Details

Witz und Wesen der Lebenskunst oder Die zweite Menschwerdung


Witz und Wesen der Lebenskunst oder Die zweite Menschwerdung

Fortgesetzter Marxismus - Essays und Glossen
1. Auflage

von: Gerhard Branstner

7,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 01.12.2022
ISBN/EAN: 9783965218215
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 234

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Wer über das Scheitern des Sozialismus nachdenkt, der muss zwangsläufig auch über die Ursachen dieses Scheiterns nachdenken – um es dereinst vielleicht besser machen zu können.
Das hat auch der Autor dieses Sammelbandes häufiger getan. Eine seiner Thesen lässt sich mit dem Begriff der Verbürgerlichung der sozialistischen Parteien zusammenfassen. Was versteht Branstner darunter? Hier ein längerer Auszug zu diesem Thema, wobei das vorige, das 20. Jahrhundert gemeint ist:
Neben der Oktoberrevolution ist die Verbürgerlichung der sozialistischen Parteien der signifikanteste Vorgang dieses Jahrhunderts. War die Verbürgerlichung doch die Ursache des schließlichen Scheiterns des Sozialismus. Und diese Verbürgerlichung ist Ursache des Scheiterns aller künftigen sozialistischen Revolutionen. Es sei denn, sie kann vermieden werden.
So bunt und in sich gegensätzlich die Bürgerlichkeit ist, so bunt und in sich gegensätzlich ist die Verbürgerlichung. Wie die Bürgerlichkeit vom radikaldemokratischen Humanismus über den Konservatismus bis zum Faschismus reicht, so reicht die Verbürgerlichung von Stalin über Chruschtschow bis Gorbatschow, von den „Altkommunisten“ bis zu den Revisionisten/Reformisten. Der Stalinismus ist nichts als eine Form der Verbürgerlichung, allerdings ihre schlimmste, faschistische Form. Auch wenn der Stalinismus als Verbürgerlichung im Sozialismus nicht, wie der Faschismus im Kapitalismus, die Funktion des Nothelfers hat, sondern im Gegenteil Totengräber des Sozialismus ist. Der Faschismus offenbart das letzte Wesen des Kapitalismus. Der Stalinismus offenbart nur die Verbürgerlichung als eine dem Sozialismus wesensfremde Erscheinung. „Vor allem aus politischen Gründen“, so heißt es in einem Geheimpapier Woroschilows, „haben wir in den vergangenen drei Jahren (1934–36) 22 000 Kommandeure entfernt.“ Dem „Großen Terror“ 1937/38, heißt es in einer anderen Quelle, „fielen noch einmal 36 761 Soldaten und Offiziere der Land- und Luftstreitkräfte sowie ca, 4 000 Kommandeure der Seestreitkräfte zum Opfer. Als es zum Zweiten Weltkrieg kam, war die Rote Armee im wahrsten Sinne des Wortes enthauptet.“
Außer der Roten Armee wurde der Sozialismus in der Sowjetunion zur Gänze enthauptet: Durch die Enthauptung der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Kultur und vor allem durch die Enthauptung der Politik.

Eine weitere Form der Verbürgerlichung ist die Meinungsmanipulation und die Verlogenheit. (Die „blühenden Landschaften“ mussten nicht erst von Kohl erfunden werden.)
Statt eines Vorwortes: Antwort auf einen Brief von Klaus Steiniger
Kapriolen der Weltgeschichte
Die zweite Menschwerdung
Was wollte Napoleon in Moskau?
Die Paradoxie der sozialistischen Parteien
Revisionismus ist der Knochenfraß sozialistischer Parteien
Briefwechsel mit Heinz Stehr
Briefwechsel mit Robert Steigerwald
Keine Blumen für Egon
Wer nicht nach Bayreuth will, darf stinken oder Der Defensivirrtum: Was ist links?
Des Kaisers neue Kleider in Kunst und Literatur
Vorwort zu „Aller Spaß dieser Welt“ von Bernard Grün
Interview in der Berliner Linken
Aus dem Glossarium
Der Mensch ist verhältnismäßig
Fehlstart oder Frühstart oder was?
Der „reale Sozialismus“ bleibt ein ewiges Rätsel
Was ist sozialistischer? Der ökonomische Anarchismus oder der ökonomische Fatalismus?
Weit gefehlt
Logik tief zwei
Am Scheideweg: Marxismus oder Zynismus
Verkehrt zusammengewachsen
Die Ursache der Ursache
Bruchrechnung
Die Arbeiterklasse ist die langsamste Klasse
Die schlichte Wahrheit
Kopflosigkeiten
Warum der Obdachlose nicht für den Sozialismus ist
Autorisierter Rinderwahnsinn
Rot bleibt rot
Made in Kapitalismus
Wer ist geeigneter als die Arbeiterklasse?
Sein oder Blödsein, das ist hier die Frage
Die Zeiten ändern sich
Personenkult, berechnet nach Umfallquoten
Die verkehrte antike Tragik
Adam Ries und der Reformismus
Ein Sozialist will witzig sein
Egal was, Hauptsache irgendwas
Der Irrtum mit der Wahrheit
Pappkameraden an die Front!
Selbst kluge Leute reden den Kommunismus dumm
Kunst kommt nicht immer von Können
Drückebergerei von links
Die drei Abstriche
Das welthistorische Unglück der Verernstung
Angst macht Angst
Regierungsbeteiligung auf dem Dorf– macht so doof wie in der Stadt
Der freie Markt für Linkshänder
Die Katze hat sieben Leben. Wie viele hat der Sozialist?
So kommt die nächste Wende bestimmt nicht
Was rechts ist, muss rechts bleiben
Der Mensch kann Geld nicht essen, aber es kann ihn
Ein vielsagender Unterschied
Amtliche Wahrheiten
Der einmalige mehrmalige Rücktritt
Konkurrenz verdirbt den Charakter
Der Kreidekreis schließt sich nicht immer
Gegen Politiker ist der dümmste Witz nicht unter Niveau
Die ambulante Kuh
Wo bleibt die Institution?
Keine Haarspalterei
Zu viel Falsches und zu wenig Richtiges, wer hält das aus?
Was weiß der Mensch von sich?
Der eigentliche Mensch. Die Anpassung der Dritten Art. Witz und Wesen der Lebenskunst
Zum guten Schluss eine ausgefallene Betrachtung oder Die drei kopernikanischen Wenden
Geboren am 25.Mai 1927 in Blankenhain/Thüringen, Volksschule, drei Jahre Verwaltungslehre.
1945 Soldat im 2. Weltkrieg, bis 1947 in amerikanischer, französischer und belgischer Kriegsgefangenschaft.
1949 – 1951 Abitur an der ABF Jena, 1951 bis 1956 Studium der Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin, 1963 Promotion (Dr. Phil.).
1956 - 1962 Dozent an der Humboldt-Universität, 1962 – 1964 Lektor, 1966 - 1968 Cheflektor Eulenspiegelverlag/ Das Neue Berlin.
Ab 1968 freiberuflicher Schriftsteller.
2008 in Berlin verstorben.
Der einmalige mehrmalige Rücktritt
Ein Rücktritt vom Rücktritt ist bei Spitzensportlern eine häufiger gewordene Übung, bei Spitzenpolitikern ist sie noch selten. Umso bemerkenswerter ist der dreimalige Rücktritt vom Rücktritt bei André Brie. Als er bei der Wahl zum Geschäftsführer der PDS durchgefallen war, trat er beleidigt von seiner Kandidatur für den Bundesvorstand zurück, um umgehend von diesem Rücktritt zurückzutreten. Als er in dem berüchtigten „Stern“-lnterview vom Sozialismus zurückgetreten war, trat er bei seinen die Empörung beruhigen sollenden Wanderpredigten von diesem Rücktritt zurück.
Und als er von seinem Posten als Wahlkampfleiter beleidigt zurückgetreten war, trat er wiederum alsbald von diesem Rücktritt zurück. Dass Brie bei den nächsten olympischen Spielen in der Disziplin Dreifacher Rücktritt vom Rücktritt antreten wird, ist sicherlich eine gutwillige Falschmeldung. Keine Falschmeldung ist es, dass der Rücktritt vom im „Stern“-lnterview erklärten Rücktritt vom Sozialismus eine Falschmeldung war. Das alles ist eine unentwirrbare Blödelei? Es ist das korrekte politische Psychogramm eines „Vordenkers“. Oder Vortänzers. ln der Tat haben wir hier den einmaligen Fall eines Rücktritts vom Rücktritt vom Rücktritt vor uns. Man muss nur den von Brie abgesegneten revisionistischen Schmarren „Zur Programmatik der Partei des Demokratischen Sozialismus“, Seite 114 oben lesen, wo der Sozialismus dem Kapitalismus in den Arsch geschoben wird. André Brie ist der Erfinder der Revolution auf Knien. Wie sonst soll sein Kopf auf die Höhe des kapitalistischen Arsches kommen?
Konkurrenz verdirbt den Charakter
Das neu eingerichtete Krankenhaus nahm unserem Hausarzt die Patienten weg. Als meine Mutter ihn fragte: Wie geht es denn, Herr Doktor? antwortete er: Ganz schlecht, liebe Frau, mir kann nur eine Seuche helfen.
Damals war ich noch ein Kind. Und der Arzt wusste nicht, dass er mich für mein Leben geheilt hat. Vom Kapitalismus.
Der Kreidekreis schließt sich nicht immer
Der Kalte Krieg forderte beiden Seiten so viel Kraft ab, dass nicht genug für den Erhalt der Umwelt übrig blieb. Also war es von höherem Interesse, dass eine Seite losließ, damit die Welt nicht zerreißt. Dem Sozialismus sei Dank, dass er losgelassen hat. Aber erstens hat er nicht im höheren Interesse losgelassen, zweitens war er nicht die richtige Seite und drittens hat er sich ganz ungeplant und stümperhaft, im ganzen höchst blamabel verabschiedet. Ich bitte mir aus, dass der Sozialismus die nächste Niederlage vorhergesehen und auf historischem Niveau vollzieht.
Gegen Politiker ist der dümmste Witz nicht unter Niveau
Als A an dem neuen Kanzler lobte, dass er von anderem Holz als sein Vorgänger sei, entgegnete B: Das Beste an dem Holz, von dem der Mann ist, sind die Astlöcher.
Die ambulante Kuh
Ein Bauer führt seine Kuh am Strick zum Tierarzt. Auf die Frage, was die Kuh habe, sagt der Bauer: „Sie ist ambulant, ich habe gehört, ambulant ist billiger.“
Wo bleibt die Institution?
Jede Klasse hat außer den Einzelinteressen ihrer Mitglieder gemeinsame Interessen. Die der kapitalistischen Klasse haben ihre Institution im Staat. Wie die Einzelinteressen in existenziellen Krisenzeiten ausschlagen, wo jeder sich selbst der Nächste ist, kann keiner vorhersagen. Eines ist allerdings vorherzusagen. Solange die Arbeiterklasse keine Institution ihrer Interessen hat, wird sie die geschlagene sein.
Keine Haarspalterei
Ob die Vereinigung der KPD mit der SPD 1946 eine Zwangsvereinigung war, ist eine müßige Frage. Die Vereinigung hatte bereits im Konzentrationslager stattgefunden. Und dahinein war man geraten, weil die Arbeiterbewegung vorher gespalten war. Was allerdings noch eher gebilligt werden konnte als die von der 1914 ungespaltenen SPD gebilligten Kriegskredite.
Zu viel Falsches und zu wenig Richtiges, wer hält das aus?
Was der „reale Sozialismus“ wirklich war, kann man sehr gut an dem ermessen, was er aus der Vergangenheit an Falschem übernommen und an Gutem nicht übernommen hat. Wo hat er die Lebenskunst der Epikuräer genutzt, die Naturauffassung der Franziskaner, die Weltauffassung der Renaissance, die unbändige Heiterkeit der commedia dell‘arte, die Unvoreingenommenheit der Aufklärung gegenüber allem Neuen, die tiefe Menschlichkeit Gandhis und Schweitzers? Und all das, was jeder dem Vorigen von sich aus hinzufügen kann. Dagegen hat der „reale Sozialismus“ fleißig und immer fleißiger die negativen Eigenschaften der Klassengesellschaft übernommen. Das beginnt mit der Übernahme inquisitorischer, zaristischer und faschistischer Herrschaftsformen unter Stalin und reicht bis zu den kapitalistischen oder pseudokapitalistischen Elementen in der Wirtschaftspolitik, wie der Wegwerfproduktion und der Dominanz des Tauschwertes.
Auf die Dauer war die Übernahme an Falschem aus der Vergangenheit unvereinbar mit den sozialistischen Elementen und führte zur Agonie. Die Nichtübernahme von Richtigem nicht einmal gerechnet.
Was weiß der Mensch von sich?
Dass der Mensch ein ontogenetisches und ein phylogenetisches, ein Einzelwesen und ein Gattungswesen ist, macht ihm mehr zu schaffen, als er weiß. Er hat keine historische Geduld, er fällt auf die unsinnigsten religiösen Verheißungen herein. Seine phylogenetische und seine ontogenetische Uhr haben einen anderen Gang, sie messen die Zeit verschieden. Gibt es danach zwei Wahrheiten? Sind beide wahr? Seine Lebensplanung ist schizophren. Ist er ein Teil vom Ganzen oder ist das Ganze ein Teil von ihm? Eines steht fest: Die menschliche Gesellschaft ist erst dann menschlich, wenn sie diesem Doppelcharakter des Menschen gerecht wird. Wie muss diese Gesellschaft sein? Eine neue Frage.

Diese Produkte könnten Sie auch interessieren: