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Kreuz am Waldrand


Kreuz am Waldrand

Novelle
1. Auflage

von: Elke Nagel

4,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 20.01.2013
ISBN/EAN: 9783863949143
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 78

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Wie in einer Novelle üblich ist etwas Unerhörtes geschehen. Mehrere Menschen sind ermordet worden. Und schuld daran sind faschistische Gedanken von der Ungleichheit der Menschen. Über solche Taten darf kein Gras des Vergessens wachsen. Niemals. Zugleich befasst sich das heute ausgewählte Buch auch mit einem Stück DDR-Geschichte, die manchmal seltsame Weg ging. Auch ein gewisser Stalin und Lotte Ulbricht kommen in der Handlung vor. Sowie ein hoher Orden und ein merkwürdiger Hundename.
Da klettert ein Mann von Zeit zu Zeit auf die Milchrampe eines kleinen Dorfes und hält wütende Reden. Angeblich ist er ein Irrer. Nicht normal. Weil er nicht verstehen kann, dass da ein Wehrloser erschossen wurde und seinem Mörder nichts geschehen ist. Niemals. Weder damals noch später noch jetzt, wo er geehrt und dekoriert wird.
Aber der ist ein Mörder, sagt der Mann, ihr alle seid Mörder.
Du bist verrückt, sagen die Leute.
Der Mann fertigt dem Erschossenen ein Holzkreuz. Stellt es auf unter den Birken am Waldrand. Erneuert es mehrmals, denn es wird mehrmals entfernt. Später besucht er es, mit seinem Hund Churchill am Bindfaden, schmückt es mit frischen Blumen. Der ist verrückt, sagen die Leute immer noch.
Wer den Irrsinn der Welt nicht versteht, muss wohl verrückt sein.
Letztendlich ist Gras über ihn und das Kreuz am Waldrand gewachsen. Gras des Vergessens.
Elke Nagel, geborene Ballmann;
geboren 21.07.1938 in Rerik (Mecklenburg);
Studium der Germanistik und Geschichte 1957 – 1962 (Pädagogische Hochschule Potsdam);
Tätigkeit (mit Unterbrechungen) als Lehrerin 1962 – 1975 in Schönberg (Mecklenburg) und Forst (Lausitz);
freischaffend ab 1975;
zwei Kinder (1966, 1967), zwei Enkel (1985, 1987).
Veröffentlichungen unter dem damaligen Namen Elke Willkomm:
Mit Feuer und Schwert (historische Erzählung für Kinder und Jugendliche, Verlag Neues Leben Berlin 1973)
Das Mirakel von Bernsdorf (historischer Roman, Verlag Neues Leben Berlin 1977, neu aufgelegt im BS-Verlag Rostock 2001)
Der fingerkleine Kobold (Kinderbuch, Der Kinderbuchverlag Berlin 1978)
Hexensommer (Roman, Buchverlag Der Morgen Berlin 1984)

Seit 1982 verheiratet mit dem sorbischen Komponisten Jan Paul Nagel (1934 bis 1997)
1991 mit ihm zusammen den ENA-Musikverlag gegründet, Leitung des Verlages von 1991 bis 2005
Seit ca. 1984 Nachdichtungen aus dem Sorbischen, u. a. die sorbischen Texte der Lieder Jan Paul Nagels (veröffentlicht im ENA-Musikverlag) und sorbische Volkslieder
sowie Gedichte der niedersorbischen Lyrikerin Mina Witkojc, veröffentlicht 2001 in der Reihe „Die sorbische Bibliothek“ des Domowina-Verlags Bautzen (Titel: Echo aus dem Spreewald)
Kreuz am Waldrand, Novelle (Lusatia Verlag Bautzen 2007); E-Book bei EDITION digital 2013
Hausteins Marja, Erzählung (BS-Verlag-Rostock 2009), erschienen in sorbischer Sprache, übersetzt von Peter Thiemann, im Domowina-Verlag Bautzen 2010, E-Book bei EDITION digital 2011
Der Froschkönig, Liedtexte zum musikalischen Märchen für Chor, Klavier und Sprecher von Jens-Uwe Günther, UA am 14. April 2011 in Ilmenau (Thür.)
Altweibersommer. Legenden aus dem wilden Osten.“ Roman. 2012 (Noch nicht veröffentlicht.)
Mattes war hinter dem Lenkrad eines Lastkraftwagens und in den Waggons der Militärzüge durch halb Europa gerollt. Er hatte keine Orden erworben. Er hatte auch schießen müssen. Hab aber immer nur die Luft beschossen, behauptete er später, wann immer er auch danach gefragt wurde. Einmal nur hatte er für wenige Tage Urlaub bekommen; da saß er wie ein Fremder in der Küche, seine Jungen starrten ihn an, auch der Jüngere trug nun diese braune Kluft und zeigte ihm ein blinkendes Messer, mit der Aufschrift “Blut und Ehre”. Wortlos nahm er das Messer, ging in den Hof und warf es in die Jauchegrube. Als er zurückkam, tröstete Elska den weinenden Hottelko, Mattes sprach kein Wort, er machte sich am nächsten Tag auf den Weg zur Bahnstation, obwohl er noch einen Tag hätte bleiben können. Sein Gewissen rumorte schon, als er im Zug saß. Hätt lieb sein müssen zur Elska. Auch zu den Kindern. Was können sie dafür. Noch schlimmer wurde ihm zumute, als es in ihm dachte: Sie können alle dafür. Wir können alle dafür.
Als später seine Einheit von Ost nach West verlegt wurde, kam er noch einmal ganz dicht an Steinau heran, der Zug hielt nicht am Bahnhof, er rollte vorbei am Bahnwärterhaus, wo der alte Kowatsch Dienst tat, Mattes hatte einen Zettel um einen Stein gewickelt und mit Bindfaden festgezurrt, auf dem Zettel stand, Elska moja, gute Nacht, ich denke an dich unendlich, es grüßt dich dein Mattes. Er warf den bewickelten Stein aus dem Zug, er traf beinahe den Kowatsch Bernhard am Kopf, am Abend hielt Elska die Nachricht in der Hand. Es war für lange Zeit die letzte Nachricht von Mattes. Seine Zickzack-Fahrt durch Europa war beendet, denn sie fuhren ihn nach Afrika. In ’er Wieste bin ich gewäsen, die Wiestenluft hab ich angeschossen, bis sie mich haben eingefangen, die Tommys! So redete er, als er beim Senek Jurij im Atelier hockte, Zigarette in der einen, Wodkaglas in der anderen Hand. Die Engländer, Jurij, kann ich dir sagen, das sind dir feine Leite. Haben sie mich nach Haus gelassen, musste nur unterschreiben, dass ich nie wieder werd kämpfen gegen sie, hab noch nie nicht irgendwas so gern unterschrieben wie dieses Papier, Jurij, weißt! Und, siehst du, darum, das hab ich dir mindestens schon einmal erzählt, aus Dankbarkeit hab ich meinen Hund hier so genannt, Churchill hab ich ihn genannt. Stimmt’s, Deifi? Du bist der Churchill.
Aus Dankbarkeit? fragte Jurij. Wieso, Mattes? Wenn du es mal genau nimmst, sieht es doch so aus: Hätten sie dich nicht nach Haus geschickt, hättest du die Krankheit nicht nach Haus getragen. Siehst du nun, dass du die Wörter verwechselt hast? Du bist kein Mörder, du doch nicht. Du wolltest doch nicht nach Hause, um deinen Kindern den Typhus zu bringen. Du bist doch nicht schuld.
Mattes wiegte den Kopf, kraulte dem Hund den Hals. Alle sind schuld. Niemand ist schuld. Weiß nicht, Jurij, mein Kopf kann alle diese Dinge nicht fassen, wenn du verstehst. Weiß nur: Als ich nach Haus kam, war ich gesund, hatt’ aber die Krankheit, diese Bazillen, noch an mir kleben. Wusste das nicht. Wie sollte ich wissen? Hab die Elska gedrückt, hab den Hermanko gedrückt, hab den Hottelko gedrückt. Hab ihnen allen den Typhus gebracht. Sind sie gestorben, die Jungs. Nur die Elska, sie hat es geschafft. Waren wir beide allein. Hatte ich lange Zeit keine Freude. Hat es viele Monate gedauert, bis mir wieder ein Lied aus dem Hals gekommen ist. Verstehst, Jurij? Gut.

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