. Und ich komme in die Sendung „Helden, die keiner kennt“ und muss der Frau Moderatorin Hünemacker erklären, warum ich ein Held bin und weshalb mich keiner kennt. Nein, nein, ich will nicht.
„Ja, so etwas“, sagte eine Stimme, die Herrn Klappke ganz unbekannt war. Ein paar Meter vor ihm stand ein Polizist mit einer blinkenden Kelle. Herr Klappke konnte gerade noch bremsen.
„Die Bremsanlage scheint zu funktionieren“, sagte der Polizist, „haben Sie Alkohol zu sich genommen?“
„Wieso? Weil meine Bremse funktioniert? Wollen Sie auf meine Bremse mit mir anstoßen?“
„Wir führen eine allgemeine Verkehrskontrolle durch. Ich habe beobachtet, dass Sie mit sich selbst gesprochen haben.“
„Ja, gewiss“, sagte Herr Klappke, „das mach ich immer so. Manchmal sage ich sogar alte Banane zu mir, wissen Sie.“
„Das ist ganz allein Ihre Angelegenheit“, sagte der Polizist, aber ihr Fahrlicht ist sehr, nun, also, sehr flackrig, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
„Das haben Sie wirklich nett ausgedrückt. Ich kann ihnen sagen, mit dem Licht ärgere ich mich schon einundvierzig Jahre rum. Das ist doch noch eines von den ersten Fahrrädern!“

Diese Produkte könnten Sie auch interessieren:

Tobias sucht den Doppeldecker
Tobias sucht den Doppeldecker
von: Jürgen Leskien
PDF ebook
4,99 €
Weihnachtshund und Bambusrüssel
Weihnachtshund und Bambusrüssel
von: Dietmar Beetz
PDF ebook
6,99 €
Tobias sucht den Doppeldecker
Tobias sucht den Doppeldecker
von: Jürgen Leskien
EPUB ebook
4,99 €