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Mit Dank zurück


Mit Dank zurück

Roman
1. Auflage

von: Uwe Kant

8,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 12.04.2023
ISBN/EAN: 9783965218963
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 426

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Er ist so etwas wie ein Sunnyboy der Literatur, der Schriftsteller Anton Mungk, Optimismus und frohe Zuversicht gelangen mühefrei in seine Zeilen. Nur manchmal, beim Blick in den Spiegel, weist er sich selbst zurecht: „He, alter Schönfärber!“
Bis er eines Tages, wir schreiben das Jahr 89, ein Paket erhält:
„Früher haben mir Ihre Bücher immer gefallen, jetzt habe ich keine Verwendung mehr dafür. Mit Dank zurück.“
Mungk ist empört. Mungk ist belustigt, Mungk macht sich auf die Suche nach dem Absender und auf den Weg durch ein Land, in dem alles wie immer zu sein scheint und nichts mehr so ist, wie es mal war.
Mungk kannte genug Leute, die sogar das Lesen von Romanen Arbeit nannten. Wie auch solche, die das Lesen von längst gehaltenen Reden als Studium bezeichneten.
Das ist nämlich die allergrößte Idee - die Einheit von Glauben und maximaler Unwahrscheinlichkeit, wie sie schon an dem bedauernswerten Hiob vorexerziert wurde, und zwar mit jener gewissen rigorosen Ungerührtheit des Experimentators. Das funktioniert je besser und auch immer überzeugender, je länger es her ist, dass die Märchen wahr waren.
Geboren am 18. Mai 1936 in Hamburg-Lurup als viertes Kind eines Gärtners. Wegen der drohenden Bombenangriffe zog die Familie 1940 ins Haus seines Großvaters in Parchim. Dort legte er 1956 sein Abitur ab und studierte anschließend Germanistik und Geschichte in Rostock und Berlin. Von 1961 bis 1964 arbeitete er als Lehrer in Lübbenau und veröffentlichte gleichzeitig erste literarische Arbeiten. Von 1964 bis 1967 arbeitete er als Literaturredakteur der Zeitschrift „Magazin“. Seit 1967 ist er freischaffender Journalist und Schriftsteller. Er war in der DDR ein erfolgreicher Kinder- und Jugendbuchautor, seine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Zwei Bücher wurden von der DEFA verfilmt: 1971 „Das Klassenfest“ unter dem Titel „Männer ohne Bärte“ und 1977 „Der kleine Zauberer und die große Fünf“.
1978 erhielt er den Nationalpreis III. Klasse für Kunst und Literatur, 1981 noch einmal, gemeinsam mit Winfried Junge und Hans-Eberhard Leupold. Von 1999 bis 2020 lebte er in Neu Ruthenbeck in der Gemeinde Friedrichsruhe, seit 2020 in Panketal.
Der Direktor sah aus wie ein britischer Weltkrieg-II-Offizier aus einem Film. Eine straffe Gestalt, die Haare dicht, rotblond, leicht gewellt, vom gleichen Stoff der Schnauzbart unter der kräftigen Nase, und über den graugrünen Augen die Brauen, von denen die eine gerade genug gewölbt war, um einen Hauch freundlicher Arroganz über das ganze Captainsgesicht zu legen.
Sehen Sie, sagte der Direktor, wir haben hier in unserer Einrichtung schon manchmal überlegt, auf welche Weise wir Sie noch einmal einladen könnten. Aber – die Termine. Und selbstverständlich haben wir auch kein Geld. Und nun kommen Sie sogar freiwillig. Hoffentlich kann ich Ihnen helfen. Wie lautet Ihr Problem?
Ach, sagte Mungk, es ist wahrhaftig nichts Weltbewegendes. Offen gesagt ist es aber für mich so wohl am einfachsten. Die Sache ist die … ich müsste mit einem Ihrer Schüler sprechen, und ich wusste nicht, wie ich ihn anders erreichen könnte …
Mit einem Schüler? Aha? Schreiben Sie ein neues Buch? Vielleicht über junge Sportler?
Nein, nein. Das heißt, ich schreibe schon ein neues Buch, ich versuche es jedenfalls immer, aber nix über … über Sportler, nein. Nein, ich … es dreht sich mehr um … um ein einfaches Gespräch … zwischen … zwischen Leser und Autor. Ja, so … könnte man sagen. Kurzum, ich muss mal mit dem Jungen reden, und ich weiß nicht, wie ich es anders anstellen soll. Ich nehme doch sicher richtig an, dass er hier im Internat wohnt. Und obwohl ich mich vorhin auf Sie berufen habe, hat mich der Pförtner nur mit knapper Not auf das Gelände gelassen.
Nun, immerhin hat er. Ich sehe mich ausgezeichnet. Da mögen Sie erkennen, wie weit mein Arm reicht. Alle Wetter. Wie heißt der Junge denn?
Ja, der heißt Pingel. Falko Pingel.
Pingel? Ist das nicht einer von unseren Fußballern?
Ja, ein Fußballspieler.
Ausgezeichnet. Lieber Dichter, haben Sie nicht eben noch gesagt, es handele sich um nichts Weltbewegendes? Und jetzt kommen Sie damit raus, dass Sie mit einem Fußballer sprechen wollen. Pingel? Pingel! Natürlich, das ist doch ein Auswahlspieler, nicht wahr?
Ja, ja, er ist der Libero der U-17.
Der Libero! Also, Genosse Mungk, Spaß beiseite: Das tut mir leid. Mit dem kann ich ja gerade noch so sprechen. Aber gerade so.
So schlimm ist das?
Schlimm, wieso denn schlimm? So gut sind wir, nicht wahr?
Haben Sie eine Ahnung, was es mit dieser Disziplinargeschichte auf sich hat?
Disziplinargeschichte? Sie wissen mehr als ich, verehrter Preisträger, scheint mir.
Der Direktor wählte einen Hausanschluss, horchte kurz hinein und sagte: Horst? Ich … nein, ich komm mal kurz zu dir.
Als er zurückkam, blieb er gleich in der geöffneten Tür stehen.
Der Schüler Pingel ist wegen Verletzung krankgeschrieben. Mit Heimreiseerlaubnis. Tut mir leid, mit dem können Sie nicht sprechen.
Mit Heimreiseerlaubnis, sagte Mungk bei sich, abgeschmettert auf dem Rückweg zwischen den Internatsblöcken.
Wohin mag er gefahren sein?
Der Sportklub Generator war bekannt dafür, dass er seine Kader von weit her holte wie der Soldatenkönig seine Langen Kerls. Frankfurt, Cottbus, Stralsund, Kap Arkona?
Heimreiseerlaubnis. Hatten wir dafür auch so ein doofes Wort? Oder gab es überhaupt einen derartigen Status? Zur Zeit Walter Ulbrichts des Sachsen und Fanfan des Husaren? Wie war das gleich, wenn, sagen wir mal, Schmidt erkrankte, genannt Schmidtowitsch, denn wir waren gar nicht so wenig russophon wie wir russophil waren. Oder Lehmann, genannt Zidderich, denn der war nun einmal damit geschlagen aus einem abgelegenen Ort gleichen Namens in die Kreisstadt gekommen zu sein. Oder die Geschwister Bockelow, genannt Avanti Bockelow; denn sowohl der Anklang, als auch ihr kämpferisches Auftreten gemahnten uns an das italienische Partisanenlied, welches wir bei der zuweilen wutschnaubenden Musikpädagogin Elise Weinberger ebenso lernten, wie die wehmütig-kosmopolitische Weise „Innsbruck, ich muss dich lassen“ – wenn also dieser oder jene von Siechtum und Bresthaftigkeit betroffen war, reiste die oder der dann nach Hause? Fuhr heimwärts gen Zidderich, Ziegendorf, Dargelütz, Zieslübbe und Neu Ruthenbeck?
Vorlage beim Rat des Gemeinwesens, Unterschrift der Eltern?
Ach wat, sagte Mungk. Und du sowieso nicht. Was für ein Gemeinwesen denn, und welche Eltern?
Nein, sagte er, ich sowieso nicht. Insofern zähle ich da nicht. Aber die anderen? Ach was, Unfug. Wurden wir überhaupt krank damals?

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