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Lamyz


Lamyz

Erzählungen
1. Auflage

von: Heinz Kruschel

7,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 31.10.2014
ISBN/EAN: 9783956551048
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 238

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Das ist eine starke, berührende Geschichte, die Titelgeschichte und zugleich die längste der insgesamt 16 Erzählungen dieses Bandes, wobei sich der ungewöhnliche Titel tatsächlich erst beim Lesen erschließt. Denn was soll „Lamyz“ bedeuten? Dann stellt sich heraus, dass diese fünf Buchstaben nicht nur für eine gewisse Ordnung, sondern auch für eine Art Geborgenheit und für einen besonderen Schutzraum stehen. Denn diese Titelgeschichte ist vor allem auch eine Liebesgeschichte. Ein Junge, ein Jüngling noch von knapp fünfzehn Jahren, der begehrt ein attraktives und nahezu gleichaltriges Mädchen und stellt sich vor, wie er sie erobern würde:
„Hör mir zu, Cilly, du gefällst mir. Ehrenwort. Mir gefallen deine festen, langen Beine, dein schlanker Hals, der so weiß leuchtet, und manchmal dachte ich schon, wenn du tief einatmest, sprengten deine Brüste das enge Mieder, dass die Knöpfe abfallen würden. Und überhaupt, wenn ich dich sehe, nehme ich auch einen Duft wahr. Warum hast du keinen Freund? Wollen wir zusammengehen? Entschuldige, aber das nennt man so. Ich bin stolz auf dich. Wollen wir ins Kino gehen?
Diese Ansprache an Cilly habe ich mir zurechtgelegt. Jeden Tag änderte ich sie, sagte sie mir vor, dachte mir dazu aus, wie sie reagieren, was sie antworten könnte, ob sie überhaupt antworten würde. Ich blieb feige.
Täglich sah ich sie nicht, weil sie in eine andere Schule ging und in einem anderen Stadtteil wohnte, dem altersgrauen Wendelitz, wo die Türme und Mauern noch aus Muschelkalk waren. Natürlich wusste ich, was sie mochte, Schwimmen und Paddeln zum Beispiel, ich kannte ihre Freundinnen und wusste, wo sie wohnte, in der Apotheke, die ihrem Vater gehörte.“
Doch der Junge traut sich nicht und muss erst auf einen Zufall warten, der ihn und das Mädchen zusammenbringt. Allerdings sind die Zeiten der Liebe nicht günstig. Es herrscht Krieg in Europa und der ist dabei, zu seinem Ausgangspunkt zurückzukehren: Zu dieser Zeit näherten sich russische Truppen der Oder. Und der Junge, der sich eine Zukunft mit Cilly vorstellen kann, gerät in schlimme Umstände und sogar in Todesgefahr. Doch dann ist der Krieg aus. Er hat überlebt. Aber was ist mit ihm und mit Cilly?
Auch in den anderen 15 Erzählungen dieses Bandes mit Texten von 1986 bis 1995 geht es um Leben und um den Tod, um Lebenssinn und Menschenpflichten, um Schuld und Unschuld, um Gerechtes und Ungerechtes und nicht zuletzt um die Gewissheit, dass Eulenspiegel und mit ihm der Schalk nicht ausstirbt. Zum Glück.
Colaparty
Katze mit dem weißen Stern
Lamyz
Schwarze Kolibris
Tschokani
Katharina
Jonglieren mit NA
Der große Graue
Warten auf Konrad
Sheriffstern
Der fünfundzwanzigste Schüler
Totzeit
Schöner Tag vor Ultimo
Fische unterm Eis
Schach im Kollegium
Du schöner nasser Fleck
Heinz Kruschel, 1929–2011, Sohn eines Bergmanns und späteren kaufmännischen Angestellten der Staßfurter Salzbergwerke, entging nur knapp dem für seine Generation typischen Schicksal, im finalen Aufgebot der letzten Kriegstage - dem "Volkssturm" - verheizt zu werden.
Noch ehe er seine Modelltischlerlehre beendet hatte, beschloss die Partei, in die er jung eingetreten war, dass er Neulehrer zu werden habe, und ließ ihn 1949/50 am Lehrerbildungsinstitut in Staßfurt studieren. Anschließend war er Lehrer in Sandersdorf - den Schülern jeweils ein Kapitel im Lehrbuch voraus -, danach in Magdeburg und Egeln sowie Direktor einer Erweiterten Oberschule in Havelberg.
Nach einem berufsbgeleitenden Fernstudium der Germanistik war er Journalist und Kulturredakteur bei der "Volksstimme" in Magdeburg. Ab 1963 lebte er als freier Schriftsteller in Magdeburg, bereiste im Auftrag von Illustrierten wie der "Für dich" Ungarn, Bulgarien, Usbekistan und Kuba und schrieb zahlreiche Erzählungen und Romane für Jugendliche und Erwachsene.
Sein Roman "Das Mädchen Ann und der Soldat" wurde 25 Jahre lang immer wieder neu aufgelegt, während Bücher wie "Der Mann mit den vielen Namen" oder "Leben. Nicht allein" erst nach erbitterten Auseinandersetzungen mit jenen Behörden, die Literatur zu genehmigen hatten, erscheinen durften.
Sein Roman "Gesucht wird die freundliche Welt", der als erster in der DDR das Thema des Umgangs mit straffällig gewordenen Jugendlichen thematisierte, wurde 1978 von Erwin Stranka unter dem Titel "Sabine Wulff" verfilmt.
Auszeichnungen:
Erich-Weinert-Preis der Stadt Magdeburg
Theodor-Körner-Preis
Banner der Arbeit
Literaturpreis des FDGB
Vaterländischer Verdienstorden
Nun klingelte des Telefon.
Es war zehn Uhr, das konnte nur Conny sein. Der Freundin musste geholfen werden, und Katharina freute sich, für Conny eine Lösung des Problems finden zu können. Sollte sie von dem Kerl lassen? Sollte sie der Freundin zur Abtreibung raten? Hätte es einen Sinn, mit Connys Freund zu sprechen?
Wenigstens das Telefon unterbrach den stillen, langweiligen Fluss des Tages und die sich wiederholenden Fragen.
Aber in diesem Moment kam ihr auch ein anderer Gedanke in den Sinn: ihr fiel die Weisung der Zentrale ein, im Stellwerk keine privaten Anrufe entgegenzunehmen und auch selber nicht zu telefonieren, es handele sich immerhin um ein Diensttelefon. Katharina hob den Hörer nicht ab, obwohl sie die Stunden in dem Raum bis eben noch so trist gefunden hatte. Conny könne auch warten, bis sie Feierabend hätte, sie könnte sie nach der Schicht treffen. Wer Katharina kannte, mochte sich über ihren Entschluss, den Hörer nicht abzunehmen, sehr wundern. Obgleich als Beste und als Jüngste in diesem Stellwerk an der großen Eisenbahnlinie eingesetzt, war sie eigentlich nicht das Mädchen, das jede Weisung befolgte, jedenfalls keine solche, die sie für sinnlos und überflüssig hielt. Mal einen Anruf zu bekommen, was war schon dabei. Mal einem Menschen zu helfen, der in Not war, das war keine Mühe, das war Menschenpflicht. Und es schmeichelte ihr natürlich auch, wenn es gelang. Und sie war auch ein Mädchen, das mit anderen Menschen zusammen sein musste, sie brauchte die Gespräche, den Scherz und auch das eigene Lachen.
Das Telefon klingelte und klingelte. Typisch Conny. Die war hartnäckig und wusste, wie man wen zur Weißglut treiben konnte, nur nicht lockerlassen. Diesmal nicht, dachte Katharina, heute geht es nach meinem Willen, liebe Conny, und vielleicht willst du mir auch nur mitteilen, dass er sich über das Kind freut und es zwischen euch wieder stimmt.
Es bimmelte ununterbrochen, immer lauter, frecher und fordernder.
Es klingelte auch dann noch, als es zu beben begann. Sie zuckte so zusammen, als hätte sie einen elektrischen Schlag bekommen. Ihr Kopf schlug auf die Tischplatte. Manches nahm sie nicht wahr: wie die Bedienungshebel zitierten, wie die Drahtzüge, die nach draußen führten, so laut und schrill sangen, dass sie das Läuten des Telefons übertönten. Einige Knebel sprangen sirrend auseinander. Und dann zerfiel das große Streckenfenster.
Katharina nahm den Hörer ab.
Instinktiv ahnte sie schon, dass sich nicht Conny melden würde. Eine traurige Männerstimme sagte langsam: „Zu spät, Nina, wir sehen auf unserem Gleisbild, dass sie schon zusammengestoßen sind, der EC war voll besetzt, du solltest den Pendlerzug zurückhalten, warum hast du dich nicht gemeldet?“
Das war Stansky, sie erkannte seine zitternde Stimme und sah ihn vor sich mit den großen Tränensäcken unter den hellen Augen und der bräunlichen Haut. Dennoch sagte sie: „Das ist nicht wahr. Sag’ bitte, dass es nicht wahr ist, Stansky ..."

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