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Heiner Rank

Psychoosmose und Schöne Bella

Zwei Science-Fiction-Erzählungen

 

ISBN 978-3-95655-410-0 (E-Book)

 

Die Druckausgabe von „Schöne Bella“ erschien erstmals 1981 im Verlag Das Neue Berlin, „Psychoosmose“ erschien erstmals 1985 im Verlag Neues Leben, Berlin.

 

Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta
 

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Schöne Bella

Von See wehte eine leichte Brise. Kein Wölkchen zeigte sich am Himmel. Ich hatte dienstfrei, lag auf der Dachterrasse in der Sonne und dachte an Bella.

Bella war die wunderbarste Frau der Welt. Im Sommer vor zwei Jahren hatte ich sie kennengelernt, in einem Kaufhaus, als ihr ein Beutel Apfelsinen gerissen war. Ich hatte geholfen, die Früchte aufzulesen, und dabei hatten wir uns tief in die Augen geschaut. Ein paar Tage später war sie bei mir eingezogen.

Von Tag zu Tag liebte ich sie mehr. Zu Anfang war es ihre Schönheit, ihre natürliche Sinnlichkeit, die mich bezaubert hatten. Dann entdeckte ich, dass sie Verstand und Geschmack besaß und dass es kaum einen Mann gab, der sich der Wirkung ihrer Persönlichkeit entziehen konnte. Erstaunlicherweise schien sie es gar nicht zu bemerken, jedenfalls machte sie nicht den geringsten Versuch, mich mit der zahlreichen Konkurrenz unter Druck zu setzen. Diese Haltung war mir neu. Sie verwirrte mich. Ich suchte den Trick, der dahintersteckte. Endlich begriff ich, dass es keinen Trick gab. Dass Bella es gar nicht nötig hatte, die üblichen Mittel der weiblichen Selbstbehauptung auszuspielen.

Der Wind begann aufzufrischen, auf der Terrasse wurde es kühl. Ich ging ins Bad, duschte und zog mich an. Ich stellte Sonnenöl und Hautcreme in den Toilettenschrank und hängte das Badetuch zum Trocknen auf.

Ein fremdartiger Geruch geriet mir in die Nase. Er war nicht unangenehm, ein wenig streng vielleicht, animalisch-sinnlich, mit einer kleinen süßlichen Beimischung. Ich versuchte festzustellen, woher er kam, konnte aber den Ursprung nicht entdecken. Es war ein ganz eigentümlicher, mir völlig unbekannter Geruch. Ich nahm mir vor, Bella danach zu fragen, wenn sie nach Hause kam.

Aus der Kühlbar holte ich mir ein Bier, setzte mich vor den Fernseher. Gitarren und hüftenschwingende Hawaiimädchen. Gerade als ich anfing, mich ernstlich zu langweilen, hörte ich Bellas Schritte im Flur.

Ich lief ihr entgegen. Wir fielen uns in die Arme. Wie immer brachte mich die Berührung mit ihr um den Verstand. Ich hatte nur den einen Wunsch, sie auf die Arme zu nehmen und ins Bett zu tragen.

Sie ließ es nicht dazu kommen. „Genug geküsst“, sagte sie, schob mich sanft von sich, warf Hut und Handschuhe auf die Garderobe und wickelte ein in Seidenpapier gehülltes Päckchen aus.

Eine Orchideenrispe. Es waren etwa zwanzig goldbraune Blüten, am Rande und im Kelch weiß gefleckt. Ich konnte Orchideen nicht leiden. Ich hasste sie geradezu, wenn sie von Skiff kamen.

Skiff war Bellas Chef. Alle Welt hielt ihn für eine Zierde der Wissenschaft. Vor einigen Jahren war es ihm gelungen, aus einer lebenden Sumpfschnepfe durch gezielte Manipulationen ihres genetischen Bauplans einen Ochsenfrosch zu machen. Er hatte dafür den Nobelpreis bekommen und schwebte seitdem über den Wolken. Seine Beziehungen reichten bis in die höchsten Kreise. Man hatte sein Institut in eine Festung verwandelt. Geld spielte keine Rolle.

Was mich betraf, so konnte ich Bellas Bewunderung für diese „epochale Leistung“ nicht recht teilen. Mir wurde ein wenig unheimlich bei dem Gedanken, wohin seine genetischen Etüden eines Tages führen könnten.

Bella hatte die Orchideen in eine Vase gestellt.

„Komm“, sagte sie, „machen wir uns was zu trinken.“

Ich folgte ihr widerstrebend. Meine gute Laune hatte sich verflüchtigt.

Bella mixte zwei Gläser Dupont mit Eis und Mineralwasser. Wir setzten uns auf die Terrasse. Ich stellte das Glas neben meinen Sessel und starrte hinaus auf den wogenden Atlantik.

Bella wandte sich zu mir und suchte meinen Blick. „Was ist denn?“

Ich rümpfte die Nase.

„Sprich über deine Sorgen.“

„Du lässt dir von Skiff Blumen schenken. Schon zum dritten Mal.“

„Du weißt, er züchtet sie selbst. Ich kann sie nicht ablehnen, ohne ihn zu kränken.“

„Er stellt dir nach. Oder willst du mir erzählen, du hättest es nicht bemerkt?“