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Wildnis des Herzens oder


Wildnis des Herzens oder

Die Reisen des gelehrten Ritters Rodeger von Serimunt, eines Gesprächsfreundes der Heiligen Elisabeth von Thüringen
1. Auflage

von: Volker Ebersbach

12,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 19.08.2022
ISBN/EAN: 9783965217317
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 2459

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Das ist ein Verhör. Befragt wird der gelehrte Ritter Rodeger von Serimunt, der gerade aus dem Morgenland nach Teutschland zurückgekehrt ist und dort die Landgräfin Elisabeth von Thüringen sucht. Und schon diese Absicht bringt ihn während des ersten Verhörs in Schwierigkeiten:
Lange muss er in der Bischofsburg zu Bamberg warten. Der Bischof befindet sich nicht in seiner Residenz. Ein Mönch befragt Rodeger.
– Ihr nennt Euch Magister Rodeger von Serimunt? Geboren zu Palermo?
– Verzeiht: Zu Messina.
– Und habt die Landgräfin von Thüringen gesucht? Und wusstet nicht einmal, dass sie zum Herrn eingegangen ist?
– Herr! Ich lebte Jahre lang als Gefangener bei den Sarazenen.
– Lernt man dort so frech und gotteslästerlich zu lügen? Nun, die Ketzerei lernt man dort sicherlich. Ein Kreuzfahrer wollt Ihr gewesen sein? Wisset: Wir befinden uns im Ketzerkreuzzug, mitten im Heiligen Römischen Reich! Ihr habt im Reich wohl einen Gewährsmann, der Euch kennt?
Rodeger sucht in seinen Erinnerungen nach einem Menschenantlitz, dem er jetzt trauen könnte. Er sucht lange. Dann sagt er klar: – Ja! Herr Heinrich von Askanien, der Fürst von Anhalt.
Man lässt ihn weiter warten.
– Verfügt Euch auf die Burg Pottenstein über der Püttlach. Reitet aber vorsichtig. Der Kaiser war lange nicht im Land, und Raubgesindel schweift umher. Ihr wünscht einen Begleitschutz? Nein, Herr, das sähe ja aus, als wollten wir einen Ritter gefangen setzen. Habt Ihr denn keinen Knappen?
– Dafür bin ich zu arm.
Sie schicken ihn allein weiter. Doch schon bald sieht sich der Ritter wie ein Bandit gefangengesetzt und mit dem Vorwurf konfrontiert, Schulden gemacht zu haben.
Der Weg stieg an. Der Wald blieb zurück. Aus der Rodung wuchsen Mauern. Die Burg hieß Pottenstein. Das hatte er einem Wortwechsel der Schergen entnommen. Er war ohnehin auf dem Weg hierher gewesen. Warum also diese Gewalt?
– Du bist jetzt hier gefänglich eingezogen, sagte der Burgvogt schon im Tor.
– Ich wäre als freier Mann selbst gekommen, wie mir in Bamberg befohlen wurde.
– Wer sollte das einem wie dir glauben?
Auf Pottenstein residiert der Bischof von Bamberg.
Der Vernehmer, an den der Bischof nun das Wort weitergibt, feixt wie über einen ertappten Sünder: – Warum trübt sich deine Stimme? Davon war ja noch keine Rede. Aber nun gebt Ihr selbst uns einen Anhaltspunkt. Der Beichtvater der Landgräfin, Herr Konrad von Marburg, hat es in einem Schriftstück festgehalten: Ihr, Herr Rodeger von Serimunt, hättet sie zur Unzucht bewegen wollen.
PRAEAMBULUM: Gottesminne
1. Kindertraumwelten
2. Köpfe und Herzen
3. Der Magister
4. Ritterliche Wege
5. Entkommen
6. Die Fremde
7. Burgen
8. Der Pilger
9. Minne und Andacht
10. Das Kreuz
11. Das Rosenwunder
12. Verschollen
POSTLUDIUM: GOTTESGEWISSHEIT
ANHANG: CORPUS SERIMUNTANUM
VERZEICHNIS DER GESTALTEN
Volker Ebersbach ist am 6. September 1942 in Bernburg/Saale geboren und dort aufgewachsen. Nach Abitur und Schlosserlehre studierte er von 1961 bis 1966 Klassische Philologie und Germanistik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. 1967 promovierte er über den römischen Satiriker Titus Petronius. Danach lehrte er Deutsch als Fremdsprache ab 1967 in Leipzig, 1968 in Bagdad, 1971 bis 1974 an der Universität Budapest, wo er auch mit seiner Familie lebte.
Seit 1976 ist er freier Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber. Er schreibt Erzählungen und Romane, Kurzprosa, Gedichte, Essays, Kinderbücher, Biografien und Anekdoten. Er übersetzte aus dem Lateinischen ausgewählte Werke von Catull, Vergil, Ovid, Petronius, das Waltharilied, Janus Pannonius und Jan Kochanowski. Einzelne Werke wurden ins Slowenische und Koreanische übersetzt.
Von 1997 bis 2002 war er Stadtschreiber in Bernburg. Danach lehrte er bis 2004 an der Universität Leipzig.
Die da zurückkehrten, blieben noch ein paar Tage und Nächte. Die Blasebälge wurden wieder in Gang gesetzt, die Feuer der Burgküche flammten heller auf. Einen Ritter nach dem anderen lernte Rodeger kennen. Nur seine Dame Elisabeth sah er nicht. Unter den Bewohnern der Wartburg wie unter deren Gästen herrschte eine so zierliche, vollendete Höflichkeit, dass der irrende Ritter merklich nicht sogleich allen Gebräuchen lückenlos nachkam. Seine eigenen Umgangsformen schienen ihm den Ruinen Konstantinopels zu ähneln. Das machte ihn befangen. Er begann zu glauben, dass er auf ein Zauberschloss geraten war. Hier war zwar keine Klinge gegen ihn geschliffen worden, dessen fühlte er sich sicher. Manche Ritter hatten sich aber seine Haare kräuseln lassen und versuchten die Pracht der winzigen Locken mit duftenden Ölen für ein paar Tage zu bewahren. Sie gaben sich höchst freundlich, gingen aber herum, als hätte der Herrgott ihnen Nasen nur dazu gegeben, um sie besonders hoch zu tragen. Jedes Turnier war ausgefochten, jede Lanze zerspellt. Der Wettstreit der Sänger war verklungen, verhallt Trommel und Fiedel, Harfe und Leier, Schalmeien und Posaunen. Manch einer trug, wenn er sich im Burggarten, in den Höfen oder auf den Zinnen erging, seinen Helm, geschmückt mit einem Vogelkopf, einer Mondsichel oder mit Pfauenfedern, mit Fledermausflügeln, mit einem Vogelkäfig, mit Hörnen, den Fühlern eines Maikäfers ähnlich, oder mit einem roten Drachenkamm. Anders als die adligen Minnesänger sahen die Spielleute, nicht von Rang, ein bisschen schmierig aus, blickten bestechlich drein, buhlten grinsend um die Gunst eines Ritters, sprachen ihn gewöhnlich und derb an, lachten hinter seinem Rücken und trieben, sobald sie eine Münze eingefangen hatten, ihren Spott mit ihm. Herr Heinrich ließ seinen Gefährten lange allein. Er saß bei seiner Braut. Fast im Vorbeigehen hatte er ihm zugeraunt: – Ich habe nicht zur Eile getrieben, ich habe uns sogar absichtlich bummeln lassen. Mir war bange, bei dem Wettstreit würden meine Minnelieder durchfallen; das wäre mir um meiner Braut Irmingard willen sehr peinlich gewesen, und sie hätte die Verse vielleicht durchschaut. Ihretwegen aber konnte ich nicht ganz wegbleiben. Nun ist zum Glück der Wettstreit schon vorüber.
Der Landgraf, ein mittelgroßer Mann mit fein geschnittenen Gesichtszügen und langem, prachtvoll gelocktem braunem Haar, ließ sich nur abends bei der Tafel sehen. Das lodernde Holzfeuer duftete harzig aus dem Kamin. Sein flackernder Schein erhellte die Teppiche an den Wänden mit ihren gewirkten Bildern.
Da tauchte im Saal wie eine hergezauberte Erscheinung ein Sänger auf, den man vorher selten gesehen hatte. Er nannte sich Klingsor von Ungarland und stand mit der Landgräfin auf gutem Fuß. Er sei, erklärte er, ihr Lehrer gewesen. – Inzwischen weiß ich, dass alles, was ihr Herren dem Merlin zuschreibt, auf mich auch zutrifft. Ich wohne in den Wäldern wie Merlin. Ich bin wie er der Unbehauste und brauche kein Haus. Er wohnt wie ich in allem, was Natur ist. Auch ich schlich mich zu den alten heidnischen Göttern, um sie dort zu belauschen, wohin man sie verbannte, in mächtige Eichen und Ulmen, tiefe Schluchten, dunkle Seen, schroffe Felsen, tosende Wasserfälle, auf eisige Firnhöhen. Und wenn Merlin stirbt, ist er wie ich nicht tot. Er schläft nur in den Dingen dieser Welt, nimmt an ihr träumend Anteil, er verwandelt sich, um da und dort noch einmal zu erscheinen, rät uns davon ab, die Welt zu verbessern. Jetzt ist er Klingsor aus Transsilvanien, auch Siebenbürgen genannt, seit König Andreas auch Teutschen dort Land gibt, damit sie es bebauen und ihm Steuern zahlen. Ich bin gebeten worden, Euch zu bezeugen, dass ein Sängerwettstreit schon im Geburtsjahr unserer Landgräfin Frau Elisabeth stattfand. Bei diesem Fest habe ich mir die Ankündigung ihrer Geburt in den Mund legen lassen. Hört sie heute noch einmal:

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