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In des Teufels Küche und andere Erzählungen


In des Teufels Küche und andere Erzählungen


1. Auflage

von: Herbert Friedrich

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 28.10.2021
ISBN/EAN: 9783965215498
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 169

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Ein trüber Januarnachmittag auf dem Dorf, zwei Jungen und plötzlich ein Dietrich, ein Nachschlüssel, in ihrer Hand: Der Sonnabendnachmittag verliert seine Langeweile. Nun wird ihnen nichts mehr verborgen bleiben, Abenteuer warten, Entdeckungen. Das Schloss lockt, mit Gängen und Wendeltreppen, die Küche - Wolf kennt sie, seine Mutter arbeitete dort -, und plötzlich finden sie Geld. Sie sind wahrlich in des Teufels Küche geraten.
Von einem Musiker, einem Schriftsteller, einem alten Sportler erzählen diese Geschichten, von jungen Menschen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten, und von Dietmar, der eine Stunde im Schrank verbringt, während seine Klassenkameraden eine Mathearbeit schreiben - von ungewöhnlichen Situationen, denen Herbert Friedrich auf ungewöhnliche Weise nachspürt.
BLASMUSIK
DIE JURTE
SONNABEND MIT SADKO
DIETMAR AUS DER KISTE
IN DES TEUFELS KÜCHE
DER BAHNHOF ZU U.
MOPED oder DER DOPPELTE KUNZ
Geboren am 7. August 1926 in Zschachwitz.
Volksschule in Dresden, Lehrerbildungsanstalt in Frankenberg. Ab 1944 Wehrmachtssoldat, von 1945 bis 1949 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft in Mittelasien.
1950 war er zunächst Hilfsarbeiter, dann Lehrer in Lohmen/Pirna und in Dresden. 1957 legte er das Staatsexamen ab und studierte von 1958 bis 1961 am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ in Leipzig. Seit 1961 freischaffender Schriftsteller in Dresden.
Auszeichnungen
Martin-Andersen-Nexö-Kunstpreis der Stadt Dresden 1966
Alex-Wedding-Preis 1973
Der Gang endete vor einer Tür. Im Dämmerlicht schimmerte Wolfs schmales Gesicht unnatürlich weiß. „Hier ist die Küche“, zischelte er.
Wortlos übergab Blüher dem anderen den Dietrich. Dieses Nachschlüssels wegen waren sie hergekommen. Sie redeten die ganze Zeit wenig miteinander, als handelten sie nach einem genauen Plan.
Im Lack der Tür glänzte Wolfs Gesicht zurück, hinter ihnen in irgendeinem dieser Zimmer spielte das Radio, trank jemand Kaffee. Die Tür hatte einen metallenen Knauf, keine Klinke, wie Blüher jetzt gewahrte. Der Große Wolf arbeitete mit Geschick, einen tief zufriedenen Ausdruck im Gesicht. Er schien zu lauschen und zu träumen, dann bewegte er leicht die Hand. Der Dietrich hatte gefasst.
Die Tür war nicht verschlossen, sondern nur eingeschnappt. Mit dem Dietrich hatte Wolf die gefederte Schlossfalle zurückgezogen. Langsam schob er nun die Tür auf, Zentimeter zuerst, dann weit. Sie quietschte nicht, sie war gut geölt. Im nächsten Augenblick huschten die Jungen hinein, schlossen die Tür und blieben tief atmend stehen.
Na, so was, na, so was! Ein Lachen kam sie an, als sie das hier erreicht hatten dank des vortrefflichen Dietrichs und der nicht weniger rühmenswerten Ortskenntnis des Großen Wolfes.
In dem Raum, in den sie gelangt waren, gab es eine Menge Tische, Stühle darum, mit Kunststoff überzogen, die Tische mit Sprelacart. Auf manchen Tischen standen halb abgebrannte Kerzen mit Fichtenzweigen, wie von einer nachträglichen Weihnachtsfeier.
„Hier essen die Arbeiter“, erklärte Wolf und gab sich nun als der Mann, der das alles kannte. Hier hatte Wolf schon manches Mal gegessen, kostenlos, wenn er hungrig gewesen war; Weihnachten hatte er hier gefeiert inmitten der anderen Kinder vom Messgerätewerk.
Und dort an dem Schalter wurde das Essen ausgegeben, und da hinter dem Schalter, da war die eigentliche Küche, da hatte Wolfs Mutter Fleisch geschnitten und Würste gebraten und Kartoffeln gekocht und Pudding gerührt. „Das schauen wir uns noch an.“ All das hatte der Dietrich bewirkt. Klaus Blüher war froh, auch sein Teil zum Gelingen dieses Sonnabendnachmittags beigetragen zu haben.
Wolf war inzwischen an das Schalterfenster herangetreten, an dem er nun rüttelte. Wirklich ließ es sich in die Höhe schieben. Es gab den Blick frei in die Küche. Schon saß Wolf auf dem Schalterbrett, hockte die Füße an und schwenkte sie in die Küche.
„Steig nach“, forderte er Blüher auf. Durch diesen Schalter zu gelangen war eine Kleinigkeit.
Der Boden war gefliest, die Wände waren gekachelt, Töpfe standen in Reih und Glied, Gerät hing herum, Suppenkellen und Rührlöffel. Über allem lag schon der Hauch der Dämmerung, und es war ungemein interessant, hier entlangzugehen, wo man gewöhnlich nicht hindurfte.
So musste der Prinz in den Märchen in die Schlösser eingedrungen sein, um die Prinzessin zu befreien. Diese Küche hatte etwas vom hundertjährigen Schlaf an sich. Und in der Ecke schliefe der Hund und auf dem Sims die Katze. Und der Koch schliefe mit ausgestrecktem Arm, weil er dem Küchenjungen gerade noch eine Ohrfeige hatte geben wollen …
Alles, was recht war, Wolf hatte eine gute Nase gehabt, mit dem Dietrich diese Küche zu erschließen.
Es war ein Gemisch aus Kindheitserinnerung und Traum von Reisen und Abenteuern, das Klaus Blüher hier überflutete. Er zog den Reißverschluss am Anorak auf und schlug auch die Kapuze zurück; es war warm in der Küche. Zu essen gab es natürlich nichts. Aber an etwas so Unedles wie Essen dachte er jetzt nicht mehr.
„Streichhölzer …“, sagte Wolf, das Gesicht aufgehellt von der Freude. Jetzt stand dem Rauchen nichts mehr im Wege. Klaus rätselte noch, woher Wolf die Streichhölzer genommen habe, da hatte Wolf schon ein Glas in der Hand, darin klapperten Münzen.
„Geld!“
Es war ein ausgedientes Marmeladenglas. Die Küchenleute mochten darin ihr Telefongeld sammeln oder ihr Trinkgeld oder ihren Solidaritätsbeitrag. Klaus Blüher verspürte plötzlich einen Druck im Magen. „Stell das wieder hin.“
„Das sind Schätze, was!“ Wolf scherte sich nicht um seine Warnung. Er war nun der Große Wolf, der seine erste Beute machte. Dieses Glas, das war der Banktresor, den er geknackt hatte. Er schüttete das Glas auf den Tisch aus und begann das Geld zu zählen.
Blüher schielte nach dem offenen Schalter; es kribbelte ihn über den Rücken, dann sah er wieder Wolf, über das Geld gebeugt. Etwas würgte in seiner Kehle. Er ging zum Schalterfenster und ließ es herunter, gleichsam als Deckung. Als es unten aufsetzte, zuckte Wolf zusammen.
Es war Blüher allmählich unerträglich, zuzuschauen, wie Wolf das Geld zählte. Den Dietrich steckte er ein. Er ging rund um den Herd, betrachtete alles. Die Küche war gut so, wie sie war, doch das Geld hätte nicht in dem Glas sein dürfen. Ein Arbeitstisch stand an der Wand, ein Schrank, daneben gab es eine Tür, von der die Farbe abblätterte.
Langsam ging Klaus Blüher auf diese Tür zu. Er drückte die Klinke nieder, sie war verschlossen, aber der Schlüssel steckte. Da zog er die Tür mit der Klinke an sich und drehte langsam den Schlüssel herum, so gab sie kein Geräusch. Als er die Tür offen hatte, atmete er leichter. Vor ihm lag das, was er gesucht hatte, nämlich eine Treppe. Es war eine Wendeltreppe. Langsam stieg er hinab, tastete am Eisengeländer entlang, immer im Kreis. Licht war spärlich.
Unten angekommen, stand er wieder vor einer Tür, diese war zugeriegelt. Heute war er schon durch so viel verbotene Türen gegangen, dass ihn die eine nicht hinderte. Er fand den Riegel, zerrte ihn auf, wobei er Kraft anwenden musste. Diese Tür quietschte, und er lauschte eine ganze Weile, ob sie jemanden aufgeschreckt habe. Kalte Luft schlug ihm entgegen. Unversehens stand er im Park.

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