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Oma, ich kann deine Geschichten schon lesen


Oma, ich kann deine Geschichten schon lesen


1. Auflage

von: Gisela Pekrul, Ernst Franta

3,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 18.12.2013
ISBN/EAN: 9783863944490
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 45

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Gisela Pekrul, Jahrgang 1944, hat in dem Büchlein kleine Episoden aus ihrem Leben aufgeschrieben, die sie schon mehrmals ihren Enkeln erzählen musste. Nun können sie diese Erinnerungen an die Zeit vor rund 60 Jahren selbst lesen. Die Geschichten spielen in Wolteritz, einem kleinen Dorf in Sachsen, das heute zu Schkeuditz gehört. Es sind Begebenheiten, die für das kleine Mädchen und ihren Bruder so schlimm waren, dass sie nach so langer Zeit noch nicht vergessen wurden. Die Erzählerin kann nun mit der Gelassenheit der Großmutter nur noch darüber schmunzeln und versucht, diesen Humor auch ihren kleinen Lesern zu vermitteln. Trotzdem wird kein Erlebnis zur Nachahmung empfohlen. Es gibt auch gar keinen Anlass, denn Toiletten haben längst Wasserspülung und Abfluss statt einer gefährlichen Abfanggrube, auf fahrende Züge kann man nicht mehr aufspringen und es gibt bessere Naschereien als heimlich entwendete Rosinen. Es ist aber auch ein Hohelied der Freundschaft und des Zusammenhalts in einer schweren Zeit.

Ein Kriegskind
Kindtaufe zwischen Bombenangriffen
Die wertvollen Stiefel oder das Leben des Babys
Das Märchen vom Klapperstorch
Der Kleine bekommt mehr Butter
Die doppelte Hausaufgabe
Sitzenbleiber - warum verhaut ihr das Mädchen?
Gefährliches Ballspiel
Die Naschkatze
Der Einbrecher – Als Fridolin die Gegend unsicher machte
Der verlorene Schuh
Am 10. Februar 1944 in Wolteritz, Kreis Delitzsch (damals Sachsen-Anhalt, jetzt Sachsen), geboren, Schulbesuch in Wolteritz und Rackwitz.
1960 - 1963 Berufsausbildung mit Abitur im VEB Chemische Werke Buna, danach Studium an der Karl-Marx-Universität in Leipzig, Diplommathematikerin.
Von 1968 bis 2006 Schwerin, ab 2007 Godern (jetzt Pinnow). Arbeit als Problemanalytikerin, Programmiererin, Bereichsleiterin EDV.
Nach 1989 Computerlehrgänge für Arbeitslose, 1993 bis 1994 arbeitslos.
1994 hat sie gemeinsam mit ihrem ältesten Sohn Sören den Verlag EDITION digital gegründet und die erste CD-ROM über Mecklenburg-Vorpommern herausgebracht.
1999 wurde der Bereich der Softwareentwicklung für elektronische Publikationen ausgegliedert und die EasyBrowse EP-Service GmbH gegründet. Diese wurde 2008 mit knapp 20 Mitarbeitern und sehr guten Referenzen bei großen Fachverlagen an die Ovidius GmbH verkauft.
Seit 2008 forciert Frau Pekrul die Verlagstätigkeit, jetzt mit dem Schwerpunkt E-Book.
Als Autorin hat sie CD-ROMs und Poster zu Handwerkszeichen und Handwerksgeschichte sowie CD-ROMs und Kalender zu historischen Ansichten von Schwerin publiziert, außerdem Kinderbücher zur Kriegs- und Nachkriegszeit, zum Klimawandel und Umweltschutz und zur Geschichte von Schwerin.
4 Söhne, 6 Enkel, 1 Urenkel.
Eines Tages nun, Gisela ist gerade mit den Hausaufgaben fertig, klingelt es an ihrer Tür. Es ist Christina. Sie knickst und fragt artig:
„Guten Tag, Frau Grabs, darf Gisela zu mir spielen kommen?“
„Na klar“, sagt Giselas Mutti. „Aber seid nicht wieder so wild. Und du, meine Tochter, pass auf, wo du lang läufst.“
Die Mädchen aber hören gar nicht recht hin. Fröhlich stürmen sie los, zu Christinas Haus.
Sie spielen Ball. Weil Gisela nicht gut fangen kann, wirft Christina den Ball anfangs ganz sacht. Gisela ist stolz, dass sie alle Bälle auffängt. Allmählich aber langweilt sich Christina und wirft zur Abwechslung schärfer. Einen Ball kann Gisela nicht festhalten. Er prallt zur Seite, so dass sie ihm nachlaufen muss.
„Pass auf“, ruft Christina, „nicht auf den Deckel treten!“
Die Warnung aber kommt zu spät. Schon ist ein gellendes „Hilfe, Hilfe!“ zu hören.
Giselas angstvolles Kreischen und Schreien dringt bis ins Haus. Christinas Mutti liegt oben im Schlafzimmer in ihrem Bett. Sie fühlt sich nicht recht wohl, kränkelt etwas. Von dem furchtbaren Lärm aufgeschreckt, steckt sie den Kopf aus dem Fenster und ruft: „Christina, du sollst nicht immer mit Gisela zanken! Warum könnt ihr euch denn nicht vertragen?“
„Wir zanken uns doch nicht. Der Grubendeckel ist zerbrochen!“, ruft Christina ganz aufgeregt. Gleichzeitig brüllt Gisela in Todesangst: „Ich bin abgerutscht. Ich kann mich nicht mehr halten, ich ertrinke!“
Christinas Mutter versteht nicht recht, was da vorgeht, weil die beiden so durcheinander schreien. Sie besinnt sich jedoch nicht lange. Gleich im Nachthemd eilt sie die Treppe hinunter und nach draußen zu den Kindern.
Da sieht sie die Bescherung: Gisela ist beim Ballholen auf den morschen Deckel der Jauchegrube getreten und hineingefallen. Nur mit größter Mühe hält sie sich am gemauerten Rand fest, damit sie nicht ganz versinkt. Fast bis zum Hals hängt sie schon drin. Sie weiß nicht, wovor sie mehr Angst haben soll, vor dem Ertrinken oder vor der eklig stinkenden Brühe aus Urin, Kot und Papierresten.

In Wolteritz gab es in dieser Zeit weder Wasserleitung noch Kanalisation. Die Leute mussten aus dem Haus, wenn sie mal austreten wollten. Draußen befand sich im Stall oder Schuppen eine Tür, in die oben ein Herz geschnitten war. Drinnen setzte man sich auf ein Holzgestell mit einem Loch. Was man da von sich ließ, plumpste einfach nach unten und lief in eine tiefe, gemauerte Grube. Diese Toilette hieß deshalb auch Plumpsklo. Zu jedem Haus gab es so eine Grube. Sie war mit einem großen Holzdeckel oder nur mit dicken Brettern abgedeckt. Manchmal war die Abdeckung auch schon gemauert. Es sollte ja niemand hineinfallen. Außerdem sollte einem der Geruch vom „Abwasser“ nicht ständig in die Nase wehen. Von Zeit zu Zeit musste die Grube dann geleert werden. Danach verschloss man sie wieder mit dem Deckel. So hatte alles seine Ordnung. Eigentlich ...
Wenn die Grube voll ist, nimmt Vati für gewöhnlich einen Jaucheschöpfer. Damit trägt er das übel riechende Zeug mühsam in den Garten. Für die Pflanzen ist es eine Wohltat, die Blumen und das Gemüse danken es ihm mit kräftigem Wachstum. Es sieht sogar lustig aus, weil die Reste des Zeitungspapiers, das man damals zum Abwischen benutzte, auf den Beeten verteilt sind. Trotzdem hält jeder, der dann gerade am Garten vorbeikommt, die Luft an. Ihr könnt euch den fürchterlichen Gestank nicht vorstellen. Aber heute ist es noch anders als sonst. Jetzt ist es ganz, ganz schrecklich, schrecklicher als alles, was jemals zuvor war. Genau in so einer Grube, die zu allem Unglück auch noch fast voll ist, in dieser stinkenden, ekligen Brühe hängt Gisela bis zur Brust.
Endlich greifen zwei starke Hände nach ihr und ziehen sie heraus. Frau Lebe, Christinas Mutti, rettet die kleine Gisela.
Aber das Mädchen fängt nun noch lauter an zu weinen. Die Jauche tropft von Kleid und Schuhen herab, und eklige, fürchterlich stinkende braune Klumpen hängen an ihrer Kleidung. In vollen Zügen muss sie den abscheulichen Geruch einatmen.
„Werde ich jemals wieder sauber?“, heult sie entsetzt. Christina schaut aus sicherer Entfernung auf ihre unglückliche Freundin, um von dem Gestank nicht umzufallen.
„Es nützt alles nichts, ich muss erst mal kaltes Wasser nehmen“, sagt Christinas Mutti. Sie stellt Gisela in die Waschküche, gleich neben den Abfluss. Dann nimmt sie einen Eimer und holt Wasser von der Pumpe. Das kalte Wasser gießt sie vorsichtig über die Beine, den Bauch, den Po, den Rücken und die Brust des Mädchens. Das geht nicht ohne erneutes lautes Geschrei ab, denn das Wasser ist trotz des milden Septemberwetters eisig.
„Jetzt kannst du deine Sachen wieder anfassen und dich ausziehen“, sagt Frau Lebe. Sie selber bedient weiter eifrig den Pumpenschwengel und schleppt einen Eimer Wasser nach dem anderen zum Waschkessel. „Christina, hol schnell Holz!“, weist sie ihre Tochter an. „Ich werde den Kessel anheizen.“
Alles muss schnell gehen, denn Gisela klappert vor Kälte schon mit den Zähnen. Sonst beheizen die Familien die Waschküche nur, wenn Wasser für die große Wäsche oder das Baden am Sonnabend gebraucht wird.
Gisela fasst ihr Kleid, die Strümpfe und die Unterwäsche mit spitzen Fingern an. Sie ist noch lange nicht sauber. Sie trocknet sich mit einem alten Handtuch ab, das nun genauso schlimm aussieht wie ihre verschmutzte Kleidung. Dabei weint und schluchzt sie leise vor sich hin. Gern hätte sie sich in eine Ecke gekuschelt, um sich von ihrer Angst und dem furchtbaren Schrecken zu erholen. Nicht einmal setzen darf sie sich, sonst würde sie noch mehr Schmutz hinterlassen. Das prasselnde Holzfeuer kann den starken Geruch nicht überdecken.
Endlich ist das Wasser warm. Frau Lebe füllt es in die große Zinkwanne. „Nun setz dich rein“, sagt sie. Sie nimmt einen sauberen Waschlappen und ein großes Stück Seife, schrubbt das Mädchen gründlich ab. Das dauert eine Weile.

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