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Geliebter Herzensmann


Geliebter Herzensmann

Emile und Theodor Fontane. Biografische Erzählung
1. Auflage

von: Gisela Heller

9,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 01.09.2016
ISBN/EAN: 9783956557231
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 480

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

In Veröffentlichungen zur Biografie Fontanes erfährt man über seine Frau Emilie kaum mehr als die Tatsache, dass sie das freie Schriftstellerdasein ihres Mannes nicht besonders guthieß, da sie sich um den regelmäßigen Lebensunterhalt der Familie Sorgen machte. Selten wird dagegen erwähnt, dass sie ihrem Mann über Jahrzehnte zur Seite stand und dass Fontane in ihr auch eine wichtige Kritikerin seiner Texte sah. Aus diesem Schattendasein darf Emilie nun endlich heraustreten. Gisela Heller beschreibt ihr Leben mit viel Engagement und großer Detailkenntnis, und man entdeckt auf diese Weise völlig neue Facetten im Leben Theodor Fontanes, die zugleich auch eine bisher kaum bekannte Sicht auf das literarische Werk des Schriftstellers eröffnen.
Das Malheur
»Mächen mitte Eierkiepe«
Die kleine Tragödin
Wer ist Rouanet, und wer bin ich?
Verlobung auf der Brücke
Eifersucht, Revolution und Lebertran
»Ein Fisselchen für die Unsterblichkeit«
Die eigenen vier Wände oder »Schicksal, ick erwarte dir!«
»30 Silberlinge«
Flucht nach vorn oder Pas pleurer!
Emilie greift ein!
Ein Rütlischwur
»Alles hat seine Zeit- Die Zeit des Loslassens«
»Ach, nüchtern schreibt er so was nie!«
Fest der Erwartungen
Mrs. Tucker und andere Ärgernisse
Schutzengel Henriette
Merckels schmieden kühne Pläne
Der »kleine Engländer« wird geboren
Learning by Doing- mit zwei Kindern nach London
Sunnyboy George
Machtwechsel in Berlin
Wieder auf der Straße. - Bayerisches Intermezzo
Endlich das richtige Knopfloch
Alle wieder unter einem Dach
Mehr als ein Spatz in der Hand
Familienidyll mit kleinen Kratzern
Je weiter mein Schätzel, desto größer die Freude ...
Wieder mal Trockenwohner
Umzug ins Geheimratsviertel
Von der Kunst, den richtigen Abstand zu finden
Familienleben auf Eis gelegt
Klassische Rheinreise
»Mög es das ganze Jahr so sein« - (Frommer Wunsch)
Ein Anfall von Liebe
Flucht aus der Tretmühle
Ehemond-Tabellen
Partys unterm Damoklesschwert
Aussicht auf Freibilletts
Stille vor dem Sturm
Unter Spionageverdacht
»Monsieur, etes libre!«
Noch einmal in die Höhle des Löwen
Wieder geborgen, wieder daheim
Schlesische Sommerfrische
Einzug ins Johanniterhaus
En famille in Thüringen
Der Parkettplatz 23 färbt ab
»Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage ...«
Hochzeitsreise mit 24 Jahren Verspätung
Familienalltag
Ohne Emilie ist selbst Milano nichts
Halb zogen sie ihn, halb sank er hin
»Mir ist die Freiheit Nachtigall«
Es klingt nicht mehr, es klirrt
»Mensch ist Mensch!«
»Mir klopft das Herz vor Freude, Dich wiederzusehen«
»Es giebt vielerlei Glück«
Paul und Paula. Neue Freunde
»Dir geht es wie Dickens ...!«
Weihnachten à la Fontane
Dame Mete oder Papa redet Tacheles
»Der Stormsche Bibber« oder Emilie als Kritikerin
Gut sein zu andern, aber auch zu sich selbst
Am Fuße der Schneekoppe
Das Colonie-Fest
Die »Hurengeschichte«
»Unwiederbringlich«
»Ohne Hülfskonstruktionen geht es nicht«
Mehr Phosphor im Gehirn
Theos 70. Geburtstag
Stehaufmännchen und Stehaufweibchen
Der liebenswürdige Egoist
Angst-Sommer
»Wolle für mich weiter leben ...«
Effi nimmt Gestalt an
»Eigen war mein Weg und Ziel«
Doktor honoris causa!
»Die Menschheit fängt nicht beim Baron an«
Ein Maulkorb für den Autor von Lene und Stine?
Was blieb von Emiliens Abruzzentum?
...



Geboren am 6. August 1929 in Breslau, hat lange für den Rundfunk gearbeitet und sich mit zahlreichen Veröffentlichungen über Potsdam und Brandenburg einen Namen gemacht.
Bibliografie (Auszug)
Märkischer Bilderbogen, Berlin 1976
Das Havelland mit den Augen der Liebe gesehen, Leipzig 1981
Potsdamer Geschichten, Berlin 1984, neu bearbeitet, Berlin 1993
Neuer Märkischer Bilderbogen, Berlin 1986
Unterwegs mit Fontane von der Ostsee bis zur Donau, Berlin 1995
Geliebter Herzensmann, Berlin 1998
Mit Glück ins Leben. Schlesische Kindheit, sächsische Jugend, Würzburg 2007
Fontane ersucht in Berlin dringend um Gehaltserhöhung, und Emilie fährt in die Höhle des Löwen, ins Ministerium, und ergänzt Theos amtliche Petition durch ihren weiblichen Kommentar; erreicht, dass Quehl fortan 40 Taler monatlich zahlt und Theo weitere sechs Wochen in London bleiben darf, allerdings ohne Unterstützung vonseiten der Pressestelle.
Es ist im Ministerium natürlich nicht verborgen geblieben, dass Fontane in der »Times« annoncierte, er suche Schüler in deutscher Sprache und Literatur zu unterrichten, und die Herren Beamten schließen daraus, dass er - gewissermaßen auf Kosten des Ministeriums - in London ein recht commodes Leben führe.
Tatsächlich ist er in ein nobles Viertel gezogen: Tavistock Square N°. 1, Zimmer mit Familienanschluss. So kann er sich im Umgangston üben. Die Wirtsleute sind fromm; morgens und abends Andacht, doch er nimmt’s als »Sprachlektionen« gelassen hin, denn das ebenfalls gemeinsam eingenommene Essen ist gut und macht ihn nachsichtig gegen alles andere. Mit der Zeit erweitert sich sein Bekanntenkreis, und da er »aus allem seinen Honig saugt«, fliegen ihm die Feuilleton-Stoffe nur so zu. Sechs von den zwölf Artikeln schmoren allerdings noch im Schreibtisch des Chefredakteurs. Dank Emiliens energischen wie diplomatischen Auftretens bei Quehl erscheinen sie in rascher Folge.
Aus ehrlichem Herzen bescheinigt Theodor, sie mit ihrer Visite habe zweifellos mehr bewirkt als zehn Petitionen von seiner Seite. Trotzdem muss Emilie noch immer mit spitzem Bleistift rechnen: Jetzt ist Ende Juli; am 1. August wird Quehl zum ersten Mal 40 Taler herausrücken, davon kann sie Theo aber nur 25 nach London schicken, denn etwas muss sie für die Entbindung zurücklegen, auch der Tischler muss bezahlt und außerdem Torf gekauft werden, solange noch die Sommerpreise gelten.
Sechs Wochen darf er nun von Quehls Gnaden länger in England bleiben; aber er fragt sich, ob er das Emilie zumuten kann. Einmal sagt er sich: Ich muss zurück. Es ist jämmerlich, eine Frau so lange allein zu lassen; wenn ihr nun etwas zustieße, er würde seines Lebens nicht mehr froh ... Ein andermal hält er dagegen: Du musst aushalten! Gerade beginnt die Sache mit dem Sprachunterricht Früchte zu tragen, er merkt von Woche zu Woche, dass er sich freier in der fremden Sprache bewegen kann, und sein Zettelkasten füllt sich mit Ideen für Skizzen, Essays und Feuilletons.
Wäre Emilie tatsächlich damit gedient, wenn er in ihrer schweren Stunde im Nebenzimmer hilflos, gequält und dumm herumstünde? Die Schmerzen kann er ihr doch nicht abnehmen. Er atmet auf, als ihm auch seine alte Mama zum Bleiben rät; sie würde schon, soweit es ihre Kräfte erlaubten, Emilie beistehen.
Das zweite Kind kommt unter großen Qualen zur Welt; es ist nicht das sehnsüchtig erwartete Mädchen, sondern wieder ein Junge, ein Kind, das zu schwach ist zum Leben. Es stirbt in zwei angstvollen Wochen. Emilie ist wie gelähmt, der Schmerz hat sie fühllos gemacht. Als der Arzt für Obduktion plädiert, weil er einen schweren organischen Fehler vermutet, wehrt sie erschrocken ab: »Nun es der liebe Gott genommen, ist es ganz gleich, ob ich weiß, was ihm gefehlt.« Nur ein Gedanke tröstet sie, dass es wenigstens ihrem Herzensmann erspart blieb, das Leiden mit anzusehen.
»Es hätte Dich wochenlang um den Muth und die Ausdauer gebracht, die Du hier brauchen wirst.« Erst jetzt berichtet sie ihm, dass auch George vier Wochen lang sehr krank gewesen: »Wir haben es Dir gar nicht geschrieben; den herzugeben, wäre mir doch noch schwerer geworden.«
Dem Vater fährt der Schreck nachträglich in alle Glieder: Da war sein kleiner Liebling in solcher Gefahr, während er munter zu seinem Geburtstag gereimt hatte:

Mein lieber George! und kann ich Dir auch
Am heutigen Tage nichts schenken,
So will ich doch nach altem Brauch
In Versen Deiner gedenken;

In Versen, worin Dein Dichter-Papa
Sich immerdar ergossen,
Wenn ihm, was just nicht selten geschah,
Die Pfennige spärlich flossen.

Ich wünsche Dir tüchtig Fleisch und Speck
Und immer dickere Waden,
Und wächst Dein Herz am rechten Fleck,
So kann das auch nicht schaden.

Dein Vater ist nicht schlecht, nicht gut,
Nur grade kein Menschenfresser,
Drum sage nicht: »Es liegt im Blut« -
Sondern werde ein bissel besser. (...)

Nach der achten Strophe hatte ihn zum Glück ein Bote unterbrochen, um erquickliche Nachrichten in puncto Sprachschüler zu bringen. Und wieder wird er in Zweifel gestürzt: Soll er bleiben oder heimkehren? In sein Tagebuch schreibt er: »Jede Stunde ist anregend und jeder Tag giebt eine immer neue Ausbeute.« Doch im Gedanken an Frau und Kind neigt sich die Waage für Berlin.
Am 25. September trifft er wieder in der Luisenstraße ein. Als sie endlich allein sind, schmiegt Emilie ihr Gesicht in seine Hände und weint sich den Kummer des vergangenen Sommers von der Seele. »Du darfst nie wieder so lange fortbleiben«, sagt sie, mühsam beherrscht. Er streichelt ihr das Haar - und verspricht nichts, denn er weiß, dass er wieder in die Welt hinaus muss, um etwas zu suchen oder zu finden, das er noch nicht genau benennen kann. Schließlich, um nicht vollends in Sentimentalität zu versinken, hilft sie ihm, den Koffer auszupacken. Aus der Manteltasche fällt das Notizbuch, das er immer bei sich zu tragen pflegt. Es blättert auf, und sichtbar wird die sorgfältig eingeklebte Locke Georges. Diese ungewohnt zärtliche Geste versöhnt sie mit allem, was noch an Vorwürfen aus einsamen Stunden übrig geblieben ist. Und Theo schwenkt den leeren Koffer: »Von nun an wollen wir den Poeten in diesen Koffer packen und fest verschließen, bis beßre Zeiten kommen!« Sie hört es mit Erleichterung, aber dieser betont forsche Ton lässt gelinde Zweifel aufkommen.

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