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Wolf Spillner

Die Baumräuber

Warum muss ich ein Held sein?

 

ISBN 978-3-95655-336-3 (E-Book)

 

Die Druckausgabe erschien erstmals 1982 bei
Der Kinderbuchverlag Berlin

Umschlaggestaltung: Ernst Franta

 

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Die Baumräuber

Vor Zeiten lebten ein Mann und eine Frau am Rande eines wilden, tiefen Waldes. Dort hatten sie ein Sonnenblumenfeld und einen kleinen Acker. Darauf wuchs das Korn für ihr Brot, und um ihre Hütte liefen elf goldfarbene Hühner und ein Hahn.

Der Mann war ziemlich klein. Seine Frau hingegen war groß und dick. Der kleine Mann liebte seine Frau sehr. Sie konnte so gut kochen und braten. Deshalb war er ein Jäger geworden. Er besaß eine lange Flinte und war im weiten Land als trefflicher Schütze berühmt. Weder vor Wölfen noch vor Bären, die in dem tiefen Walde hausten, fürchtete er sich. Die Fleischtöpfe in seiner Hütte wurden nie leer, und seine große Frau konnte dicker und dicker werden. Am liebsten kochte sie Suppen. Sie verstand sich auf Hirschsuppe und Rehsuppe, auf Auerhuhnsuppe und auf Waldschnepfensuppe. Sie hätte gern einmal Löwensuppe gekocht. Aber Löwen gab es in ihrem Walde nicht.

Eines Tages bereitete die Frau eine Suppe aus Bärentatzen. Sie füllte die Essschüsseln bis zum Rand. „Das ist eine gute Suppe“, sagte sie zu ihrem Mann. „Sie macht stark und mutig! Mit Bärentatzensuppe im Bauch könntest du gar die Räuber besiegen, dann wärest du ein richtiger Held!“

Der kleine Jäger schüttelte den Kopf. Er sah bekümmert in seinen Napf mit Bärentatzensuppe. „Es reicht mir, mit Wölfen und Bären zu kämpfen. Das ist schwer genug! Warum muss ich ein Held sein? Genügt es nicht, dass ich ein Jäger bin und wir satt zu essen haben?“

„Nein“, sagte seine große Frau, „das genügt mir nicht!“