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In Wulnitz ist nichts los


In Wulnitz ist nichts los


1. Auflage

von: Heinz Kruschel

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 26.10.2014
ISBN/EAN: 9783956551031
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 141

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Das kleine Haveldorf Wulnitz im Jahre 1961. Alle Schüler freuen sich auf den Abschluss der 8. Klasse. Dann können sie endlich in die Kreisstadt gehen. In Wulnitz ist nämlich nichts los, kein Wunder, dass den Kindern immer neue Dummheiten einfallen. Doch dann kommt ein neuer Lehrer ins Dorf, der ihnen erst einmal ein kleines Häuschen verschafft, dass sich die Kinder selbst herrichten dürfen. Nun haben sie einen Bastelzirkel und einen Raum, in dem sie sich regelmäßig treffen können. Die MTS (Maschinen-Traktoren-Station) wird erweitert und bekommt die erste Vollerntemaschine. Schließlich wird eine moderne Straße von der Kreisstadt nach Wulnitz gebaut und die Zentralschule wird zur 10-klassigen Schule. Viele Hürden tun sich den Kindern auf, bis sie sich in Wulnitz wohlfühlen. Aber sie sind nicht mehr allein.
Das spannende Buch für Kinder ab 12 Jahre lässt das Erwachen der kleinen Dörfer in der DDR zu Beginn der 1960er Jahre hautnah nacherleben.
Heinz Kruschel, 1929–2011, Sohn eines Bergmanns und späteren kaufmännischen Angestellten der Staßfurter Salzbergwerke, entging nur knapp dem für seine Generation typischen Schicksal, im finalen Aufgebot der letzten Kriegstage - dem "Volkssturm" - verheizt zu werden.
Noch ehe er seine Modelltischlerlehre beendet hatte, beschloss die Partei, in die er jung eingetreten war, dass er Neulehrer zu werden habe, und ließ ihn 1949/50 am Lehrerbildungsinstitut in Staßfurt studieren. Anschließend war er Lehrer in Sandersdorf - den Schülern jeweils ein Kapitel im Lehrbuch voraus -, danach in Magdeburg und Egeln sowie Direktor einer Erweiterten Oberschule in Havelberg.
Nach einem berufsbgeleitenden Fernstudium der Germanistik war er Journalist und Kulturredakteur bei der "Volksstimme" in Magdeburg. Ab 1963 lebte er als freier Schriftsteller in Magdeburg, bereiste im Auftrag von Illustrierten wie der "Für dich" Ungarn, Bulgarien, Usbekistan und Kuba und schrieb zahlreiche Erzählungen und Romane für Jugendliche und Erwachsene.
Sein Roman "Das Mädchen Ann und der Soldat" wurde 25 Jahre lang immer wieder neu aufgelegt, während Bücher wie "Der Mann mit den vielen Namen" oder "Leben. Nicht allein" erst nach erbitterten Auseinandersetzungen mit jenen Behörden, die Literatur zu genehmigen hatten, erscheinen durften.
Sein Roman "Gesucht wird die freundliche Welt", der als erster in der DDR das Thema des Umgangs mit straffällig gewordenen Jugendlichen thematisierte, wurde 1978 von Erwin Stranka unter dem Titel "Sabine Wulff" verfilmt.
Auszeichnungen:
Erich-Weinert-Preis der Stadt Magdeburg
Theodor-Körner-Preis
Banner der Arbeit
Literaturpreis des FDGB
Vaterländischer Verdienstorden
Der Traktor war angekoppelt, die Kombine war zur Ausfahrt bereit.
Sieke klopfte gegen die Verkleidung. „Ob das Ding auch funktioniert?“
Benno schob ihn zurück. „Meinst du, die MTS macht in der Erntezeit ’ne Ausstellung?“
„Superniete!“, brummelte Rudi.
Sieke sah ihn wütend an, aber es kam zu keiner Auseinandersetzung, denn Heinz saß plötzlich oben in dem luftigen Sitz und prahlte: „Vorwärts! So ist es recht, mein Maschinchen!“
Die Jungen waren im Nu oben und turnten auf Gestänge und Verkleidung umher.
„Seid ihr verrückt?“, schrie Benno, aber es war schon zu spät. Sieke kletterte auf den Traktor.
„Komm runter! Schwarzer!“, schrie Rudi, aber Sieke hörte nicht. Da stieg Rudi ihm nach.
Benno versuchte es nun im Guten. „Seid vorsichtig, wenn was passiert“, meinte er besorgt und hielt Rudi fest.
„Was soll schon passieren!“, rief Sieke, der im Traktor saß und an den Hebeln hantierte.
„Bangbüx!“, rief ein anderer.
Da riss sich Rudi los, dem Sieke würde er es zeigen und den anderen auch.
Aber er kam nicht weit.
Die große Maschine erzitterte plötzlich: Sieke hatte die Kupplung durchgetreten, der Motor lief. Er versuchte auch die anderen Hebel und setzte die Zapfwelle in Bewegung, die mit der Kombine gekoppelt war.
Die Jungen sahen sich an.
„Lass das sein!“, schrie Benno, den Lärm übertönend.
Die Transportketten rasselten.
Sieke hörte nicht, er wirtschaftete in der Kabine des Traktors, zog da einen Hebel, drehte dort.
Einige Jungen sprangen ab und verdrückten sich, unter ihnen Hänschen, Uwe und Bam.
Es sollte noch schlimmer kommen. Sieke turnte zu Heinz hinüber, der im Leitstand der Kombine saß. „Lass mich mal!“, schrie er.
Heinz wehrte sich. Dabei lockerte sich der Einrückhebel, der nach vorn schnellte, vom Federdruck getrieben. Es gab ein knirschendes Geräusch, der Rübenköpfschlitten senkte sich und prallte herab, dann brach irgendwo etwas im Getriebe mit lautem Knall.
Ruhe.
Die Maschine stand.
Benno war schneeweiß im Gesicht. Er allein ahnte wohl die Größe der Schuld.
Sieke sprang schweigend ab.
„Nun bleibt gefälligst hier“, rief Benno einigen Freunden nach, die verschwinden wollten, „wir müssen das melden!“
„Vielleicht merkt es niemand!“, sagte Sebastian.
„Feigling!“ Rudi mischte sich ein. „Hast du keine Ehre im Leibe?“
Keiner hatte gemerkt, dass Hansen inzwischen herangekommen war.
Sie zuckten zusammen, als sie seine tiefe Stimme hörten.
„Was ist hier los? Wer hat keine Ehre im Leibe? Habt ihr euch geprügelt?“
Die Jungen schwiegen, sie starrten nur die Maschine an. Hansen besah die Kombine von allen Seiten, denn das Verhalten der Jungen ließ ihn nichts Gutes ahnen. Er bückte sich vor dem Rübenköpfer zur Erde und prüfte Tastketten und Messer.
Stumm standen die Jungen.
Auf einer Seite hing der Schlitten, ein Zahnrad war durch den harten Aufprall zerbrochen - das Tastkettenrad.
„Wer war das?“, fragte Hansen. Finster war sein müdes Gesicht. — Drückendes Schweigen.
Einige Jungen schielten zu Sieke, der rot geworden war und die Unterlippe eingeklemmt hatte.
„Seid ihr auch noch ...“
Das Wort „feige“ blieb unausgesprochen, denn Rudi sagte hastig: „Einer von uns, aber - an der Maschine sind wir alle gewesen!“
Er hielt dem Blick des Vaters stand, aber es war ihm, als müsste er in den Boden versinken.
Hansen war vor Erregung grau im Gesicht.
Er sagte mit ganz leiser Stimme, die rau und belegt klang und nicht zu ihm passte: „Ihr habt ein wichtiges Zahnrad zerbrochen. Das Tastkettenrad. Die Kombine ist neu, sie sollte sofort eingesetzt werden, denn sie wird dringend gebraucht. Nun - geht es nicht mehr. Wir haben kein Ersatzrad und können es auch hier nicht herstellen. Und ich wollte euch eine Freude machen!“
Er klopfte behutsam gegen die blecherne Verkleidung der Kombine, dann sah er von einem zum andern.
„Drei Genossenschaften warten auf die Maschine, die Ernte stockt, die Ernte ist in Gefahr. Und wenn das Wetter umschlägt?“
Unwillkürlich sahen die Kinder zum Himmel auf, die Sonne lugte zwischen dunklen Wolkenbergen hervor. Da konnte man sich keine übertriebenen Hoffnungen auf Schönwetter machen.
„Drei Genossenschaften - das bedeutet - einhundertachtzig Hektar ungerodete Zuckerrüben stehen auf den Feldern. Wisst ihr, was das heißt?“
Die Jungen wussten es nicht, aber sie ahnten, dass es viel, sehr viel sein musste.

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