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Winterreise in den Sommer


Winterreise in den Sommer


1. Auflage

von: Heinz Kruschel

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 26.10.2014
ISBN/EAN: 9783956551116
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 162

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

1966, sieben Jahre nach der kubanischen Revolution, reist Heinz Kruschel mit einem Fotografen nach Kuba. Nach einer stürmischen Seereise mit dem DDR-Schiff „Fichte“ gehen sie am 25. November in Havanna an Land. Kruschel besucht Bildungs- und Kultureinrichtungen, trifft sich mit Künstlern, Technikern und Politikern, lässt sich von einfachen Menschen die Lebensgeschichten erzählen, besucht das Hemingway-Museum. Die daraus entstandene Reportage von 1967 gibt ein interessantes – und wegen der vielen Einzelschicksale – auch spannend zu lesendes Bild der Anfangsjahre der kubanischen Revolution.

INHALT:
Das erste Mal, dann aber gründlich …
Der „Lange Wapper“
Märchenland bei Nacht
Spiel und Kunst in Middelheim
Karnevalseröffnung
In Leixoes
Besuch bei einem Seemann
Helft unserm Mann!
Ankunft in La Habana
Erste Impressionen
Hasta la vista!
„Prometemos, wir geloben …“
Maria und Jesus und ihre Kinder
Bei der kubanischen Fischfangflotte
Der Fahrstuhlführer und der amerikanische Zerstörer
Gloria Parrado und ihr Versprechen
Wir kannten ihn alle gut ...
Der „Poeta laureatus“ der Revolution
„Zweige vom selben Baume …“
Im Schatten der Columbus-Kathedrale
Teatro Mella
Nebenbei bemerkt
Haydée Santamaria
Abschied vom Sommer
Temperatursturz dreißig Grad
Das erste Mal, dann aber gründlich …
Der „Lange Wapper“
Märchenland bei Nacht
Spiel und Kunst in Middelheim
Karnevalseröffnung
In Leixoes
Besuch bei einem Seemann
Helft unserm Mann!
Ankunft in La Habana
Erste Impressionen
Hasta la vista!
„Prometemos, wir geloben …“
Maria und Jesus und ihre Kinder
Bei der kubanischen Fischfangflotte
Der Fahrstuhlführer und der amerikanische Zerstörer
Gloria Parrado und ihr Versprechen
Wir kannten ihn alle gut ...
Der „Poeta laureatus“ der Revolution
„Zweige vom selben Baume …“
Im Schatten der Columbus-Kathedrale
Teatro Mella
Nebenbei bemerkt
Haydée Santamaria
Abschied vom Sommer
Temperatursturz dreißig Grad
Heinz Kruschel, 1929–2011, Sohn eines Bergmanns und späteren kaufmännischen Angestellten der Staßfurter Salzbergwerke, entging nur knapp dem für seine Generation typischen Schicksal, im finalen Aufgebot der letzten Kriegstage - dem "Volkssturm" - verheizt zu werden.
Noch ehe er seine Modelltischlerlehre beendet hatte, beschloss die Partei, in die er jung eingetreten war, dass er Neulehrer zu werden habe, und ließ ihn 1949/50 am Lehrerbildungsinstitut in Staßfurt studieren. Anschließend war er Lehrer in Sandersdorf - den Schülern jeweils ein Kapitel im Lehrbuch voraus -, danach in Magdeburg und Egeln sowie Direktor einer Erweiterten Oberschule in Havelberg.
Nach einem berufsbgeleitenden Fernstudium der Germanistik war er Journalist und Kulturredakteur bei der "Volksstimme" in Magdeburg. Ab 1963 lebte er als freier Schriftsteller in Magdeburg, bereiste im Auftrag von Illustrierten wie der "Für dich" Ungarn, Bulgarien, Usbekistan und Kuba und schrieb zahlreiche Erzählungen und Romane für Jugendliche und Erwachsene.
Sein Roman "Das Mädchen Ann und der Soldat" wurde 25 Jahre lang immer wieder neu aufgelegt, während Bücher wie "Der Mann mit den vielen Namen" oder "Leben. Nicht allein" erst nach erbitterten Auseinandersetzungen mit jenen Behörden, die Literatur zu genehmigen hatten, erscheinen durften.
Sein Roman "Gesucht wird die freundliche Welt", der als erster in der DDR das Thema des Umgangs mit straffällig gewordenen Jugendlichen thematisierte, wurde 1978 von Erwin Stranka unter dem Titel "Sabine Wulff" verfilmt.
Auszeichnungen:
Erich-Weinert-Preis der Stadt Magdeburg
Theodor-Körner-Preis
Banner der Arbeit
Literaturpreis des FDGB
Vaterländischer Verdienstorden
Das neue Schuljahr begann am 1. November. Der durchschnittliche Leistungsstand in den 13 Fächern beträgt 89,89 Punkte 100 Punkte entsprechen der Note 1, 80 Punkte der Note 2, 60 der 3 und so fort). Die Mädchen sind beste Brigade der Provinz geworden, die Jungen halten den zweiten Platz. Eine gute Schule. (Durch glücklichen Tipp sind wir darauf gekommen. Wir hatten uns eine Schule ausgesucht, die dem Hotel am nächsten lag, weil nachmittags eine neue Verabredung lauerte.)
Also Probleme. Die Räume sind klein, viel zu klein. Das war früher eine exklusive Privatschule, in der horrende Summen an Schulgeld gezahlt werden mussten.
Die Türen sind entfernt, ich weiß nicht, ob der Hitze oder der Bauarbeiten wegen, und so kann der Schüler im Fache „Espanol“ die Integralrechnung von neben an mithören.
Die Schüler sitzen in Armlehnstühlen, die linke Lehne ist so breit, dass sie als Schreibfläche dienen kann. Tische gibt es nicht. Vielleicht ist das auch eine Platzfrage.
Da wir über Probleme reden, kann ich es mir nicht verkneifen, die berühmte deutsche Zeitungsfrage zu stellen: „Wie sind die Beziehungen zwischen Jungen und Mädchen?“
„Es gibt Liebe“, sagt die Direktor, „natürlich gibt es Liebe zwischen den jungen Leuten. Wir sind nicht dagegen, aber wir sagen auch, dass wir nur für Liebe mit gegenseitiger Hochachtung sind, für eine Liebe, die den anderen Partner respektiert. Ich finde, das ist kein Problem bei uns.“ Andere Lehrer bestätigen die Auffassung. Meine Fragen werden von vielen beantwortet, der Direktor verteilt geschickt und kollegial die Fragen auf seine Mitarbeiter.
Sáez Dias ist der Sohn eines Arbeiters, der hungern musste, um seinem Sohn das Studium zu ermöglichen. Loreto wurde Lehrer, Direktor, er war Mitglied der kämpfenden Truppen der Rebellen, leitete später ein Nachtschule, arbeitete im Nationalrat der Gewerkschaften, aber er spricht nicht lange von sich. „Diese Kollegin hier“, sagt er und meint Caridad Rodriguez, die schweigend zugehört hat, „sie passt hierher, ein guter Kamerad, eine gute Lehrerin, sie versteht unsere Notwendigkeiten.“ Er führt uns zu unserem Anliegen zurück, wir wollten ja hospitieren.
Wir gehen mit in den Unterricht. Eigentlich ist es heute in Habana kühl, so um zwanzig Grad, aber Caridad schwitzt, Stana fotografiert sie von jeder Ecke aus, die Kinder setzen sich in Positur.
Caridad hält sich an ihre Konzeption: Russisch, Einführung einiger Buchstaben, Zusammenziehen von Silben, ein paar Wörter bilden. Die Mädchen und Jungen sind sehr diszipliniert, sie tun so, als wären sie gar nicht neugierig auf den Besuch. Von nebenan dröhnt der Bass des Physiklehrers herüber.
Caridad erteilt einen modernen Unterricht, stützt sich auf das vermittelnde Gespräch, fasst wieder zusammen, lässt sprechen, sprechen, beteiligt alle Schüler.
Siebzehn Jahre ist sie alt. Als sie dreizehn war, meldete sie sich zur zweiten Gruppe der Alphabetisierung, Die Eltern sagten nichts aber, es war ihnen nicht recht, die Tochter in einem fremden Dorf, weit weg, unter fremden Leuten. Dann kam die Invasion, und der Vater sagte: „Du hast doch recht, Caridad.“ Sie ging nach Oriente und hatte es sehr schwer, weil sie in einer Familie alphabetisierte, die nicht mit der Revolution einverstanden war. „Als ich nach acht Monaten zurückkam, waren meine Eltern sehr stolz.“
„Welches war der schönste Tag Ihres Lebens, Caridad?“
„Die schönsten werden wohl noch kommen. Aber bisher? Der Tag. an dem ich das Examen bestand, an dem ich Lehrerin wurde."
„Was lieben Sie am meisten?“
„Musik. Chopin. Für Musik würde ich alles geben. lch möchte die Menschen lehren, die Kunst zu verstehen “
„Was hassen Sie?“
„Lüge und Betrug.“ Ihre Stimme wird rau. „Die hinterlistige Gemeinheit der Imperialisten.“
„Ihr größter Wunsch?“
„Die Revolution möge mit allen Schwierigkeiten fertig werden, auch mit der Bürokratie.“
„Was tun Sie, wenn Sie keine Kinder unterrichten oder ihre Hefte korrigieren?“ Ich frage nicht nach der Freizeit, mit diesem Wort wissen die Kubaner nichts anzufangen.
„Ich lerne die italienische Sprache. Ab Januar deutsch. Dann lese ich sowjetische Literatur und erfülle die Aufgaben, die mir die Frauenföderation im Wohngebiet stellt, führe Lehrgänge durch, bereite Kinder zur Impfung vor, Kleinarbeit verstehen Sie ...“ Siebzehn ist sie. Siebzehn und Lehrerin. Ihre Schüler sind dreizehn, vierzehn, fünfzehn Jahre alt. Man wundert sich nicht darüber. Renés Behauptung stimmt: Respekt und Autorität sind nicht von einem bestimmten Alter abhängig, nur vom Können, vom Wissen, vom Vorbild. Der Direktor sagte: Caridad versteht unsere Notwendigkeiten.
Caridad lernt drei Sprachen. Das ist eine solche Notwendigkeit in Kuba. Sie lernt in jeder „freien“ Minute.
Um mit Kubanern zu sprechen, mussten wir uns manchmal zu zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig Uhr verabreden, dann erst war ihr Arbeitstag beendet, vormittags arbeiten sie in einem Betrieb, nachmittags besuchen sie die Vorlesungen, abends werden Sprachen gelernt.
Noch lange nach Mitternacht brennt das Licht in den Räumen der Universität.

Während der Mittagspause erzählen die Schüler, was sie mit ihrer Freizeit machen: Lehrgänge besuchen in Studienmannschaften lernen, öffentliche Programme (Musik, Tanz, Rezitation) gestalten, Sport treiben, am liebsten natürlich Baseball, das hier Pelota genannt und schon von sechsjährigen Knirpsen gespielt wird. „Wir möchten uns gern mit Schülern aus Ihrer Republik schreiben. Können Sie uns Adressen besorgen?“ Ich verspreche es.

Mittag. Wir sind fünf Stunden in der Schule. Uns knurrt der Magen. Wir haben heute früh in der Cafeteria Bccadites gegessen, eine Art Sandwichs, und würden uns jetzt gern zurückziehen.
Aber das Dienstzimmer des Direktors hat sich schon wieder gefüllt. „Companero Kruschel“, sagt er, „dürfen wir jetzt Fragen stellen?“
„Natürlich, gern, bitte “
Es geht los. Die politische Situation in Deutschland, das Bewusstsein der Jugend, der Aufbau des Schulwesens, Polytechnik, der Mathematiklehrplan, Lehrerausbildung. „Können Sie die Verbindung zu einer Oberschule herstellen?“ Ich verspreche es.
Kleine Schlussansprache des Direktors, dann des Sektionsleiters vom Jugendverband.
Ich erwidere und denke: Ist es üblich, dass nun die Vertreter aller Organisationen zu reden beginnen? Ein ketzerischer und überflüssiger Gedanke. In diesem Sinne, liebe Freunde, hasta la vista ... „Wir laden Sie jetzt zu einem Rundgang ein“, sagt Dr. Sáez Diaz, „die Werkräume müssen Sie noch sehen. Aber überall sind Bauarbeiter, Maler, Tischler, Sie wissen, wir stehen vor der Tricontinental ...“
In den Werkstätten wird Spielzeug hergestellt, Spielzeug ist Mangelware in Kuba. Es gibt Maschinen zur Holz- und Metallbearbeitung, auch schon einige Apparaturen für die Elektrotechnik.
Dann die Lehrkabinette, zwischendurch Einladungen. „Sprechen Sie doch bitte vor der Lehrermannschaft und vor den besten Schülern, wir schicken Ihnen rechtzeitig eine Einladung ins ,Libre‘. Hasta la vista!“
Als wir gehen wollen, sagt jemand: „Die Klasse, in der Sie hospitierten, wartet noch und möchte Ihnen Fragen stellen. Ist es Ihnen recht?“ Aber ja, natürlich.

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