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Die liebe lange Woche


Die liebe lange Woche


1. Auflage

von: Uwe Kant

5,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 15.05.2023
ISBN/EAN: 9783965219205
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 124

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Montags früh haben mein Vater und ich schlechte Laune. Dienstag ist ein guter Tag, denn dienstags haben wir nur vier Stunden.
Mittwochs habe ich Sorgen, sitze im Lehrerzimmer und warte auf Krawatte.
Donnerstags gehen wir zum Friseur, denn ich sehe aus wie Kommoden-Paul sein Bruder.
Freitags sagt mir Vater, dass ich Sonntag zur Oma gehen soll.
Sonnabends haben meine Mutter und ich schlechte Laune.
Sonntags geht es uns allen wunderbar. Sonntag ist der Sonntag vor meinem Geburtstag.
Harald Ahlgrimms Wochentage sind bunt, turbulent und gar nicht mal einfach. Aber sie sind unterhaltsam. Für wen? Für Harald - und für Dich!
1. Der Montag
2. Der Dienstag
3. Der Mittwoch
4. Der Donnerstag
5. Der Freitag
6. Der Sonnabend
7. Der Sonntag
Geboren am 18. Mai 1936 in Hamburg-Lurup als viertes Kind eines Gärtners. Wegen der drohenden Bombenangriffe zog die Familie 1940 ins Haus seines Großvaters in Parchim. Dort legte er 1956 sein Abitur ab und studierte anschließend Germanistik und Geschichte in Rostock und Berlin. Von 1961 bis 1964 arbeitete er als Lehrer in Lübbenau und veröffentlichte gleichzeitig erste literarische Arbeiten. Von 1964 bis 1967 arbeitete er als Literaturredakteur der Zeitschrift „Magazin“. Seit 1967 ist er freischaffender Journalist und Schriftsteller. Er war in der DDR ein erfolgreicher Kinder- und Jugendbuchautor, seine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Zwei Bücher wurden von der DEFA verfilmt: 1971 „Das Klassenfest“ unter dem Titel „Männer ohne Bärte“ und 1977 „Der kleine Zauberer und die große Fünf“.
1978 erhielt er den Nationalpreis III. Klasse für Kunst und Literatur, 1981 noch einmal, gemeinsam mit Winfried Junge und Hans-Eberhard Leupold. Von 1999 bis 2020 lebte er in Neu Ruthenbeck in der Gemeinde Friedrichsruhe, seit 2020 in Panketal.
Am Bahnsteig steht schon der Bernauer. Der Zug nach Bernau. Den nehme ich. Sonst muss ich wieder sieben Minuten warten. Dann lieber umsteigen. Hinter mir drängeln zwei ältere Frauen mit lauter großen schwarzen Taschen in den Wagen. Der Wagen ist um diese Zeit ziemlich leer. Aber sie setzen sich nicht hin. Sie gucken ängstlich umher. Ihre Taschen halten sie fest. Vielleicht haben sie ihre Millionen da drin. Oder ihre Juwelen. „Nein, nein, Elsbeth“, sagt die eine, „der Beamte hat doch gesagt, wir können jede Bahn nehmen.“ – „Aber da steht Bernau dran, Lichtenberg steht da nicht dran, Charlotte“, sagt die andere. „Bernau“ betont sie auf der ersten Silbe: Bernau. Jetzt guckt Charlotte mich an. „Der Zug fährt doch nach Lichtenberg, ja?“, fragt sie. Nun guckt mich auch Elsbeth an. Ich bin die Reichsbahnauskunft. Ich sage: „Nein, der fährt nach Bernau. Sie müssen in Ostkreuz umsteigen. Die Treppe runter. Richtung Strausberg.“ – „So“, sagt Charlotte, „wie viel Stationen sind das denn so?“ – „Die vierte“, sage ich. „Ach“, sagt Charlotte. Sie setzt sich hin und lässt ihre Taschen ein bisschen los. Elsbeth traut mir noch nicht ganz. Sie hat den Streckenplan an der Wand entdeckt. Aber sie findet sich nicht zurecht. Sie ist mit dem Finger in Westberlin. „Ach sieh mal, Charlotte“, sagt sie, „hier ist Bahnhof Zoo, wo Karlchen immer …“ – „Pscht“, macht Charlotte. Nun weiß ich nicht, was Karlchen immer beim Bahnhof Zoo Schlimmes gemacht hat. Vielleicht ist er da Gangster gewesen? Aber Gangster heißen doch nicht Karlchen. „Hier ist ja Friedrichstraße“, sagt Elsbeth, „da muss man aussteigen, wenn man zum Friedrichstadt-Palast will. Da waren wir damals mit Alfons, als dort noch die Korsische Nachtigall gesungen hat. Aber wo ist denn nun Lichtenberg? Meinst du wirklich, wir sind im richtigen Zug, Charlotte?“ Charlotte sagt: „Aber ja doch, du hast doch gehört, was der Kleine gesagt hat.“ Trotzdem guckt sie schon wieder etwas zweifelhaft. Das gefällt mir. Erst bin ich die Reichsbahnauskunft, und nun bin ich „der Kleine“. Bahnhof Plänterwald steigt ein Mann mit abgeschabter Lederjacke und Schiebermütze ein. Er setzt sich gegenüber von Elsbeth und Charlotte. Was nun kommt, weiß ich. Klarer Fall. Es geht schon los. „Ach, verzeihen Sie“, sagt Charlotte, „wir wollen nämlich nach Lichtenberg, und ob wir da wohl richtig sind in diesem Zug?“ Die tun so, als ob ich gar nicht da bin. Erst guckt der Mann sie still an und sagt überhaupt nichts. Dann sagt er: „Nee, meine verehrten Damen, nee, nee, nee.“ Er wackelt ein bisschen auf dem Platz hin und her und guckt ganz müde. Klarer Fall. Der hat einen kleinen Schnaps getrunken. Vielleicht auch zwei. Charlotte und Elsbeth machen erschrockene Gesichter und sammeln ihre Taschen ein. Da sagt der Mann: „Momang, liebe Frauen. Also, also die Sache ist doch folgende, der Zug als solcher, nicht wahr, der fährt nach Bernau. Aber Sie haben die Möglichkeit, nicht wahr, des Umsteigens. Einfach in Ostkreuz immer die ollen Treppen runter. Aber det Se mir nicht hinfallen.“ Er droht aus Spaß ein bisschen mit dem Zeigefinger. „Vielen Dank“, sagt Elsbeth. Sie setzt sich ganz kerzengerade hin und guckt streng. Charlotte genauso. Einer ist ihnen zu klein, einer hat ihnen zu viel Schnaps getrunken. Was müssen sie auch verreisen. „Aber in Lichtenberg is nischt los“, sagt der Mann, „komm Se mit mir nach Heinersdorf in meinen Jarten, da wächst richtiget grünet Gras, da können Se ausspannen, aber Lichtenberg, nee.“ Er schüttelt sich. „Vielen Dank“, sagt Charlotte. Sie setzt sich noch gerader hin. Elsbeth genauso. In Ostkreuz steige ich schnell aus. An der Treppe drehe ich mich um. Elsbeth und Charlotte umzingeln gerade den Stationsvorsteher.

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