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Stille Wasser sind tief


Stille Wasser sind tief

Der Helenesee und andere Geschichten
1. Auflage

von: Karl-Heinz Schleinitz

5,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 13.07.2021
ISBN/EAN: 9783965214897
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 83

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Der Autor erzählt in seinem Buch vom berühmten wunderschönen, ach so stillen Baggersee Helene, von den Jahren des Entstehens, darin eingeflochten seine recht privaten Jugenderlebnisse. Was für erregende wie bewegende Geschichten und Zusammenhänge! Zum anderen kramt er in Erinnerungen, keine Biografie, und da haben selbst seine heitersten Geschichten immer einen tieferen Sinn. Der Autor nennt sie "Vergissmeinnichts". Wobei er sich nicht scheut, auch intimere Erfahrungen, Ansichten und Bekenntnisse mitzuteilen ...
Ein Vergissmeinnicht mehr von der bitteren Art: wie er mithelfen musste, im Juli 1945 von Rosengarten aus Gleise der Bahnstrecke Frankfurt-Berlin auf die russische Spurbreite umzunageln - damit ein gewisser Stalin in seinem Salonzug ohne umzusteigen von Moskau nach Potsdam zu der historischen Konferenz reisen konnte. Wahnsinn!
Ein Buch zum Nachdenken über damaliges Lebensgefühl.
Doch Lenchen lächelt nur und schweigt
Die Russen
Bekenntnisse. Auch Ratschläge. Allerdings ohne Garantie.
Meine Schwiegermütter
Die blonde Wiege
In Sachen Janina
Lukullisches
Oma Pauline
„Wacht auf, Verheulte dieser Erde!“
Zum Beispiel Candelaria
Die verpasste frühe so schöne Gelegenheit
Kurzer Abriss meiner Vergissmeinnichts
Karl-Heinz Schleinitz wurde am 11. Juli 1921 in Brieskow als Sohn eines Bergmanns und Baggerführers und einer Zeitungsausträgerin geboren. Nach dem Besuch der Volksschule wollte er eigentlich Bildhauer werden. Da seine Eltern ein solches Kunststudium jedoch nicht finanzieren konnten, absolvierte er als Notbehelf eine Lehre als Versicherungskaufmann. Während des Zweiten Weltkrieg war Schleinitz, der bereits als Kind Segelflugmodelle gebaut, 1936 erste Gleitflughüpfer unternommen und 1939 den Luftfahrerschein erworben hatte, Fluglehrer, in den letzten Kriegsmonaten Jagdflieger. Dabei wurde er dreimal abgeschossen. Nach dem Krieg arbeitete Schleinitz als Landarbeiter und als Bergmann, wurde Chefredakteur einer Werkzeitung und baute das Welzower Volkskunstensemble auf. 1952 wurde er Redakteur der von 1945 bis 1955 von der Sowjetarmee in der SBZ herausgegebenen „Täglichen Rundschau“, wo er mit Wolfgang Leonhard, Wolfgang Harich, Stefan Heym und Ingeborg Meyer-Rey zusammenarbeite. Unter Chefredakteur Hermann Axen wurde er 1956 Redakteur des SED-Zentralorgans „Neues Deutschland“. Seit 1962 war Schleinitz, der neben seinen Büchern viele Kurzgeschichten schrieb, für die DEFA arbeitete und Beiträge für Funk und Fernsehen der DDR lieferte, freischaffend tätig. Von ihm stammen mehr als 800 meist mehrteilige Reportagen in großen DDR-Zeitschriften. Schleinitz, der zwei Mal verheiratet war, vier Kinder, fünf Enkel und sechs Urenkel hatte, starb am 9. August 2019 im Alter von 98 Jahren in Berlin. Für sein journalistisches und literarisches Schaffen wurde er 1961 mit dem Literaturpreis des FDGB und 1987 mit dem Vaterländischer Verdienstorden in Bronze geehrt.
Die ersten zwölf Jahre meines Lebens Seite an Seite mit den Großeltern in ihrem winzigen Häuschen. Darin als früheste Kindheitserinnerung an Oma Pauline, es war der brüllend heiße Sommer des Jahres 1925, ich bin man gerade Vier:
Wir sind beim Murmeln, Cousin Hans und ich, Altersunterschied eine Woche, sind es auf dem leicht abschüssigen kleinen Hof zwischen Haus und Ställchen, darin Zicklein und Säulein, auf einmal hören wir es hinter uns sachte pladdern. Verwundert blicken wir uns um und sehen kaum fünf Schritte weit entfernt am Gartenzaun Oma Pauline stehen. Steht etwas breitbeinig da, mit spitzen Fingern die Warbschürze samt darunter befindlicher Kledasche ein wenig vom Bauch weggezogen … und zwischen den Pantoffeln unten rinnt fröhlich ein Bächlein.
Wir glupschen, verwirrt staunend, die Münder weit offen – wo kommt das Wässerchen her? Doch Oma bringt das nicht aus der Ruhe, sie lässt es weiter pladdern. Um am Ende der Wasserfestspiele zu sagen, bin eben besser dran, ihr Schlingel, brauche nicht erst wie ihr nach einem Schniepel zu grapschen …
Sie war stolz auf ihren Fliegerenkel, viele Jahre später. Und trauerte mit ihm, wenn es in seiner Ausbildungszeit mal keinen Sprit gab. Was freilich der dazu nutzte, was sonst tun mit der schönen Zeit, in der Kunsthochschule Stettin einen Abendkurs im Aktzeichnen zu besuchen. Zum ersten Mal sah unsereins Keuschheitsidiot eine nackte Frau – oh Gott, oh Gott! Stolz präsentierte ich, meiner künstlerischen Mission voll bewusst, beim nächsten Kurzurlaub Oma Paulinen meine ersten Kritzeleien in Rötel, liebe diesen warmen Ton noch heute.
Sagt doch Oma Pauline: „Hast ja das schönste am Bauch vergessen, Junge – oder hat die da etwa gar keine Mutzeln?“
Schwer für einen angehenden großen Künstler, einem Dorfweib zu erklären, dass man über solche Haare sprich Mutzeln hinwegsieht, dass es auf das Höhere ankommt. „Also hat sie nun, oder hat sie nicht?“
„Sie hat!“
„Und wenn du die nicht pinselst, erst dann ist es was Höheres? Na ick weeß nicht, Junge, weeß nicht …"
Ihr sehnlichster Wunsch war, mal mit ihrem Enkel durch die Lüfte zu sausen – lande doch mal einfach in den Wiesen oder so, und icke rein und ab heidi!
Wie sehr ich Oma Pauline auch mochte, dieser Wunsch war nicht zu erfüllen. Doch als sie mit dem Tode rang, ließ sie mir schreiben, mein Vater tat‘s: Wenn du es schon nicht geschafft hast, mich mal mitfliegen zu lassen, dann mache wenigstens bei meiner Beerdigung eine Ehrenrunde.
Da ich bereits Fluglehrer war, habe ich ihr diesen Wunsch erfüllt. Und das, obwohl es ein so schwüler Tag mit scheußlich niedrig dahinschleifenden Gewitterwolken von Stettin bis zu meinem Heimatdorf war. Und obwohl ich wusste, dass auf solche Capriolen strenge Strafen bis hin zur Versetzung in Selbstmörderkompanien standen. Eine C 445, eine französische Caudron, zwei fein summende luftgekühlte Renault-Motore, gedacht als Passagiermaschine in Afrika, mit der ich, auf den Sitzen hinten fünf Flugschüler, drei Ehrenrunden über Oma Paulines Beerdigung drehte.

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