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Die Schatten eines Satyrs


Die Schatten eines Satyrs

Historischer Roman um Titus Petronius
1. Auflage

von: Volker Ebersbach

9,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 21.12.2021
ISBN/EAN: 9783965215870
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 570

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

66 u. Z. öffnet sich der Dichter Titus Petronius Arbiter die Adern, um einem Todesurteil durch Nero, dessen Erzieher und Berater in Fragen feinen Geschmacks er ist, zuvorzukommen. Außer einer Tacitusstelle und Fragmenten seiner „Satyrgeschichten“ gibt es kein Zeugnis über diesen geistreichen, mutigen, zwiespältigen Mann. Doch seine Umrisse lassen sich wie die eines Schattens in der bewegten Geschichte der römischen Kaiserzeit von Tiberius bis Nero verfolgen. Volker Ebersbach erzählt auf historischem und kulturgeschichtlichem Hintergrund den aus Wahrheiten und Wahrscheinlichkeiten erschlossenen Lebensweg eines feinsinnigen, gebildeten Römers, der, lange bevormundet als Opfer eines „Justizirrtums“, in die „Freiheit“ des Landstreichers gestoßen, von Agrippina, der Urenkelin des Augustus und Neros Mutter - in die er verliebt ist -, aufgegriffen, rehabilitiert und in den ersehnten Staatsdienst aufgenommen wird. Aber er scheitert an Intrigen, Neros erwachender Brutalität und nicht zuletzt an eigenen Widersprüchen. Der satirische Dichter findet zu sich selbst. Er hat sarkastisch gelebt und wird Meister sarkastischer Prosa. Angesichts der Verkommenheit der Herrschenden und ihres Staates dient er seinen Römern als Künstler, hoffend, dass er Nero überlebe. Intrigen holen ihn ein. Sein Werk überlebt.
I. BUCH: VOR DEN SCHÄCHTEN DES ORKUS
Der Satyr erwacht
Vergil mit Abschweifungen
Tiberius Caesar
Nähe des Vaters
Domus Petroniana
Vergöttlichung eines Schattens
Ahnen
II. BUCH: ARKADIEN, GESCHÄNDET
Man bleibt verschont
Volturnum oder Ein Satyrspiel
Der Satyr wird entführt
Der Satyr wird aufgegriffen
III. BUCH: DIE GEHEIMNISSE VON CAPREAE
Verlust und Gewinn
Bücher und Freunde
Die Insel auf der Insel
Quaestiones potentiae oder Machtfragen
Villa Veneris
Umgang mit Wissen
Vergesslichkeit und ein Merksatz
IV. BUCH: MÜNDEL EINES SCHEUSALS
Der gefälschte Tod
Langeweile macht fett
Antium
Der Schlaf, das scheue Tier
Die Betten der Schwestern
Der Unglücksrabe
Stirb endlich, Gladiator!
V. BUCH: ROMA VON UNTEN
Dem Satyr steht die Welt offen
Grammatik der Armut
Rollentausch
Wer flieht, den jagt man
VI. BUCH: ULIXES IN LUMPEN
Das schwimmende Reich der Phaiaken
Die heilige Tunika
Das Gespenst des Untergangs
VII. BUCH: WIEDERGEBURT
Apollo ohne Waffen
Agrippina am Spinnrocken
Der Finger auf dem Mund
VIII. BUCH: IM STAUB DER AMTSSTUBEN
Cursus honorum oder Die Ämterleiter
An der Wiege des Erzählens
Narr eines Narren?
Lex Petronia
IX. BUCH: ELEGANTIAE ARBITER: SACHKUNDIGER FEINEN GESCHMACKS
Die ehrgeizige Muse
Zuständigkeiten
Kein unbeschriebenes Blatt
Jo Hymen, Hymenaeus!
Zu früh!
Puer Aureus: Der Goldjunge
X. BUCH: MASKEN
Locusta, die Heuschrecke
Maske des Freundes
Claudia Acte
Maske des Sängers
Unternehmen „Maske“
Juno wendet sich ab
Floralia: Venus geht
Masken des Tragöden: Oidipus, Orest
XI. BUCH: DIE ENGE DER EINSAMKEIT
Die verschlungenen Pfade der Musen
Besuch
Der Gehilfe des Apostels
Silia und die Langmut der Gestirne
XII. BUCH: DAS SCHICKSAL TRÄGT FRAUENKLEIDER
Anfragen und Botschaften
Ahnungslose Gäste
Leere Stätte
Epilog: Ein Nachlass im Exil
ANHANG
Argumentum an den Leser
Geschichtlicher Überblick
Bemerkungen zu den Zitaten
Personenverzeichnis
Volker Ebersbach ist am 6. September 1942 in Bernburg/Saale geboren und dort aufgewachsen. Nach Abitur und Schlosserlehre studierte er von 1961 bis 1966 Klassische Philologie und Germanistik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. 1967 promovierte er über den römischen Satiriker Titus Petronius. Danach lehrte er Deutsch als Fremdsprache ab 1967 in Leipzig, 1968 in Bagdad, 1971 bis 1974 an der Universität Budapest, wo er auch mit seiner Familie lebte.
Seit 1976 ist er freier Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber. Er schreibt Erzählungen und Romane, Kurzprosa, Gedichte, Essays, Kinderbücher, Biografien und Anekdoten. Er übersetzte aus dem Lateinischen ausgewählte Werke von Catull, Vergil, Ovid, Petronius, das Waltharilied, Janus Pannonius und Jan Kochanowski. Einzelne Werke wurden ins Slowenische und Koreanische übersetzt.
Von 1997 bis 2002 war er Stadtschreiber in Bernburg. Danach lehrte er bis 2004 an der Universität Leipzig.
Lion-Feuchtwanger-Preis, 1985
Stipendiat des Künstlerhauses Wiepersdorf und des Stuttgarter Schriftstellerhauses, 1993
Stirb endlich, Gladiator!
Gajus Caesar reiste an den Rhein, um gegen die Germanen Krieg zu führen. Lange ließ er die Römer in Ruhe. Die Konsuln versuchten wieder zu regieren. Der Senat fasste Beschlüsse und erließ Gesetze. Die Gerichte tagten. Die Opferaltäre rauchten. Die Märkte wimmelten. An den Ersten erinnerten nur seine überlebensgroßen Standbilder. Traf eine Siegesmeldung ein, schüttelten Veteranen, von Söhnen und Enkeln ausgefragt, die Köpfe und schwiegen.
Wenn Titus Petronius sich später an die Zeit des Caligula erinnerte, waren ihm die grotesken Saturnalien des Grauens, die der Kaiser in seiner Hauptstadt gefeiert hatte, grell gegenwärtig. Die ruhigen Monate seiner Abwesenheit verschwammen in Nebel. Nur Agrippina, die ihm von Zeit zu Zeit zu spüren gab, dass sie ihn begehrte, ohne sich Erfüllung zu gönnen, behielt er in lichter Erinnerung.
Er war ein eifriger, kundiger und daher geschätzter Teilnehmer ihrer Abendunterhaltungen geworden, die sich um Kunst und Bildung bewegten, aber nicht selten Belange des Reiches streiften. Sie zog ihn ins Vertrauen und machte ihn zum Zeugen ihrer Heimlichkeiten mit Aemilius Lepidus. Das konnte bedeuten: Der ist dir im Weg, weil ich ihn wichtiger finde. Manchmal schien ihm aber auch, sie ersetzte sich die Erfüllung, indem sie sich daran weidete, dass er schmachtete. Als Ahenobarbus starb, hätte sie Lepidus, Drusillas Witwer, heiraten können. Sie dachte nicht daran. Der Schönling ging auch zu anderen Frauen, darunter Livilla.
Dass eine Verschwörung sich anbahnte, blieb Titus lange verborgen. Verdacht schöpfte er, als auch der Redner und Philosoph Annaeus Seneca in Agrippinas Kreis verkehrte. Seneca, ein blutvoller, zur Fülle neigender Mann aus Corduba in Hispanien, dessen Haar sich schon lichtete, obwohl er gerade in seine besten Jahre kam, sonnte sich noch im Gelehrtenruhm seines Vaters, des gesuchten Rhetorikers und Verfassers der „Kontroversen“, hatte aber auch selbst schon einige Prozesse gewonnen. Er kannte sich aus in den Gerichtshallen. Unter Tiberius war er Prätor geworden; unter Caligula verzichtete er darauf, sich um ein Amt zu bewerben. Sogar mit Klagen gegen die Staatskasse war er schon durchgekommen, wo sie Nachlässe beschlagnahmte, weil der Erblasser dem Kaiser nichts vermacht hatte. Zwar standen am Ende Kompromisse – die Erben erhielten ihren Teil, wenn sie die Säumigkeit des Verstorbenen durch eine großzügige Spende an den Fiskus wiedergutmachten –, aber die Raffgier der kaiserlichen Finanzbeamten stieß an Grenzen.
„Ich bin ein aufrechter Römer“, gab Seneca, geschmeichelt durch beifällige Begrüßung bei Agrippina bekannt. „Ich finde es löblich, wenn gewisse Gesetze einen Teil der großen Vermögen in die Staatskasse ableiten, und das, obwohl ich selbst nicht gerade arm zu nennen bin. Was der Staatskasse zufließt, könnte dem Wohl aller dienen, befände sie sich nicht in den Händen von Versagern.“
„Das Grundübel scheint mir“, bestätigte der Getreidepräfekt Valerius Asiaticus, „dass die Kasse des Kaisers noch immer nicht von der Staatskasse getrennt worden ist. Caligula kann mit unseren Geldern machen, was er will. Er ist ein Fass ohne Boden. Sonst hätte er nicht jene Versteigerung palatinischen Besitzes veranstaltet, bei der ein Geschäftsmann, als er einnickte, unversehens einen Trupp abgetakelter Gladiatoren erwarb! Er schickt uns Rechnungen über Schiffe, mit denen er nach Britannien übersetzen will. Wir haben aber Nachricht, dass er im Heerlager nur Besäufnisse feiert. Er schickt uns gefangene Germanen, aber die Germanen der Palastwache verstehen ihr Kauderwelsch nicht, und es stellt sich heraus, es sind Sklaven aus den verschiedensten Provinzen mit künstlich gebleichten Haaren!“
Der Gardepräfekt Aemilius Lepidus nickte. „Ich finde, Rom bewahrt Ruhe und Ordnung auch ohne den Ersten.“
So ging es an mehreren Abenden. Man wurde sich nur nicht einig, ob man Caligula, während er am Rhein lag, einfach absetzen oder auf seine Rückkehr warten sollte, um ihn zu ermorden.
Titus, anfangs geduldet, weil sich jeder seine Wut auf den Vormund ausmalte, erhielt bald Aufgaben als Meldegänger. Auch die Listen seines Sklaven Harpocrates wusste der Kreis zu schätzen. Agrippina versprach ihm: „Für deine Dienste sollst du, sobald das Ungeheuer gestürzt ist, dein ganzes Vermögen wiederbekommen.“ Sie vertraute ihm aber an, dass sie die Verschwörer noch hinhielt wie andere zuvor, weil sie ihnen nichts zutraute. „Auch sie sind Fässer ohne Boden! Sie sind verschuldet, das ist ihr ganzer Unmut. Bei der nächsten Gelegenheit lassen sie sich kaufen. Seneca ist die Ausnahme. Aber gerade er will lieber vermitteln als zuschlagen.“ Ein andermal verriet sie ihm, dass niemand anders als sie am Abend seines Bartfestes die Schergen nach der Durchsuchung seines Zimmers zu sich gerufen und ihnen, eigentlich auf Schlüpfriges aus, das „Lied von der entschwundenen Lockenpracht“ abgekauft hatte, um es unter die Leute zu bringen. „Leider“, beklagte sie sich, „ist das Volk feige und vergesslich und auch ein Fass ohne Boden.“
Livilla war gegen die Ermordung ihres Bruders. Sie warb dafür, ihn nur abzusetzen, und erklärte sich bereit, mit ihm in die Verbannung zu gehen. Tigellinus verzog spöttisch das Gesicht. „Ich komme mit.“
„Absetzung in Abwesenheit bedeutet Bürgerkrieg!“, entschied Lepidus, den Agrippina als Haupt der Verschwörung behandelte. „Ich wette, mit unserem Geld wirft er seine Truppen gegen Rom. Zu gern wäre Gajus Caesar einmal ein Caesarlein! Wenn wir ihn aber herlocken, wird nur sein Blut fließen.“
„Wenn er nicht noch so jung wäre!“, stöhnte Valerius Asiaticus. „Man sollte nur alte Männer als Herrscher zulassen. Die hat man nicht so lange am Hals.“
„Tiberius, so alt er war, hatten wir lange genug am Hals“, bemerkte Seneca.
„So oder so: Wir müssten dem Volk einen neuen Kaiser empfehlen“, gab Agrippina zu bedenken. „Und das schleunigst.“
„Ich würde meine Prätorianer schon überzeugen“, sagte Lepidus. Er rieb den Zeigefinger am Daumen. „Wen sie ausrufen, der ist es.“
„Du verteilst schon die Rollen“, sagte Livilla. „Du siehst am liebsten dich selbst als Imperator. Aber das gibt es nicht.“
Tigellinus pflichtete ihr bei.
„Der Erste“, entschied Agrippina, „hat ein Verwandter des Göttlichen Augustus zu sein. Einen Verwandten seines Feindes würde das Volk niemals anerkennen.“ Sie spielte auf jenen Lepidus an, der mit Octavianus Augustus und Marcus Antonius zeitweilig ein Triumvirat gebildet hatte.

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