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Eiserne Hochzeit


Eiserne Hochzeit


1. Auflage

von: Gerd Bieker

8,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 28.01.2022
ISBN/EAN: 9783965215993
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 344

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Hier wird eine schöne Liebesgeschichte erzählt. Hier werden eigentlich mindestens zwei schöne Liebesgeschichten erzählt – mit allen Schwierigkeiten, die solcherart Geschichten im Leben der Erdenbewohner mit sich bringen.
Eine eiserne Hochzeit – das bedeutet 65 Jahre Zusammensein, und das kam zu der Zeit, da dieser Roman spielt, auch nicht jeden Tag vor. In diesem Falle feiern der Nickel-David und die Nickel-Fanny ihre Eiserne Hochzeit. Und das nicht zuletzt wegen eines früheren Lottogewinns im großen Rahmen, wie man so sagt. Mehr als ein halbes Hundert Leute aus der Familie werden dabei sein, wenn in Greifenhübel gefeiert werden wird. Greifenhübel, das liegt oben im Erzgebirge und ist so ein kleines Kaff, dass sie nicht mal Straßennamen haben.
Zu eben dieser Feier sind Jan Sonntag und Sabine Zeisig unterwegs. Und zwar ziemlich schnell, wie man motorisiertem Beginn des ersten Kapitel dieses lesenswerten Buches entnehmen kann, das wie alle weiteren 18 Kapitel eine Überschrift hat, die schon ein wenig vorausblicken lässt und aus der klar wird, das abwechselnd erzählt wird – mal aus der Sicht von Jan, 24 Jahre jung, und mal aus der Sicht von Sabine, ein Jahr jünger. Den Anfang macht der junge Mann:
Im ersten Kapitel erzählt Jan Sonntag, wie er mit seinem Mädchen Sabine Zeisig nach Süden ritt.
Gegen Mittag, als die Hitze über den Feldern wie ein feiner Vorhang waberte und der Asphalt in der Ferne zu glitzern begann, drehte ich das Gas so auf Sparflamme, dass meine urige Maschine aus Zschopau, die es in guten Stunden glatt auf hundertdreißig brachte, das langsamste Gefährt straßauf und straßab wurde, ausgenommen Heuwagen, Fahrräder und Mopeds älterer Bauart.
Die beiden sind erst gut drei Wochen miteinander bekannt, aber neugierig aufeinander. Vielleicht wird mehr daraus. Noch aber ist es nicht sicher. Sabine ist gespannt, wie ihre Familie Jan aufnimmt. Jan weiß, dass Sabine bei ihren Urgroßeltern aufgewachsen ist, aber nicht, warum von Sabines Eltern nicht geredet werden darf, warum sie aus Stammbaum und Fotoalben getilgt wurden. Und er will hinter dieses Familiengeheimnis kommen: Republikflucht vielleicht oder eine andere Dummheit? Kämpften die gar in geheimem Auftrag irgendwo im Untergrund?
Aber die Lösung lässt noch etwas auf sich warten.
Wann und wo spielt dieser Roman eigentlich? Vom Erzgebirge war ja schon die Rede. Und an einer Stelle, da sagt Jan zu Sabine: Weißt du, dass du mir von den vier Milliarden der liebste Mensch auf Erden bist?
Im ersten Kapitel erzählt Jan Sonntag, wie er mit seinem Mädchen Sabine Zeisig nach Süden ritt
Was sich in seiner großen Stadt begab, erzählt Jan Sonntag im zweiten Kapitel
Das dritte Kapitel wird von Sabine Zeisig erzählt und handelt davon, wie sie eigentlich mit ihrem Jan Sonntag zusammenkam
Wie es an diesem Donnerstag weiter zuging, wird von Jan Sonntag im vierten Kapitel erzählt
Weiter über die Wirtshausrunde erzählt Sabine Zeisig im fünften Kapitel
Über einen hübschen Schreck in den Freitagmorgenstunden und auch ein wenig über sein Leben erzählt Jan Sonntag im sechsten Kapitel, das außerdem noch drei Waldgeschichten enthält
Sabine Zeisig erzählt im siebenten Kapitel davon, wie sie, obwohl es daheim gewaltig viel Arbeit gab, ihre Zeit mit drei Männern in der großen Stadt verbummelte
Achtes Kapitel, in dem Jan Sonntag von einem Kirchturmgespräch erzählt
Im neunten Kapitel, in dem einige Lieder gesungen werden, erzählt Jan Sonntag von seiner Ernüchterung und außerdem von zwei Feuern
In dem folgenden zehnten Kapitel gibt Jan Sonntag einige der Greifenhübler Feuerwehrlegenden wieder, wie sie vor und nach der Polizeistunde am Stammtisch erzählt wurden
Nun erzählt Jan Sonntag noch im elften Kapitel, wie er baden ging
Unserer Sabine Zeisig fällt es zu, das Kapitel zwölf zu erzählen, das für sie mit einer Enttäuschung beginnt und mit einem weiteren Schreck endet
Jan Sonntag erzählt weiter vom großen Fest im dreizehnten Kapitel
Vornehmlich über die Lebensbeichte der Hebamme Hulda Eidam erzählt Sabine Zeisig im vierzehnten Kapitel
Wie er ein Rezept und eine Wahrheit erfuhr, das erzählt uns Jan Sonntag im fünfzehnten Kapitel
Im sechzehnten Kapitel erzählt Jan Sonntag, wie ihm bewiesen wurde, dass der Charakter eines Menschen nicht unwandelbar bleibt
Nach sechzehn Kapiteln ist es an der Zeit, dass die lebenserfahrenen Urgroßeltern mit dem jungen Paar beisammensitzen können, und Sabine Zeisig erzählt im siebzehnten Kapitel, wie sie sich unter den alten Bäumen trafen
Achtzehntes Kapitel, das von Jan Sonntag erzählt wird und davon handelt, wie er mit seiner Sabine tückschte und auf welche Weise eine ganze Festgesellschaft versuchte, unsere beiden zu versöhnen, obwohl die miteinander längst wieder im Reinen waren
Im neunzehnten Kapitel erzählt Sabine Zeisig den Schluss
Am 23. Juli 1937 in Grünhainichen geboren, Lehre als Buchdrucker, danach Zeitungsrotationsdrucker in ständiger Nachtarbeit.
Von 1960 bis 1963 Studium am Institut für Literatur „Johannes R. Becher“ in Leipzig. Danach bis 1969 Kulturpolitischer Mitarbeiter beim Kulturbund der DDR.
Ab 1970 freier Autor in Karl-Marx-Stadt: Erzähler und Hörspielautor in Serien für Kinder, eigene Serien (Paule-Geschichten), Jugendbuchautor, vielseitige journalistische Mitarbeit bei Zeitungen und Zeitschriften sowie Autor von Stadt- und Regionalgeschichte.
Nach 1990 Arbeit als Buchhändler, Leiter des ABM-Vereins „Fachwerk heute e. V.“.
Er lebt mit seiner Partnerin Brigitte Dathe in Chemnitz.
Der Hahn flatterte wutkreischend über die Gartenmauer, als ich in Badehosen ums Haus rannte und über die Wiese zum Dorfbach hinunterspurtete, das Handtuch mit den chinesischen Erpeln drauf wie eine Fahne schwingend. Mannhaft stieg ich über die Einfassungsmauer ins zerrspiegelnde Wasserplätschern hinein, es ging mir bis zum Schienbein und war kalt, klar bis auf den Grund.
Zwei Frauen radelten auf der Dorfstraße vorbei. Sie unterbrachen ihr Gespräch, als ich aus Bachesmitte den zahnpastabeschäumten Mund grimmig bleckte, fuhren stumm weiter und sahen sich oft um.
Im Hof oben war Urgroßmutter Fanny damit beschäftigt, die Hühner zu füttern. Hutzlig gebeugt verstreute sie Körner, ließ gerecht jedem Federvieh seinen Teil zukommen, und obschon alle versammelt waren einschließlich des eifersüchtigen Gockels, sandte sie weiter ihre Lockrufe aus: put, put – put, put – put, put.
Die Hennen huschten fahrig umher.
Ich machte, das Handtuch um den Hals geschlungen wie ein Boxer, eine Verbeugung: Guten Morgen, Oma.
Schon früh auf den Beinen, junger Mann?
Der Hahn, erklärte ich, der verdammte Suppenkandidat.
Soso, mein Hahnrich, sagte sie, kicherte in sich hinein und warf dem Vieh eine Extrahand Körner hin.
Unsere Sabine ist ein sauberes und anständiges Mädchen! fuhr sie mich aus heiterem Himmel an. Merk dir das, junger Mann! In jeder Beziehung!
Aber das weiß ich doch, Oma, sagte ich in meiner Verblüffung etwas dümmlich.
Sie machte: kscht! zu den Hühnern und zu mir.
Was ist los mit Ihnen, Oma?
Mit mir? Nichts ist los. Kscht! Nenn mich gefälligst nicht Oma.
Ich stand noch eine Weile herum, klatschte mir unschlüssig auf den nackten Oberkörper. Dann holte ich meinen Rasierapparat aus dem Zelt und suchte mir eine Steckdose. Die Alte schaute ungehalten hoch, als ich vorbeiging, aber sie rief mir nach: Im Waschhaus kannst du dich rasieren. Du musst den Sicherungsknopf reindrücken.
Danke, Fanny-Muttchen, sagte ich.
Sie brummelte zu ihren Hühnern oder zu sich selbst, das Waschhaus und der Abort wären noch die einzigen Orte im Häusel, wo nicht jemand einquartiert wäre für diese verrückte Feierei, die werweißwas koste und wo auch noch werweißwelche fremden Leute dazukämen, und womöglich müsste man noch den ganzen Hühnerhof schlachten und den Weckhahn dazu, nur, damit man denen die verfressenen Mäuler stopfen könne, die sie sich hinterher sowieso zerreißen würden.
Sie hatte sich geirrt, im Waschhaus war auch schon einer. Der alte David, ihr Mann, sortierte auf der Waschbank Kartoffelschalen und Möhrenkraut in flache Tonschalen, die Futternäpfe der Stallhasen.
Er trug keine Baskenmütze, und der silbrig schimmernde Stoppelkranz um seine Glatze ließ ihn älter erscheinen als gestern. Überhaupt wirkte er auf mich heute in Hemdsärmeln irgendwie gesetzter, er war nicht so aus dem Häuschen, hampelte nicht so herum. Wahrscheinlich lag das aber nur daran, dass er jetzt nüchtern war, gestern dagegen schon einen leichten Hieb weggehabt hatte. Und dann einen etwas schwereren.
Ich rasierte mich, und beim Summen meines Apparates schwatzten wir über alles mögliche, über das Viehzeug, das sie schon immer mal abschaffen wollten, weil es mehr Arbeit machte, als unterm Strich rauskam, zumal es im Dorfkonsum genug frische Eier gab und fix und fertig ausgeschlachtete Karnickel das ganze Jahr lang; über einen Enkelsohn Rainer, der oben im Ministerium Außenpolitik machte und darüber sein bisschen Innenpolitik vergaß, weil er sich seitdem nicht einmal mehr hatte blicken lassen bei den beiden Alten, die ihn mit Paketen noch übers Studium hin gefüttert hatten; über das beiderseitige Fernsehen redeten wir, über die Lage in Nahost und übers Wetter – der alte David behauptete, solch eine Dämse wie in diesem Jahr sei ihm in seinen vielen Sommern, soweit er sich erinnern könne, noch nicht vorgekommen; ich steuerte etwas zum Kopfschütteln über die polnische Landwirtschaft bei und erklärte meine Antihaltung gegen ’s Rauchen. Es war eines jener unkomplizierten Männergespräche, wie ich sie mochte, seit ich mich daheim mit dem Drechsel-Bruno befreundet hatte; wir saßen auch manchmal beisammen und quatschten uns ziellos durch die Weltgeschichte.
Alte Leute brauchen das so sehr wie Vitamine.
Wir trugen die Fressnäpfe zu den Ställen. Die Karnickel drängten sich schnuppernd nach vorn, als wir die Maschendrahtverschläge aufriegelten. David erklärte mir die Rassen: zwei Belgische Riesen, eine Hecke Angorakaninchen mit Wollpuscheln an den Ohren, vier Weiße Wiener mit roten Augen und gegen die Ratten ein Meerschweinchen, das Egon hieß.
Hol einen Armvoll Heu aus dem Schuppen, Jot, bat David. Ich geh noch die Leiter hoch wie Piccard im Ballon, aber mit dem Herunter hapert’s, das sind die Jahre, Jot.
Er sagte immer noch Jot zu mir, und ich bildete mir etwas darauf ein, selbsterfundene zweite Namen sagt man nüchtern nur Leuten ins Gesicht, mit denen man sich gut steht.
Fast wäre ich rücklings wieder hinuntergefallen, als ich auf der Schuppenleiter in die Bodenluke kraxelte.
Dort lag im Heu die schlafende Venus des guten alten Giorgione, wie man sie sonst nur im Oberlichtsaal Nummer einhundertachtzehn der Dresdener Zwingergalerie oder auf den von Jugendweihlingen besonders begehrten Kunstpostkarten bewundern konnte. Zwar war diese Venus hier blond und aus Stuttgart, hieß Ingrid, verkürzt Inga, und war auch um einen schmalen Bikinislip bekleideter als jene Leinwandschönheit, aber sonst: die gleiche Haltung, das gleiche Traumgesicht.

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