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Tobias sucht den Doppeldecker


Tobias sucht den Doppeldecker


1. Auflage

von: Jürgen Leskien

4,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 18.05.2020
ISBN/EAN: 9783965210189
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 75

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Ein Knattern und Fauchen lässt Tobias auf der Kletterkiefer aufhorchen. Ein Flugzeug mitten auf der Waldwiese? So etwas hat es noch nie gegeben. Tobias beobachtet, wie der Doppeldecker landet und drei Flieger aus der kleinen Maschine klettern. Er sieht, wie die Flieger eine Karte ausbreiten und ihre Kopfhauben ablegen. Als sie sich abwenden und etwas zu erkunden scheinen, kann Tobias nicht widerstehen: Er stopft sich eine Kopfhaube unter das Hemd und läuft hastig den Weg zurück ins Dorf. Doch Tobias kann sich an der Kopfhaube nicht erfreuen, so viel sie ihm auch von Flugzeugen, Wind und Wolken zu erzählen vermag, denn er weiß, sie wird gebraucht ...
19.10.1939 in Berlin-Friedrichshain geboren.
Ausbildung und Arbeit als Motorenschlosser. Ab 1959 Offizier, Flugzeugführer/Navigator der Luftstreitkräfte der DDR. Ingenieur für zivile Flugsicherung, 1972 Entlassung aus der Armee.
Ab 1972 Studium der Theaterwissenschaften an der Theaterhochschule Leipzig, Arbeiten über Heinrich von Kleist, 1977 Diplom.
Dramaturg beim Fernsehen der DDR in Berlin. Seit 1978 freiberuflich tätig.
1978/79, 1981, 1982 Arbeit als Kfz-Schlosser im Rahmen der Entwicklungshilfe der DDR in Angola.
1983/84, 1988/89 Arbeit im UNHCR Flüchtlingscamp für namibische Flüchtlinge (Kwanza Sul in Angola) und im „ ANC Entwicklungs- und Ausbildungscamp Dakawa (Tansania) / Mazimbu“.
Die Berührung mit AFRIKA wird prägend für die schriftstellerische und publizistische Arbeit.
März 1990 bis Oktober 1990 Mitglied der Volkskammer der DDR.
Mitarbeit u. a. im "Ausschuss für Entwicklungspolitik". Als Parlamentarier offizieller Namibiabesuch, Rückführung der in der DDR lebenden namibischen Flüchtlingskinder.
1991 Teilnahme an der Afrikanischen Buchmesse in Harare / Simbabwe.
1994 / 1995 Mitinitiator der Spendenaktion ”Fischkutter für Angola”, 1995 als Maschinenassistent an Bord, Überführung eines ”DDR/Treuhand-Fischkutters” von Rostock nach Luanda.
Seit 1990 Arbeit in Namibia, u.a. Mitarbeit am Konversionsprojekt (ehemalige Basis der Südafrikanischen Luftwaffe, Projektleiter vor Ort) des Bremer Afrika Archivs und des Centre of Africa Studies (Universität Bremen) - "Ruacana Education with Production Centre" in Ruacana / Namibia.
Seit 2005 engagiert in der AFRI-LEO Foundation Namibia/Damaraland.
Bis 1992 Berlin-Prenzlauer Berg, seit 1993 Wohnsitz in Kleinbeuthen bei Berlin, wahlweise Namibia - Swakopmund, Damaraland, Farm Karos.
Tobias legt die Hand auf die Motorverkleidung. Sie füllt mit ihrem Buckel und der weichen Polsterung die Mitte der Fahrerkabine aus, teilt sie in Fahrer- und Beifahrersitz.
Tobias weiß: Wenn Onkel Heiner die Verkleidung hochklappt, kann er den Motor sehen, wenn nötig, ihn reparieren. Tobias hat schon dabeigesessen, wenn der Onkel montierte. Onkel Heiner brauchte nur zu sagen: den Zehnerschlüssel oder den großen Schraubenzieher. Tobias reichte ihm das Werkzeug zu. Das war vergangenes Jahr; sie reden manchmal noch darüber, der Onkel und er. Doch gemeinsam den Motor reparieren mussten sie seitdem nicht wieder. Auch heute brummt er ruhig und gleichmäßig.
Tobias spürt das Zittern des Motors durch das weiche Polster hindurch. Das Zittern hängt mit der Anstrengung und mit der Kraft zusammen. Tobias hat das genau beobachtet. Wenn die Gewichtheber die Stange mit den schweren Eisenscheiben über dem Kopf halten, zittern ihre Arme auch. Und der Motor muss sich erst recht anstrengen, er hat das Lastauto und den Anhänger zu bewegen.
Sie fahren auf der Mitte der Straße. Die Straße führt gerade durch den Wald. – Der Wald wird lichter, hinter den Bäumen sind Häuser zu sehen. Nun fahren sie an Wiesen vorbei.
„Ich werde den Flugplatz bestimmt nicht finden“, sagt Tobias leise. Er wünscht sich sehr, dass Onkel Heiner zu den Fliegern mitkommt.
„Ihn zu finden ist nicht schwierig, Tobias. Ich halte an der Zufahrtsstraße, die direkt auf die Landstraße führt. Von dort siehst du schon den Wachposten.“ Onkel Heiner sieht Tobias für einen Moment prüfend an. „Außerdem starten Flugzeuge, das hörst du gleich, wenn du aussteigst. Und der Windsack an der Wetterwarte ist nicht zu übersehen.“
Tobias sieht auf die Straße.
„Du weißt doch, was ein Windsack ist, oder?“
Tobias nickt. „Solch ein langer rot-weißer Sack“, er breitet unlustig die Arme aus, „er ist an einen Mast gebunden, damit ihn der Wind aufblasen kann. Er zeigt den Piloten die Windrichtung.“
„Genauso ist es, und vielleicht siehst du sogar die Landebahn.“ Onkel Heiner bückt sich plötzlich tief über das Lenkrad und zeigt zu den Wolken. „Da, sieh mal!“
Tobias sieht das silberne Flugzeug. „Das fliegt aber tief!“, ruft er und drückt sein Gesicht an die Scheibe.
„Wird gerade gestartet sein. Es sind nur noch fünf Kilometer bis zum Flugplatz.“
Vor ihnen fährt ein Traktor. Onkel Heiner überholt nicht, er fährt rechts heran. „So“, sagt er, „nun halten wir mal an.“ Onkel Heiner schaltet und lässt den Lastwagen ausrollen.
Tobias kann weder eine Tankstelle noch einen Flugplatz sehen. Sie stehen auf der Landstraße zwischen großen Feldern. „Aber es sind doch noch fünf Kilometer, hast du gesagt.“
„Stimmt.“ Onkel Heiner schmunzelt und zeigt auf den Campingbeutel. „Bevor du sie den Fliegern zurückbringst, sehen wir sie uns gemeinsam an, ja?“
Tobias hat den Beutel mit der Haube während der Fahrt auf den Knien gehalten. Jetzt öffnet er mit einem Ruck die Schleife. Onkel Heiner nimmt mit beiden Händen die Haube. „Eine schmucke Kopfhaube, die vielen Schnallen, und hier das Kabel zum Funkgerät“, staunt Onkel Heiner. Behutsam setzt er sie auf. Tobias kniet auf dem Sitz. „Sie passt dir, sie passt dir richtig!“ Onkel Heiner schließt den Riemen unter dem Kinn, setzt sich gerade in den Sitz. „Achtung Flughafen, Achtung Flughafen, hier ist die Maschine vierhundertdreißig, gestatten Sie die Landung.“ Für einen Moment ist Stille, dann flüstert Onkel Heiner Tobias zu: „Du musst antworten.“
Tobias räuspert sich, dann ruft er: „Sie können landen, landen Sie schnell, ein Gewitter kommt.“
„Habe verstanden, komme auf dem kürzesten Weg.“
Onkel Heiner öffnet den Riemen. „Eine schöne Haube.“ Er streift sie sich vom Kopf. „Aber warm ist sie jetzt im Sommer“, er zieht geräuschvoll die Luft durch die Nase, „und sie riecht nach Schuhcreme.“
Tobias sieht zwei schwarze Streifen an der Stirn des Onkels. „Onkel Heiner, an deiner Stirn!“ Der Onkel sieht in den Rückspiegel. „Sag mal, du hast wohl …?“ Tobias nickt. „Als du heute früh nicht gleich kamst, habe ich sie noch einmal ausgepackt und mit Schuhcreme geputzt.“
„Du musst kräftig nachpolieren.“ Er greift unter den Sitz, zieht einen Putzlappen hervor, fährt sich damit über die Stirn und sieht in den Spiegel. „Ist sauber“, bestätigt Tobias. Onkel Heiner reicht Tobias Lappen und Haube. „Wir müssen weiter.“
Tobias denkt: Nur noch fünf Kilometer! Er walkt kräftig das Leder.
Als Onkel Heiner langsamer fährt und dann anhält, wagt Tobias nicht, nach draußen zu sehen. „Hier musst du aussteigen“, sagt Onkel Heiner und sieht Tobias an. Tobias lässt die Haube auf den Boden des Campingbeutels plumpsen und rutscht vom Sitz herunter.
„Also dann, bis um elf wieder hier an dieser Stelle. Sei pünktlich, Beifahrer.“

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