Impressum

Ingrid Möller

Das mecklenburgische Reutergeld von 1921

Ein kulturgeschichtliches Kuriosum

 

ISBN 978-3-95655-583-1 (E-Book)

 

Die Druckausgabe erschien erstmals 1994 im Stock & Stein Verlag, Schwerin.

Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta

 

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Vorbemerkung

Nicht eigene Sammlertätigkeit war es, die mich zu diesem Thema hinführte. Vielmehr erbte ich die komplette Sammlung von meinem Pflegevater. Über zwanzig Jahre lag sie im Schubfach, nicht gerade vergessen, aber doch wenig beachtet.

Eines Tages jedoch betrachtete ich die Blätter unter der Lupe und fand, dass es sehr bemerkenswerte grafische Arbeiten sind mit deutlich zu unterscheidenden Künstlerhandschriften. Mehr spielerisch sortierte ich die Blätter nach Stileigenarten und entdeckte dabei auch hin und wieder Signaturen. Es handelte sich ausnahmslos um mecklenburgische Künstler.

Systematisches Literaturstudium begann. Es stellte sich heraus, dass es fast nur Numismatiker waren, die sich mit dem Reutergeld als einer Sondergattung des Notgelds auseinandersetzten und das meist in regionaler Eingrenzung. Allerdings gibt es auch nach Ortschaften sortierte alphabetische Übersichten, bei denen der jeweilige Entwurfszeichner genannt wird. Wie aber die Gestalter sich unterscheiden, das wird nur nebensächlich grob skizziert. Wer diese Künstler waren und worin ihr bevorzugtes Arbeitsfeld bestand, das jedoch scheint in diesem Zusammenhang ohne Interesse zu sein. Und gerade hier war der Ansatzpunkt für mich, Fragen zu stellen.

Der erste Weg führte ins Schweriner Landeshauptarchiv, der zweite ins Staatliche Museum, der dritte ins Stadtarchiv und unzählige weitere Wege zu „Kronzeugen". Wieder einmal erwies es sich als mühsam, Spuren zu finden, die sich verwischt hatten. Manche Frage lässt sich auch jetzt noch nicht beantworten. Trotzdem hat das Gesamtbild Konturen gewonnen.

Die geschichtliche und finanzökonomische Situation, die zur Herausgabe von Notgeld führte

Nachdem am 28. Juni 1914 der österreichische Thronfolger in Sarajevo ermordet worden war und die österreichische Regierung vier Wochen danach Serbien den Krieg erklärt hatte, brach in ganz Europa ein Fieber der Mobilmachung aus. Am ersten August erklärte Deutschland an Russland den Krieg, am dritten August an Frankreich, am vierten an Belgien. Gleichzeitig gründete England die Entente, der sich in den Folgejahren Japan, Italien, Portugal, Rumänien und schließlich auch noch die USA anschlossen.

Einer solchen Übermacht gegenüber wurde der Bevölkerung größter Opfermut abverlangt. „Gold gab ich für Eisen" hieß die Devise. Nicht nur Gold musste abgeliefert werden, auch Buntmetalle. Alles ging in die Rüstung. Kirchenglocken. Kupferdächer. Münzen. Schon bald nach Kriegsausbruch gab die Reichsbank Zink- und Eisenmünzen heraus sowie Darlehenskassenscheine. Planmäßiger geht es zu in der zweiten Notgeldperiode ab 1917, wo Scheine und Münzen künstlerisch gestaltet sind und entweder aktuelle Kriegsbezüge oder Hinweise auf Heimatgeschichte oder Sagenwelt enthalten. In einer dritten Periode vom Oktober 1918 bis März 1919 gibt die Reichsbank sogenannte „Großscheine" bis zu 100 Mark heraus.

Inzwischen aber war die Niederlage Deutschlands total, nicht nur an den Fronten, sondern auch von innen heraus. Arbeiter- und Soldatenräte riefen die Republik aus. Am 9. November 1918 wurde der Kaiser zum Rücktritt gezwungen. Ebert wurde Reichskanzler.

Analog dazu wurden auch die Fürsten abgesetzt.

Am 11. November unterzeichnete die neue Regierung den Waffenstillstandsvertrag. Der Versailler Vertrag - ein Jahr später - erzwang große Gebietsabtretungen und ungeheure Tributzahlungen in Waren und Geld. Die „Reparationsschuld" Deutschlands belief sich auf 132 Milliarden Goldmark, die durch Verzinsung auf 287 Milliarden anwachsen mussten. Und diese Summe ist fast so hoch, wie das Gesamtvermögen Deutschlands vor dem Kriege geschätzt wurde. Obgleich der Staat die direkten und indirekten Steuern erhöhte, war es unmöglich, den Forderungen nachzukommen. Um ihren Rechten Nachdruck zu verleihen, besetzten die Franzosen 1920 zeitweise Frankfurt am Main und 1921 Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort. Mecklenburg war selbstverständlich von diesen allgemeinen Entwicklungen nicht weniger berührt. Die Not war groß. Streiks und Demonstrationen gab es schon in den letzten Kriegsjahren. Der Großherzog Friedrich Franz IV. dankte am 14. November 1918 ab. Während des Kappputsches kam es am 15. März 1920 zu einer Straßenschlacht in Schwerin zwischen Arsenal und Hauptpostamt, wo eine Gedenktafel an die 15 Toten erinnert.

Wer aufmerksam durch Schwerins Straßen geht, findet Hausinschriften, die Zeugnis ablegen von der wachsenden Mutlosigkeit. „Nicht verzagen, weiter wagen!" heißt es noch 1920.

„Wir sind im Dalas, das ist wahr, verkauft mit Haut und Haar" am 11. Mai 1921. „Sechs Mark zwanzig kost' der Stein. Jetzt lass ich das Bauen sein." Unmut richtet sich gegen Behörden: „Gott schütz' dies Haus vor Blitz und Brand, vor Wohnungsamt und Bubenhand."

In dieser Zeit allgemeiner Verunsicherung hatte sich das Friedensnotgeld „allmählich zu einem Unfug und zu einer Landplage ausgewachsen, die zum Himmel schreit". So jedenfalls charakterisiert Gustav Prange als Mitglied des Deutschen Notgeldsammler-Bundes die Situation und führt aus: „Jeder, der will, gibt so viel Notgeld heraus, als er für gut befindet, ganz gleich ob eine Millionenstadt oder ein Dorf von 400 Einwohnern, ob ein Unternehmen der Großindustrie, eine Klosettpapierfabrik (Gutscheine in vier Wertstufen!) oder sonst ein findiger Kolonialwarenhändler oder Gastwirt. Dazu jagt eine Ausgabe die andere. Alle möglichen Jubiläen und sonstigen Ereignisse müssen dazu herhalten, und all dieses Notgeld ist, wie die Offertbriefe (!) vieler Ausgabestellen an die Sammler besagen, nur ,unter dem unabweisbaren Zwange der Not‘ entstanden. Obenzu vergrößern die Druckanstalten den Unfug, indem sie willkürliche Unterschiede auf den Scheinen schaffen (große und kleine Ziffern, mit und ohne Stern, Serienangaben, verschiedenartiges Papier, andere Farbabtönungen usw.) ..." (Der Zeitungsartikel liegt in den Akten des Landeshauptarchivs. Die Zitate und Informationen sind den Akten des Finanzministeriums Bund I betr. die Ausgabe von Notgeld (49) und Bund II Erlaubnis und Ablehnung für div. Orte aus den Jahren 1916-21 entnommen.)

Durchblättert man die Akten im Landeshauptarchiv Schwerin, so wird der Zorn des Sammlers verständlich. Verzweifelt kämpfen die Beamten des Mecklenburgischen Finanzministeriums gegen so viel unerlaubten Wildwuchs. Immer wieder kommt ihnen zu Ohren, dass ungenehmigte Serien in Umlauf sind oder die Auflagenhöhe überschritten wurde. Die Bürgermeister werden mit Strafverfolgung bedroht. Die aber reden sich raus: sie hielten sich für berechtigt, da der Druck solcher Scheine zur Selbstverwaltung gehöre und weniger Geldschein sei als vielmehr Gegenstand einer besonderen Sammlerleidenschaft. Nachträgliche Genehmigungen werden nicht erteilt. Vermahnungen nachdrücklich gegeben an Kleinstädte wie Goldberg, Grevesmühlen, Grabow, Crivitz. Der Sternberger Bürgermeister Max Kaupisch soll 100 000 Mark Strafe zahlen. Ständig wird das Reichsgesetzblatt zitiert und immer wieder ergeht die Bekanntmachung, dass ungenehmigter Notgelddruck verboten und strafbar sei.

Ob genehmigt oder nicht - es war „die emissionsfreudigste Notgeldperiode in der bisherigen Geldgeschichte" (Klaus Schreyer).

Zur Rechtfertigung der Schwarzdrucke muss allerdings auch gesagt werden, dass offenbar ein wirklicher Mangel an Kleingeld bestand und dass jahrelang viele Anträge abschlägig entschieden wurden. Besonders eindringlich weisen die Fokker-Flugzeugwerke bereits 1917 darauf hin, dass sie sich außerstande sehen, die Löhne auszuzahlen. Das Finanzministerium sträubt sich lange.

Zu welchen Querelen das leidige Notgeld führte, zeigt ein Bericht vom 13. Februar 1919. Beim Verbrennen von 3 Millionen Mark Notgeld am 7. Februar „in der Heizungsanlage des Regierungsgebäudes ist es trotz Anwendung großer Vorsicht und Sorgfalt vorgekommen, dass mehrere Scheine nur teilweise angebrannt aus dem Schornstein geflogen sind. Einige Kinder haben versucht, solche Scheine bei den Banken und bei der Renterei zum Ersatz einzureichen".

Na so was! Und dann diese Sammler! Da gibt es doch ganze Listen über nicht zurückgegebene Scheine.

Eine Übersicht verdeutlicht, wie schnell die in Umlauf befindliche Geldmenge zunimmt:

1914 sind 8,703 Milliarden Mark in Papiergeld in Umlauf,

1920: 81,6 Milliarden Mark in Papiergeld in Umlauf,

1921: 122,9 Milliarden Mark in Papiergeld in Umlauf,

1922: 1295,2 Milliarden Mark in Papiergeld in Umlauf. (Die Zahlen sind dem Buch von Heinz Joswig, Das Geld, Leipzig, Jena, Berlin 1968 entnommen (S. 100 f.))

Während sich die Geldmenge zunächst etwa in sechs Jahren verzehnfacht, ist es zwischen 1921 und 1922 nur noch ein Jahr. Noch ein Jahr später - 1923 - kommt jene Kostenexplosion, das Rechnen in astronomischen Summen von Billionen und Billiarden, die im Volksmund als „eigentliche Inflation" gilt.

Das Reutergeld, um das es hier geht, ist jedoch eine Erfindung des Jahres 1921. Wie damals die Stimmung war, lässt sich anhand der Tageszeitungen erahnen.

Das Jahr 1921 im Spiegel der „Mecklenburgischen Zeitung"

Die erste Ausgabe vom 3. Januar beginnt mit einem Leitartikel von Erwin Steinitzer, in dem die gescheiterten Hoffnungen des Vorjahres benannt und kommentiert werden:

„Die großen Welthandelsmächte, die siegreichen europäischen Länder und auch die meisten Neutralen hatten mit zuversichtlicher Hoffnung das Jahr 1920 begonnen. 1919 war noch eine Periode der Kriegsnachwehen, des Übergangs, der Rückbildung und Umgestaltung gewesen; das zweite Jahr nach der deutschen Katastrophe sollte einen tüchtigen Fortschritt in der Richtung zum Normalen bringen. War nicht die Welt entblößt und hungrig nach Waren aller Art? War nicht dort, wo der Krieg gewütet hatte, die Produktionsfähigkeit gründlich zerstört, sodass die Länder, die ihre produktiven Anlagen in Ordnung hatten oder rasch in Ordnung bringen konnten, über einen beträchtlichen Vorsprung verfügten. War nicht durch die raffinierte Brutalität des Versailler Vertrags Deutschlands Wettbewerb - der gefährlichste der Vorkriegszeit - ausgeschaltet? Das hatte freilich zur Folge, dass Deutschland auch als Abnehmer versagen musste.

Die ersten Monate des Jahres schienen diese Erwartungen zu erfüllen. Mitteleuropa war ein Trümmerhaufen und Osteuropa eine unzugängliche Wüste ..." Doch die Rechnung ging nicht auf, denn: „Es gab plötzlich zu viel Nahrungsmittel und Rohstoffe in der Welt. Nicht zu viel für den wirklichen Bedarf; denn Millionen von Menschen hungern, haben kein Bett, kein Hemd, kein ganzes Kleidungsstück. Aber diese Millionen Menschen sind leider - vom Weltmarktstandpunkt gesehen - durchaus zahlungsunfähig. Es gibt keine Einrichtung, die dem nordamerikanischen Farmer für die zahlungsunfähigen Hungrigen sein Getreide und für die zahlungsunfähigen Frierenden seine Baumwolle abkauft. Hätten wir eine solche Einrichtung, so wäre auch bei günstigeren Ernten von allem zu wenig da. Da sie fehlt, ist es zu viel. Folge: allgemeine Rohstoffabsatzkrise mit entsprechenden Preissenkungen. Weitere Folge: industrielle Absatzkrise in allen Ländern, in deren Gesamtwirtschaft die agrare Erzeugung eine hervorragende Rolle spielt ... Was tun? Die Zahlungsunfähigen zahlungsfähig machen, die Lebensmittel und Rohstoffe denen geben, die sie dringend brauchen, aber nicht kaufen können? Die Sache ist schwierig, denn in der kapitalistischen Wirtschaft wird nichts verschenkt. Höchstens kreditiert. Wir sind in einer Ära der Kreditpläne ...

Wir leben auf einer Insel, die freilich keine ,Insel der Seligen' ist ... Unsere Wirtschaft und unsere Preise ‚reguliert' die Notenpresse. Und die einzige Störung dieser Regulierung, vor der man sich bei uns fürchtet, ist eine Besserung der Valuta."...

Es überrascht der globale Aspekt dieser Analyse, und es bedrückt gleichzeitig, wie hochaktuell die Grundprobleme noch immer sind! Viele Überschriften in diesem Jahrgang könnten der heutigen Presse entnommen sein. Da ist die Rede von Gewalttaten, Ladendiebstählen, Schiebungen mit „Heeresgut", Umsatzrückgang durch gesunkene Kaufkraft, Defizitwirtschaft der Eisenbahn, Erhöhung der Beamtenbesoldung, zunehmender Arbeitslosigkeit, „Erwerbslosen-Tumult im Landtag", „Defizit der Reichspost", „Die Steuerschraube wird noch mehr angezogen", „Erhöhung der Eisenbahntarife". Auch chauvinistische Töne fehlen nicht (,Soll die deutsche Bühne fremdländische Werke zur Darstellung bringen?'). Trotz des verlorenen Krieges und der hohen Reparationskosten werden Engländer und Franzosen in dicken Leitartikeln heftig beschimpft, als ob so eine „Minderung der Kriegslasten" zu erreichen sei.

Eine Regierungskrise hatte schon am 12. Januar zum Rücktritt der mecklenburgischen Regierung geführt. Im März war es schon wieder so weit. Die Wahlpropaganda rührt die Werbetrommel: „Wir sind in Gefahr! Da können nicht Unfertige, Worthelden, Lauthälse und Unvermögende das Steuer führen. Wer in Mecklenburg Ordnung schaffen will, wählt morgen diejenigen Parteien, die den Wiederaufbau vollbringen können, die in der Lage sind, ein Wiederaufbau-Ministerium zu stellen. Nicht Schlagworte, nur Taten können uns vorwärts bringen."

In den Wahllisten stehen Deuschnationale und Deutsche Volkspartei an der Spitze; die Mehrheit aber bekommen die Sozialdemokraten. Nein, dieser März 1921 ist kein ruhiger Frühlingsmonat. Er ist voller Turbulenzen. „Deutschland unter der Folter. Die drei Städte besetzt" (im Rheinland), „Verbot der Selbstschutzorganisationen", „Rostocker Bank erhöht Dividende von 4-5 % auf 6 %", „Abstimmung in Oberschlesien für Deutschland - Polen greifen zu den Waffen" ...

Und doch gibt es in dieser Zeit auch Träume, hochstrebende Träume! Man traut seinen Augen nicht: Am 31. März erscheint ein ausführlicher Bericht über eine geheim geführte Stadtverordnetensitzung, in der das „100-Millionen-Projekt eines Schweriner Rathauses" beraten wurde. Ein 16-geschossiges Hochhaus sollte inmitten des Pfaffenteichs errichtet werden, kuppelbekrönt! Ein Bau, neben dem Dom und Schelfkirche wie Zwerge wirken - jedenfalls in der abgebildeten Entwurfszeichnung des Architekten Hans Stoffers. Gewiss scheiterte dieses „größte Projekt, das jemals die Stadt Schwerin beschäftigte," nicht nur an dem Einspruch des Fährmanns, der dadurch sein Brot verloren hätte. Es war ein - wenn auch gigantischer - Aprilscherz! Ein anderer Plan, weniger spektakulär, aber nicht weniger originell, reifte etwa gleichzeitig heran und lag am 3. März fertig auf dem Tisch: der Plan zur Herausgabe der Reutergeldserie. (Und die war kein Aprilscherz!)

Die Vorgeschichte des Reutergeldes, das eigentlich kein Geld war

Die Überleitung von der „Mecklenburgischen Zeitung" zum Reutergeld ergibt sich fast nahtlos. Beide Druckerzeugnisse nämlich wurden im gleichen Haus geplant und hergestellt, in der Bärensprungschen Hof-Buchdruckerei in der Arsenalstraße 12. (Das Gebäude steht noch). (Über die Geschichte der Bärensprungschen Hofbuchdruckerei siehe Jürgen Borchert, 150 Schweriner, Schwerin 1992 S. 14-15)

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Die Bärensprungsche Hof-Buchdruckerei in Schwerin, wo das Reutergeld gedruckt wurde (Foto: Volkskundemuseum Schwerin)

 

Es war der Prokurist Max Reinhold Wust, der einen Vorschlag machte, der wirklich als pfiffig bezeichnet werden kann: Möglichst alle mecklenburgischen Städte und Badeorte sollten eine Notgeldserie herausgeben, einheitlich in den Formaten, den Werten, in der grundsätzlichen Gestaltung und dadurch, dass auf den Rückseiten ein Zitat Fritz Reuters angebracht sei. Die Entwürfe sollten einheimische Künstler übernehmen, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Motive eine Werbung für Mecklenburg sein sollten. Denn: nur 3 % sei als Geld in Umlauf zu bringen, während 97 % von vornherein als Sammelobjekt hergestellt werden. Seine Argumente: Dieses Druckerzeugnis sei „ein Mittel zur Linderung der Arbeitslosennot", „eine Beschäftigungsmöglichkeit für Zeichner, Ätzer und Drucker" und zusätzlich eine Fremdenverkehrsreklame, weil der Erlös dem Verkehrsverband zugutekommen solle. Vorgesehen waren 10-, 25- und 50-Pfennig-Scheine für zunächst 61 Orte, aus denen dann 70 wurden.

Der Plan hatte viel für sich. Das Finanzministerium stimmte zu. Einzelheiten wurden ausgehandelt. Zunächst wurde eine Reutergeldgesellschaft gebildet. Außer Wust selbst gehörten ihr an: der Schweriner Oberbürgermeister Weltzin, der Direktor des Verkehrsvereins Siegmann (Rostock), der Direktor des Schweriner Landesmuseums Dr. Walter Josephi und sein Kollege Dr. Reifferscheid als Kunstsachverständige.

Die Höhe der Auflage wurde auf 50 000 festgelegt. Die vollständige Serie sollte 70x3 = 210 Scheine, beidseitig bedruckt, also 420 Entwürfe umfassen. Grundsätzlich sollten die Aufträge nur an in Mecklenburg ansässige Künstler vergeben werden, und alle Entwürfe sollten - nach Prüfung durch die Kommission - dem Finanzministerium vorgelegt werden.

(Die Akten über diese Festlegungen liegen im Landeshauptarchiv.)

Was Fritz Reuter damit zu tun hat

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Fritz Reuter, Ölgemälde von Theodor Schloepke, 1866 (Literaturmuseum „Fritz Reuter" Stavenhagen)

 

Wenn Hans-Joachim Griephan behauptet hat, das mecklenburgische Reutergeld zähle „zu den größten Ehrungen für Fritz Reuter außerhalb des Literaturbetriebs",so ist dem durchaus zuzustimmen. Sicher hätte es dem berühmtesten mecklenburgischen Schriftsteller gefallen, dass Zitate aus seinen Werken auf diese Weise zusätzliche Verbreitung fanden, hätte er in unserem Jahrhundert gelebt.

Die Idee, diese Zitate als einendes Band zu benutzen, spricht dafür, wie lebendig sein Erbe fünfundvierzig Jahre nach seinem Tod war, wie anwendbar seine Lebensweisheiten trotz des zeitlichen Abstands. Zitate, die ja immer aus dem Zusammenhang gerissen sind, geben nur dann einen Sinn, wenn sie Verallgemeinerungen darstellen, wenn sie in sich abgerundet sind oder wenn sie auf allgemein Bekanntes Bezug nehmen. So verwundert es nicht, dass es die populärsten Werke Reuters sind, denen sie entstammen. Voran stehen die „Läuschen un Rimels", die Reuter im November 1853 im Selbstverlag herausgebracht hat und die sofort reißenden Absatz fanden. Bräsig und Hawermann aus „Ut mine Stromtid" begegnen uns auch im Bilde wieder, und das allbekannte Eikbom-Lied ist „Hanne Nüte" entnommen ...

Es wäre kein Nachteil, wenn die Beschäftigung mit dem Reutergeld die Leser veranlassen würde, sich Reuters Werke einmal wieder hervorzuholen!