MADAME HEYE stellt schnell das Vesper seitlich auf einen Stuhl und zieht ihren weißen Schwesternmantel an: Ja!
Von rechts kommt Hete; sie bleibt zögernd stehen.
MADAME HEYE streng: Halb acht abends! Was gibt’s noch?
HETE mit Zeitungsausschnitt: Bin ich hier recht?
MADAME HEYE knüllt den Ausschnitt zusammen: Haben Sie das jemand im Haus gezeigt?
HETE: Nein.
MADAME HEYE: Setzen Sie sich! – Sie sind müde?
HETE: Ja.
MADAME HEYE: Sie sind noch jung?
HETE: Zwanzig.
MADAME HEYE: Nicht volljährig. – Reden Sie doch!
HETE: Ich komme zu Ihnen … aber Sie wissen das ja alles, quälen Sie mich nicht! Leise. Sie müssen mir helfen, Sie!
MADAME HEYE: Richtig. Betrachtet sie. Leg mal deinen Mantel ab. Etwas mitgenommen siehste aus.
HETE sieht sie an: Lassen Sie das! Ich zahle.
MADAME HEYE: Klar. – Warste schon mal beim Arzt?
HETE: Nein.
MADAME HEYE sieht sie an: Hast du’s selbst mal probiert?
HETE: Nein.
MADAME HEYE: Du siehst so elend aus …
HETE: Was sagen Sie?
MADAME HEYE: Hast du ’ne Mutter?
HETE steht auf: Ich zahle doch! Bin ich denn hier beim Doktor?
MADAME HEYE aufhorchend: Wieso beim Doktor?
HETE setzt sich, müde: Ich meinte bloß.
MADAME HEYE misstrauisch: Hat deine Mutter dir ’s Geld gegeben, oder hast du so ’n Kavalier unterwegs … bleib nur, ich meine, du siehst gar nicht so aus wie ’ne Nutte … brauchst nicht hochzugehn, das zieht hier nicht, wir sind reell und wollen wissen, wen wir bedienen! – Wie heißt er denn?
HETE: Kein Klauenfritze, Sie! Nee! Wenn er auch türmen musste wegen der Kantine … der bekommt schon wieder Arbeit, der Paul!
MADAME HEYE: Ach so, der … der Kantinen-Paul, ach so … natürlich kriegt der Arbeit, aber Tütenkleben und Mattenflechten; der sitzt hinterm Gitter …