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Freitags wird gebadet


Freitags wird gebadet

Aus dem Tagebuch eines Minderjährigen
1. Auflage

von: Kurt David

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 25.04.2023
ISBN/EAN: 9783965219069
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 88

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

11 humorvolle und satirische Kurzgeschichten erzählen vom Familienleben aus der Sicht des minderjährigen Heinz. Da muss Heinz seinen Vater verleugnen, will sich von den verlegenen Eltern das Wort „Nutte“ erklären lassen, erlebt einen handfesten Ehestreit der Nachbarn, macht erste Bekanntschaft mit dem Alkohol, belauscht den Deutschlehrer, der dem Vater Nachhilfe in Deutsch anbietet, und und und.
Das Buch erlebte in der DDR zahlreiche Auflagen und wurde 1965 unter dem Titel „Aus dem Tagebuch eines Minderjährigen“ in sieben Teilen für das Fernsehen der DDR verfilmt (Regie: Klaus Gendries).
Freitag. Wie ich eine Lüge gegen eine andere eintauschte
Immer noch Freitag. Wie ich wissen wollte, was eine Nutte ist
Sonnabend. Wie eine Sache aus der Welt geschafft wird, weil Ziegenwilhelm etwas Zement braucht
Sonntag. Wie wir so unter der Eiche stehen und uns nichts Schlechtes denken
Dienstag. Wie wir einen Ausflug machten und uns erholen wollten
Mittwoch. Wie mir unser alter Guckofen eine Fernseh-Akademie übertrug
Donnerstag. Wie meine Mama wieder einmal Geburtstag hatte und etwas geschenkt bekam
Freitag. Wie Herr Puschlik immer mit Keksen gefüttert wurde und Mama errötete
Sonnabend. Wie mir vorgeführt wurde, was Alkohol so alles anrichten kann
Dienstag. Wie ich einen Aufsatz schreiben musste und Papa mir dabei half
Freitag. Wie wir freitags wieder badeten und das Telefon klingelte
Am 13. Juli 1924 in Reichenau in Sachsen geboren. Kurt David absolvierte nach dem Besuch der Handelsschule eine kaufmännische Ausbildung. Von 1942 bis 1945 nahm er als Soldat der Wehrmacht am Zweiten Weltkrieg teil. Von 1945 bis 1946 war er in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Den Plan einer Ausbildung zum Musiker musste er wegen einer Kriegsverwundung aufgeben. David gehörte vier Jahre der Volkspolizei der DDR an und war anschließend zwei Jahre lang Kreissekretär beim Kulturbund der DDR. Seit 1954 lebte er als freier Schriftsteller zuerst in Oberseifersdorf/Zittau, danach bis zu seinem Tod in Oybin. In den 1960er Jahren unternahm er mehrfach Reisen in die Mongolei und durch Polen. 1970 erhielt er den Alex-Wedding-Preis, 1973 den Nationalpreis, 1980 den Vaterländischen Verdienstorden und 1984 den Lion-Feuchtwanger-Preis. Er starb am 2. Februar 1994 in Görlitz.
Davids frühe Werke haben die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit unter dem Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg zum Thema. Es folgten Bände mit Reiseberichten. Den größten Teil in Davids Werk bilden die Kinder- und Jugendbücher, von denen vor allem der humoristische Band „Freitags wird gebadet“ in der DDR ein großer Publikumserfolg, auch in der Fassung als Fernsehserie, war. Eine weitere Facette in Davids Schaffen bilden historische Romane, die Themen aus der Geschichte der Mongolen behandeln. Außerdem schrieb David Biografien über die Komponisten Beethoven und Schubert.
„Richard, ich muss mit dir was bereden“, sagte Herr Haußmann.
Papa blickte mich entgeistert an und meinte zu meinem Lehrer: „Hat er was ausgefressen bei dir?“
„Ach was, es geht mir um den Deutschunterricht. Du weißt ja selber, Richard, unsere Dorfkinder sprechen schlecht, und wer schlecht spricht, schreibt falsch.“ Auf das schlechte Sprechen ging Papa vorsichtshalber nicht erst ein. „Wie viel Fehler macht er denn da so, mein Lieber?“
Herr Haußmann fragte mich nach dem letzten Diktat.
„Acht.“
„Das ist der Gipfel“, schimpfte Papa, „acht Fehler.“ Er packte mich mit seinen Augen, dass wir eine ganze Zeit nicht voneinander loskamen.
„Ich hab Kinder in der Klasse, Richard“, sagte Herr Haußmann, „die machen in dreißig Wörtern fünfundvierzig Fehler.“
Das interessierte Papa überhaupt nicht, Papa interessierten lediglich meine acht Fehler. Und wenn die andern bloß Fünfen schreiben, für mich gilt nur eins: keine Fehler machen.
„Acht! Das wird anders werden, Heinz, ganz anders, verlass dich drauf“, drohte Papa.
„Deshalb komme ich zu dir, Richard.“
„Schönen Dank, Werner.“
„Du sollst mir nämlich dabei helfen, Richard.“
„Darauf kannste dich verlassen, Werner!“ Und zu mir gewandt, befahl er: „Zunächst fällt ab sofort Kino und Fußball weg, klar?“ Ich nickte vor Schreck.
Papa tat nun so, als wäre das Thema beendet. Er schien zu denken: Haußmann hat mir das von den acht Fehlern gesagt, ich habe meine Sofortmaßnahmen getroffen und eine empfindliche Strafe verhängt.
Doch hier irrte Papa; denn mein Lehrer blieb sitzen. Obwohl Herr Haußmann unsere Klasse erst vor kurzem übernommen hatte, wusste ich, dass er sich mit so einem Ergebnis nicht zufriedengab.
„Und da komme ich zu meinem eigentlichen Anliegen, Richard“, sagte er.
Ja, auf Herrn Haußmann ist Verlass. Genauso ist er in der Schule. Wenn wir ihn etwas fragen, und er weiß es mal nicht, sagt er ungeniert: „Da seh ich zu Hause nach.“ Und dann sieht er nach und sagt es uns. Schließlich kann ein Lehrer nicht alles wissen; und die so tun und auf alles eine Antwort haben, mögen wir nicht, weil sie uns nicht ernst nehmen und manchmal beschummeln. Herr Haußmann nimmt uns ernst. Er hat auch schon mit unter der Prominentenpalme gestanden. Und nun also hatte er ein Anliegen.
„Heinz!“ Papa winkte mich mit einer energischen Kopfbewegung aus der Stube. Sicherlich vermutete er, dass ihm Herr Haußmann noch einige Geheimtipps geben werde, die ihn befähigten, mir gutes Deutsch beizubringen. Ich verließ die Stube, öffnete die Korridortür, schloss sie wieder, ohne hinausgegangen zu sein, und schlich in die Küche.
Wir haben nämlich einen Guckofen, der in der Wand zwischen Stube und Küche steht. Und der Guckofen hat eine Röhre. Stellt man in der Küche einen Topf in die Röhre, kann man ihn in der Wohnstube herausnehmen. Hätten wir keinen Guckofen, könnte ich das folgende Gespräch nicht in mein Tagebuch eintragen, und damit wäre die Geschichte unvollkommen.
Von nun an übertrug mir die Ofenröhre die weitere Unterhaltung.
„Richard, Kino und Fußball allein machen‘s nun auch wieder nicht.“
„Du meinst, ich müsste mir noch eine strengere Bestrafung einfallen lassen?“
Natürlich, dachte ich, Papa ist immer für Steigerungen. Am liebsten hätte ich durch die Röhre gerufen: „Wie wär‘s mit Daumenschrauben und Kompottentzug?“ Dafür blieb Herr Haußmann vernünftig und sagte: „Ich will einen Deutschzirkel einrichten, mein Lieber, und zwar eine Stunde in der Woche. Wärst du einverstanden?“
„Und ob“, frohlockte Papa, „meinetwegen drei Stunden, Werner, oder vier!“
Herr Haußmann lachte. „Hast du denn so viel Zeit, Richard?“
Beinahe hätte ich jetzt laut gelacht.
„Wieso das?“, fragte Papa misstrauisch.
„Ich meine natürlich einen Deutschzirkel für die Eltern. Mir geht‘s um die Eltern. Sie will ich in die Lage versetzen, ihren Kindern helfen zu können.“
„So.“
Und nun schwieg meine Röhre eine Zeit lang. Papa schien die Sache überhaupt keinen Spaß mehr zu machen. Er musste sich erst umstellen. Bisher hatte er sich kühn mit Herrn Haußmann auf einer Linie gehalten, aber nun, das wusste ich, schaltete er um auf Verteidigung.
„Also, da soll ich Deutsch lernen! Ideen hast du! Nächste Woche kommt vielleicht einer und verlangt, dass ich Russisch herumquatsche, was?“
„Bleib doch mal sachlich, Richard.“
„Deutsch“, schimpfte Papa. „Bisher bin ich mit meinen Deutsch ganz gut ausgekommen.“
„Mit meinem Deutsch, heißt das, Richard.“
„Ach, nein so was, nun fängt der Herr Lehrer wohl schon mit der ersten Nachhilfestunde an?“
Wenn Herr Haußmann so weitermacht, dachte ich, schafft er ihn. Dass Papa so weitermacht, dessen war ich sicher. Denn bisher habe ich in meinem Tagebuch die Sprache meines Vaters immer ins Deutsche übersetzt. Dazu war ich natürlich in dieser Eintragung nicht bereit.
„Überleg dir‘s mal in Ruhe“, bat Herr Haußmann. „Von acht Leuten hab ich die Zusage.“
„Und die wollen alle von dir Deutsch gelernt bekommen?“

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