Impressum

Wolf Spillner

Schmetterlinge

 

ISBN 978-3-95655-348-6 (E-Book)

 

Die Druckausgabe erschien erstmals 1989 bei
Der Kinderbuchverlag Berlin

 

Fotos: Wolf Spillner

 

© 2015 EDITION digital®
Pekrul & Sohn GbR
Godern
Alte Dorfstraße 2 b
19065 Pinnow
Tel.: 03860-505 788
E-Mail: verlag@edition-digital.com
Internet: http://www.ddrautoren.de

Ein kleines Vorwort

Bild

Zu den schnellsten und ausdauerndsten Fliegern unter den Faltern zählen die einheimischen Schwärmer, wie dieser Ligusterschwärmer. Er fliegt im Juni und Juli. Seine Raupen leben von Blättern des Flieders, an Schneeball, Esche und Schneebeere

 

Was ein Schmetterling ist, meint jeder von uns zu wissen. Schon im Kindergarten malen wir Falter mit großen bunten Flügeln. Wenn wir in blumenreichen Gärten oder über Sommerwiesen und am Waldrand Schmetterlinge gaukeln sehen, werden diese Bilder bestätigt.

Schmetterlinge sind für uns meist nur die bunten Tagpfauenaugen, die gelben Zitronenfalter, die hellen Weißlinge oder andere farbschöne Tagfalter im Sonnenschein. Flattert uns jedoch ein kleines, unscheinbar braungraues Tier im Haus oder gar aus dem Kleiderschrank entgegen, dann heißt es meist entsetzt: Das ist eine Motte! Eine Motte aber will schon nicht mehr so recht in unsere Bildvorstellung von Schmetterlingen passen. Noch weniger wollen wir an Falter glauben, wenn sich am Abend oder in der Nacht dick bepelzte und behaarte Fluginsekten vor der Fensterscheibe versammeln oder burrend und schwirrend im hellen Licht um die Straßenlaternen kreisen. Doch viele dieser seltsam anmutenden fliegenden »Geister der Nacht« gehören auch in die große Ordnung der Schmetterlinge. Wir brauchen nur genau zu beobachten, dann merken wir bald, dass sie gemeinsame Merkmale haben, die sie deutlich von anderen Insekten unterscheiden.

Insekten haben im Verlauf der Entwicklung von allen Lebewesen die größte Artenfülle erreicht. Wir kennen schon rund 1 000 000 verschiedene Arten. Gut ein Drittel davon zählt zur Ordnung der Käfer. Die zweitgrößte Ordnung des Tierreiches aber bilden die Schmetterlinge mit schätzungsweise 150 000 Arten. Wie viele es wirklich sind, wissen nicht einmal die Fachleute ganz genau, denn noch werden ständig neue Arten entdeckt. In dieser nahezu unüberschaubaren Fülle gibt es Riesen mit einer Flügelspannweite von 30 Zentimetern, wie die südamerikanische Graue Rieseneule. Sie ähnelt im Flug einer Fledermaus. Winzlinge, zum Beispiel unsere heimischen Zwergmotten, dagegen breiten ihre feinen Flügel nur ein paar Millimeter weit aus.

Wir kennen aber auch flügellose Schmetterlinge, beispielsweise die Weibchen der Sackspinner und des Frostspanners. Andererseits gibt es Wanderfalter mit erstaunlichen Flugleistungen. Der Monarch, ein Tagfalter des amerikanischen Kontinents, fliegt im Herbst wie ein Zugvogel von Kanada bis nach Mexiko. Hervorragende Flieger sind auch die Schmetterlinge aus der Familie der Schwärmer. Schmale Flügel tragen ihre dicken, spindelförmigen Leiber schneller durch die Nacht, als Autos innerhalb von Ortschaften fahren dürfen! Sie erreichen Fluggeschwindigkeiten von mehr als 50 Kilometern in der Stunde. Der Totenkopfschwärmer wandert vom Mittelmeergebiet bis nach England.

Falter leben rund um die Erde bis zu den arktischen und antarktischen Regionen. Die meisten Arten sind in den Tropen und in den Subtropen zu Hause. Dort gibt es die schönsten und größten Schmetterlinge. Aber auch in Mitteleuropa sind mehr als 3 000 verschiedene Falterarten anzutreffen. Manche können mit ihren Verwandten aus den warmen Ländern an Schönheit wetteifern, wie Schillerfalter, Bären und Ordensbänder. Es wäre jedoch falsch, Schmetterlinge allein nach ihrer Schönheit zu beurteilen. Viel interessanter ist ihr Leben. Davon will dieses Buch einiges berichten.

Bild

Blutströpfchen werden diese Falter aus der Familie der Widderchen genannt. Das Foto zeigt deutlich, dass auch bei ihnen die Farben der Vorderflügel sich jeweils mit dem einfallenden Licht verändern. Vögel fressen diese auffällig gefärbten Falter nicht

Schuppen auf den Flügeln

Bild

Unter dem dichten Pelz aus Haaren und Schuppen bleibt die kennzeichnende Dreiteilung des Insektenkörpers bei Schmetterlingen häufig verborgen. Dies ist ein Weibchen des Mittleren Weinschwärmers

 

Niemand wird bestreiten, dass Schmetterlinge Insekten sind. Aber es ist gar nicht so einfach, bei ihnen die wesentlichsten Merkmale eines Insekts, nämlich den dreigeteilten gekerbten Körper und die drei Beinpaare, klar zu erkennen. Andere Insektenordnungen, wie Hautflügler oder Libellen, zeigen die typische Gliederung der Kerbtiere in Kopfkapsel, Bruststück und Hinterleib viel deutlicher. Bei den Faltern bleibt sie unter einem dichten Pelz von Haaren und feinen Schuppen zunächst verborgen. So gleichen die Schmetterlingsleiber einer mehr oder weniger schlanken Walze oder Spindel, die am vorderen Ende ein Fühlerpaar trägt und zu einem großen Teil durch die Flügel bedeckt wird.

Schmetterlingssammlungen und auch die Abbildungen in vielen Falterbüchern zeigen uns die Tiere immer mit ausgebreiteten Flügeln. So lassen sich ihre schlanken oder plumpen behaarten Leiber sehr gut erkennen. Wir sehen auch deutlich, dass sie zwei Flügelpaare tragen. Aber lebende Schmetterlinge weisen ihre Flügelflächen recht selten so ausgebreitet vor! Meist sind sie über dem Rücken zusammengeklappt, dass wir nur ihre tarnfarbenen Unterseiten sehen, oder sie werden flach über dem Hinterleib zusammengeschoben.

Falter haben höchst unterschiedliche Flügelformen. Wir finden bei ihnen schlanke und breite Tragflächen, feingestrahlte Federflügelchen und große Segelflächen, die zudem noch schwanzartige Fortsätze tragen können. Ob diese Flügel nun aber groß oder klein, strahlend farbig oder sehr unscheinbar sind, sie haben ein gemeinsames Merkmal: Sie tragen Schuppen auf den Flügeln! Deshalb wurde die Ordnung der Schmetterlinge nach diesem untrüglichen Kennzeichen benannt. Ihr wissenschaftlicher Name Lepidoptera heißt zu deutsch Schuppenflügler.

Der Schmetterlingskörper wird außen, wie bei allen anderen Insekten auch, von einer starren Hülle gestützt, die wie eine Ritterrüstung gebaut ist. Dieser Insektenpanzer kann sich weder dehnen noch wachsen. Alle beweglichen Teile, die Fühler, die Beine und Flügel, sind mit der Außenhaut durch Gelenke und Scharniere verbunden. Sie werden von innen durch Muskeln bewegt.

Die Haut besteht vor allem aus Chitin. Auch die Flügel der Schmetterlinge sind nichts anderes als hauchfeine zweischichtige Ausstülpungen der Außenhaut. Doch diese scheinbar empfindlichen dünnen Gebilde sind sehr widerstandsfähig. Um den Faltern das Fliegen zu ermöglichen und dem Druck des Windes zu widerstehen, sind sie versteift. Ein Netz von Adern durchzieht jeden Flügel und gibt ihm Festigkeit. Bei hellen Faltern, wie den Weißlingen, kann man diese Verstrebungen der Schmetterlingsflügel besonders deutlich erkennen. Mit unseren Adern lassen sich die Flügeladern der Schmetterlinge allerdings nicht vergleichen. Sie sind lediglich ein Netzwerk, das der Festigkeit dient.

Bild

Der Hornissenschwärmer ähnelt täuschend einer großen Faltenwespe

 

Ohne Schuppen wären Falterflügel durchsichtig. Das zeigen uns einige Schmetterlinge, die Glasflügler genannt werden, deutlich. Während ihre Hinterflügel glasklar sind, tragen die Vorderflüge! nur wenige farbige Schuppen. Zudem ist ihr Leib meist schwarz und gelb oder rötlich geringelt. Die größte heimische Glasflüglerart sieht einer Hornisse täuschend ähnlich. Deshalb wird dieser Falter Hornissenschwärmer genannt. Der Name führt jedoch gleich doppelt in die Irre. Denn erstens ist der Schmetterling nicht mit Hornissen verwandt, zweitens gehört er nicht zu der Familie der Schwärmer, sondern zur Familie der Glasflügler. Die wenigen Flügelschuppen beweisen ebenso, dass er ein echter Schmetterling ist, wie seine Entwicklung es zeigt. Seine Raupen leben nämlich in den Wurzeln von Pappeln und Weiden, um sich nach 2 Jahren zu verpuppen. Dann erst schlüpft der Falter mit den scheinbar gläsernen Flügeln.

Bild

Wie ein wundervoller, farbiger Teppich — die Flügelschuppen eines Tagpfauenauges

 

Viel bekannter sind die Schmetterlinge, die zu den Familien der Edel- und der Augenfalter gehören. Sie alle flattern und fliegen im Sonnenschein und zeigen ihre beschuppten Flügel in den unterschiedlichsten Farben. Wenn wir solch einen Falterflügel mit einer stark vergrößernden Lupe betrachten, erkennen wir, dass er völlig mit winzigen Schuppen bedeckt ist. Schuppen sind ihrem Ursprung nach abgeplattete, umgebildete Haare! Wie die Ziegel eines Daches liegen sie in Reihen hauchfein so übereinander, dass jede Reihe von der nächsten überlappt wird. Große Flügelschuppen können beinahe einen halben Millimeter lang sein, andere sind viel kleiner. Es gibt unterschiedliche Arten von Schuppen. Deckschuppen beispielsweise geben dem Flügel und großen Teilen des Körpers die Farbe, Tiefenschuppen sind farblos. Eine Schuppe erscheint zunächst nur wie ein kleines, oftmals sehr farbiges Plättchen, das sich nach hinten verbreitert und zackig ausläuft. Das Plättchen ist jedoch ein mit winzigen Stützbalken ausgesteifter Hohlkörper mit einer rippen- und wellenförmigen Oberfläche. Jede Schuppe ist mit einem Stielchen und einer Art Haltering am Flügel befestigt.