Details

Der Sprung durch den Tod


Der Sprung durch den Tod


1. Auflage

von: Friedrich Wolf

2,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 01.08.2024
ISBN/EAN: 9783689121013
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 95

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Die Erzählung versetzt Sie direkt ins Herz des Ersten Weltkriegs. Friedrich Wolf, ein Meister des literarischen Realismus, zeichnet ein bewegendes Bild vom Leben und Sterben an der Front. Tauchen Sie ein in die intensive Freundschaft zwischen zwei Soldaten, die durch die Hölle des Krieges gehen, und erleben Sie die Schönheit und Brutalität der Natur, die als stummer Zeuge dieser tragischen Ereignisse dient. Dieses E-Book bietet nicht nur eine eindrucksvolle Schilderung des Krieges, sondern auch tiefgehende Reflexionen über das Menschsein, Mut, den Tod und die Suche nach Sinn in einer chaotischen Welt.
Friedrich Wolf (* 23. Dezember 1888 in Neuwied; † 5. Oktober 1953 in Lehnitz) war ein deutscher Arzt, Schriftsteller und Dramatiker, der sich besonders durch seine politische und literarische Arbeit einen Namen machte.
Friedrich Wolf wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Er studierte von 1907 bis 1912 Medizin, Philosophie und Kunstgeschichte in verschiedenen deutschen Städten und promovierte 1913 in Medizin. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Truppenarzt und entwickelte sich zum entschiedenen Kriegsgegner. Nach dem Krieg engagierte er sich politisch und wurde Mitglied des Arbeiter– und Soldatenrats in Dresden.
Wolf war ab 1928 Mitglied der KPD und verfasste zahlreiche politisch engagierte Werke. Sein bekanntestes Drama, "Cyankali" (1929), prangerte das Abtreibungsverbot des § 218 an und löste eine breite gesellschaftliche Debatte aus. Neben seiner literarischen Tätigkeit arbeitete er als Arzt und engagierte sich für die Rechte der Arbeiterklasse.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Wolf 1933 in die Sowjetunion, wo er weiterhin literarisch aktiv war und für Radio Moskau arbeitete. Während des Spanischen Bürgerkriegs versuchte er, als Arzt an den Internationalen Brigaden teilzunehmen, blieb aber in Frankreich. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er in Frankreich interniert, konnte jedoch 1941 mit sowjetischer Hilfe nach Moskau zurückkehren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Wolf nach Deutschland zurück und engagierte sich in der DDR kulturpolitisch. Er war Mitbegründer der DEFA und der Deutschen Akademie der Künste. Zudem diente er von 1949 bis 1951 als erster Botschafter der DDR in Polen. Friedrich Wolf starb 1953 an einem Herzinfarkt und wurde auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt.
Wolf hinterließ ein umfangreiches literarisches Werk, das durch seinen politischen und sozialen Einsatz geprägt ist. Seine Söhne Markus und Konrad Wolf setzten sein Erbe als bedeutende Persönlichkeiten der DDR fort.
Staatliche Auszeichnungen
1943: Orden Roter Stern
1949: Nationalpreis der DDR II. Klasse für das Theaterstück Professor Mamlock
1950: Nationalpreis der DDR I. Klasse für den Film Rat der Götter.
Da schreckt mich ein Schrei empor, ein Schreilein, ein deutlicher zwerghafter Todesschrei, und nochmals, ich fahre auf die Knie: Vor mir hat eine große Natter einen Frosch am Vorderbein gepackt, umringelt mit mörderischer Umschlingung seinen Bauch und beginnt mit ihrem Leib nachschiebend langsam und unaufhaltsam das andere Froschbein und den Kopf zu schlingen. Immer noch zappelt, quackt, ja schreit der Frosch wie ein Erstickender, es ist satanisch, bannend, das Blut erstarrt, aber man muss hinsehen, ohne sich zu rühren; schließlich hat ihn die graue Schlange ganz, das Zappeln lässt nach, die Hinterbeine strecken sich im Todeskrampf, sein Kopf ist in den riesig gedehnten Natternrachen hineingestopft … ein Klatsch! Als ob man einen nassen Sack aufs Wasser schlägt. Ein Blindgänger von ferner Fliegerbeschießung saust in flacher Kurve bei uns ins Erdreich.
Mir schwindelt; träume ich, ich reibe mein Auge … da liegt der Frosch, wischt sich mit dem Hinterbein den Schädel, bläht sich, quackt einmal ärgerlich über die unbegreifliche Belästigung und hüpft in flachen Sätzen ins dichte Gras. Und vor mir liegt die Natter tot. Und neben ihr, unter ihr liegen vier weiße, glatte Haselnüsse, vier weiße Schlangeneier, eben im Luftdruck der Granate und Todeskrampf der Mutter geboren.
Gottesurteil! spricht der Mensch, bemüht, alle Begebnisse im Hauptbuch des Lebens mit Soll und Haben zur Deckung zu bringen; Gottesurteil! und er springt empor und hebt – selbst ein Gott – den Fuß, die Schlangenbrut mit einem Tritt zu zermalmen. Aber da liegen die vier Eilein so sauber und weiß, und die große Sonne scheint so mütterlich an ihre dünne Schale, dass der Gottmensch schwach wird und die Wolke seines Schicksalsbeines wieder sinken lässt. Da liegen die vier Natterlein, und die Sonne brütet an ihnen.
Der Mensch aber ging dahin, nachdenklichen Hauptes, durch die blühende Landschaft, an deren Rande der Geschützwirbel rollte und in deren Schoße Frösche, Schlangen und Erinnerungen sorglos und begierig um ihren Platz rangen.

Am Nachmittag erreichte mich der Befehl, die „Gruppe Süd“, südwestlich Langemarck, als vorgeschobenen Verbandplatz einzurichten und zu besetzen; ein Gefechtsstand der Artillerie, Paulus war dort. Ich hieß Hattlieb, meinen Sanitätssergeanten, sich sogleich fertig machen. In einer Stunde fuhren wir auf unserem Dogcart gen Poelcapelle. Aber schon hinter dem Dorf kam die erste Abreibung, das Pferd bäumte im Feuer, der Wagen schmiss um, ich schickte ihn mit einer Kolonne heim.
Den Rucksack geschultert, Verbandtasche und Maske an der Seite, die Mütze im Nacken, so zogen wir los, Hattlieb und ich, fast wie im Frieden. Den festen Boden unter den Füßen, fühlten wir uns frisch und leicht; wir hatten die Straße satt und schlugen querfeldein. Wir schritten langsam und ruhig unseres Wegs und hielten den Schattenriss von Langemarck mit dem gekappten Kirchturm und den zerfetzten Pappeln am Ostrand im Auge. Es war fast still in dieser Zone, der Blick endlos, die Bodenwellen sacht, die Überschneidungen haarscharf, Kimme an Kimme; dort, wo unsere vordere Linie sein musste, stand eine dicke Staubwand. Die Erde dampfte vor Glut. Ganz leise bebte der Boden, pausenlos. In sorglosem Schreiten genossen wir unser Dasein. Meine Gedanken eilten voraus zu Paulus, dem ich einen Pack Fragen und Neuigkeiten mitgebracht. Zwischendurch kreuzten hemmungslos und spielend hundert andere Dinge: „Hattlieb, hast du Brot? Tetanus? Sind die Bücher abgeschlossen? Selbstverständlich ist das nötig! Daran denkt man nicht? Gib acht, Freundchen!“ Nun rissen die Gedanken wieder aus. Wie schade, dass ich vergessen, den Gilgamesch einzustecken! Dennoch, wir werden ihn lesen, in zwei Wochen im rollenden Zug, auf Urlaub dampfend! Federleicht war der Geist, als zöge man wie einst nach dem Kolleg mit Stock und Sack am strahlenden Samstagnachmittag ins Blaue.
So stiefelten auch wir in den Tag.
Es galt, mehr links zu halten, durch eine ausgeräucherte Langrohrbatterie: die Schanzen gebrochen, die Hürden verkohlt, die Kartuschen ausgebrannt noch in den Körben; der Boden war rot, dick, eine rote Kruste; wir sprangen hinüber, aber die Wolkenschifflein der Gedanken kehrten nicht wieder. Dann kreuzten wir unsere zweite Linie und standen auf der Heerstraße östlich Langemarck!
Eine Hölle, ein Backofen von Glut und glühendem Staub! Pausenlos wurde es in Grund und Boden gehämmert. Ein einziger Wirbel drehte über dem Trümmerhaufen. Hindurch; wir blickten noch einmal zurück und bestaunten die riesige, feuerspeiende Wolke.

Diese Produkte könnten Sie auch interessieren:

Hochzeit in der Engelsburg
Hochzeit in der Engelsburg
von: Sigrid Grabner
EPUB ebook
7,99 €
Hochzeit in der Engelsburg
Hochzeit in der Engelsburg
von: Sigrid Grabner
PDF ebook
7,99 €
Kuriose Liebhaber
Kuriose Liebhaber
von: Volker Ebersbach
EPUB ebook
7,99 €