Details

Das Wanderdünenfräulein


Das Wanderdünenfräulein

Erzählung
1. Auflage

von: Karl-Heinz Schleinitz

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 01.07.2021
ISBN/EAN: 9783965214811
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 79

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Kud und Gäd sind jung, verliebt und glücklich. Sie haben ein winzig kleines Zimmerchen an der Ostsee ergattert und der Wirt hat ihre Lüge geglaubt, dass sie verheiratet sind. Sonst wäre es nichts mit dem Zimmer geworden. Beide verbringen unbeschwerte Urlaubstage am Meer und unterhalten sich mit Witz und Humor über Gott und die Welt, die spießige alte Dame aus dem Westen eingeschlossen.
Da soll ein Telegramm an Fräulein Meyer zugestellt werden und ihre Lügenblase scheint zu platzen. Kud bekommt mit List das Telegramm, das gleichzeitig das Ende ihres Urlaubs bedeutet. Aber sicher nicht das Ende ihrer Liebe.
1921 in Brieskow als Sohn eines Bergmanns geboren. Volksschule, kaufmännische Lehre.
Im 2. Weltkrieg Fluglehrer, dann Jagdflieger.
Nach dem Krieg Landarbeiter, dann Bergmann.
Seit 1952 Journalist. Redakteur der "Täglichen Rundschau", dann Reporter des "Neuen Deutschland".
Seit 1961 freischaffend.
2019 in Berlin verstorben
Auszeichnungen:
Literaturpreis des FDGB
Vaterländischer Verdienstorden in Bronze
Wie bin ich vom geplanten Kooperationsbett Fridolin auf die Rosalie gekommen? Wenn ich aufwache, werde ich mich wundern, aber das hat Zeit, vorläufig schlafe ich noch, wenn auch ausgestoßen, anders ist das nicht erklärbar.
Und habe also Grund, mich zu revanchieren, indem ich träume, ohne Exposé, ohne Dramaturgen, Träume werden immer angenommen, wenn ich klug bin und sie für mich behalte, auch der lieben Frau verschweige. Vor allem die anarchistischen Rachestücke.
Ich träume, ich stehe auf einem Podest, auf dem Kopf ein Papierschiffchen aus silberner Lorbeerpappe, an dem Podest ist die Zahl 1 angeschrieben, und auf den abgestuften Tritten mit den Ziffern 2 und 3 stehen Richard Wagner und Täve Schur, und ich habe meinen letzten Gedichtband unterm Arm, und die Präsidentin B. B. in ihrer B. B.-Amtstracht überreicht mir einen vernickelten Pfannkuchen und sagt in ihrer Ansprache, die sie abliest, weil die kapitalistische Presse dabei ist, es wäre eine wundervolle Leistung von mir, mit den letzten Gedichten hätte ich den bestehenden Weltrekord um Nullkommadrei unterboten, da …
„Manning!“
Hat jemand gerufen? Meine Wirtin Schulzchen? B.B.?
„Manning, Kud!“
Mir fliegt was an den Kopf, es ist warm, riecht nach Gäd, verriegelt mir das Atmen. Not macht munter. Ich verschaffe mir Luft, sehe mit einem halben Blinzeln, dass die Dame auf Fridolin nach einem entzückenden Pantoffel angelt, und denke, feuere nur, Vorwärtsstrategie taugt nie, dein erstes Geschoss wird mein Bunker. Ich mache den Hals kurz, schwups, bin ich unter dem Kissen wieder verschwunden. Das Pantöffelchen orgelt heran, klatsch, bitte, macht fast gar nichts, ich kann mich wieder B. B. hingeben.
„Aufstehen, Kud, aufstehen! Zur Arbeit!“
Arbeit? Aufstehen? Das Pflichtbewusstsein puckert. Habe ich einen Termin? Himmel!
Ich fahre hoch, frage, noch halb bei B. B.: „Wie spät isses denn?“ Da fällt mir ein, ’s kann kein Termin sein, is ja Urlaub, und lasse mich zurückfallen und überlege weiter, wie ich B. B. herbeischaffen könnte. Irgendwo weit weg sagt eine Stimme: „Schönes Vorbild! F … F … Faulbild!“, aber das hat nur zur Folge, dass ich mich vollends einigele. Die B. B. … wenn ich nur erst mal ein Podest wieder hätte! Hätte ich ein Podest, müsste sie neu erscheinen.
„Überhaupt waren früher die Männer besser!“, höre ich die Stimme in der Ferne.
Wo ist das Podest? überlege ich.
„Früher waren sie noch Kavaliere!“, spricht die Stimme. „Früher haben sie ihren Damens ganze Orchester ans Bett gebracht, schon am Morgen – auf einem Tablett!“
„Täve hat das Podest geklaut!“, sage ich laut, mich aufrichtend.
„Hä?“ Gäd blickt mich an, als hätte ich einen Tick.
„Und du bist schuld!“, sage ich.
Sie lächelt gütig, wie man Verrückten zulächelt. „Wenn ich an etwas schuld bin, werd’ ich es gutmachen.“
Ich lasse mich in die Kissen zurückfallen.
Sie prüft mit einem befeuchteten Finger die Meteorologie, sehe ich – man soll Frauen nicht mit wissenschaftlichen Methoden vertraut machen, ich hätte es wissen sollen –, und sagt: „Aber es könnte sein, dass ein Tief in der Luft liegt, und es könnte sein, dass die schönste Frau der Welt friert. Friert am ganzen Körper!“
Tatsächlich. Ich höre ihre Zähne klappern. Und dann lockt sie: „Wenn nicht gleich ein Hoch kommt!“
„Was – am Sonntag auch?“
„Willst du dich drücken?“
„Ein Hoch machen macht Arbeit. Du sollst den Feiertag heiligen.“
„Wir sind noch nicht gestandesamtet – hüte dich!“
„Ja eben – noch nicht … abgestempelt!“ Dass mir das nicht eher eingefallen ist, ich schlage mir die Hand vor die Stirn. „Da darf ich noch gar nicht – juristisch gesehen! Juristisch gesehen muss ich hier …“ – ich deute auf mein Bett – „… und allein!“
Der Triumph ist auf meiner Seite, ich kann lächeln und freundlich drohen. „Kein Hoch!“
Sie schüttelt den Kopf. „Eine Logik hat dieses Mensch! Beruft sich auf Keuschheitsgelübde seiner Junggesellenkaste, um ein Leben zu führen wie ein Ehemann …“
Was? Ich, ein Mann, und keine Logik? Da fällt mir rechtzeitig ein, dass ich in Rosalie liege, dass ich ein Ausgestoßener bin. „Hättste mich in der Nacht nicht weggeschubst …!“
Sie lacht auf. Wie aggressiv sie lachen kann! „Wenn ihr beide so faul wart …“
„Du hast gesagt, du bist müde …“
„Musst nicht alles glauben, was du sagst …“

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