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Haut oder Hemd


Haut oder Hemd

Schauspiel

von: Erik Neutsch

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 09.08.2014
ISBN/EAN: 9783965213609
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 160

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Nichts Geringeres als die Neuprofilierung einer ganzen Bergbau-lndustrielandschaft, das Für und Wider um Entscheidungen über ein Territorium mit Tausenden dort lebender Menschen, wählt Neutsch als Grundlage für sein Schauspiel »Haut oder Hemd«. Das 1971 in Halle uraufgeführte Stück widmet sich den kühnen, zukunftsträchtigen Visionen nach dem später totgeschwiegenen VII. Parteitag der SED, dem letzten mit Walter Ulbricht als Generalsekretär. Die „Produktivkraft Wissenschaft“, vertreten durch den, die verschiedenen ökonomischen Varianten der Zukunft vorausberechnenden Informatiker Dr. Berg, den Chemiker und Plasteforscher Professor Uhlenhorst und den Ingenieur Baum, Fachmann der Kältetechnik, wehrt sich in einer Arbeitsgruppe gegen Kolbasser, Direktor eines Braunkohlekombinates, dem die Tagesaufgaben wichtiger sind und dessen Braunkohlebagger vor der Stadt nicht Halt machen. Aber auch die kühn in die Zukunft blickenden Wissenschaftler vertreten nur die Belange ihres Forschungsgebietes. Zu Recht erinnert der Wirtschaftssekretär der SED-Kreisleitung daran, dass es bei allen Plänen nur um die Menschen geht.
Ein interessantes Lehrbeispiel der Wirtschaftspolitik in den letzten Jahren der Ulbricht-Ära.

LESEPROBE:
Berg: Simm! He! Baggerführer Simm! Hörst du mich nicht? Genosse! Simm!
Beissert erscheint: Was ist los?
Berg: Simm will ich sprechen.
Beissert verschwindet, Simm erscheint.
Simm: Was gibt’s?
Berg: Steig herunter von deinem Bagger. Das alles hat doch keinen Verstand. Die Stadt bleibt stehen, auch wenn hundertmal soviel Kohle unter ihr läge.
Simm: Absteigen? Bist du noch zu retten? Endlich baggern, arbeiten wir wieder. Verstehst du? Arbeiten! Wendet sich ab.
Berg: Halt! Laß doch wenigstens mit dir reden.
Simm: Mit dir? Da bin ich vorsichtig. Und außerdem: Ab heute kostet mich jedes Wort mit dir eine Tonne Abraum. Von wegen Amerika und Japan. Wir sind hier nicht im Ruhrgebiet, sondern im Brücktal. Berg setzt sich unter den Greifer.
Simm: Geh aus dem Weg, sonst schütte ich dich auf die Kippe.
Berg: Würdest du auch deine Wohnung abreißen? Was sagt deine Frau dazu?
Simm: Wenn sie mir im Wege ist, warum nicht?
Berg: Deine Frau?
Simm: Meine Wohnung, du Esel. Verzeihung.
Berg: Die Stadt bleibt stehen.
Simm: Bist du lebensmüde? Jetzt hol den Werkschutz, Peter.
Klappenschläger: Nicht nötig. Mach ich selber. Ich hau ihn zusammen.
Simm hält ihn zurück: Verschwinde aus der Bahn, Genosse Doktor. Aus der Bahn! Hörst du nicht?
Geboren 21. Juni 1931 in Schönebeck/Elbe, Studium der Philosophie und Publizistik an der Universität Leipzig, Diplom 1953, bis 1960 Kultur- und Wirtschaftsredakteur in Halle, Reporter.
Seit 1962 freischaffender Schriftsteller, Mitglied der Akademie der Künste der DDR 1974-1991, Mitglied des Schriftsteller-Verbandes Deutschlands.
Erik Neutsch ist am 20. August 2013 in Halle verstorben.
Veröffentlichungen
Romane:
Spur der Steine, Halle 1964, Bergisch-Gladbach 1991, München 1994, Leipzig 1996 (35 Aufl.)
Auf der Suche nach Gatt, Halle 1973, Benshausen 2009 (15 Aufl.)
Der Friede im Osten, bisher 4 Bände, Halle 1974-1987 (29 Aufl.)
Totschlag, Querfurt 1994 (2 Aufl.)
Nach dem großen Aufstand - Ein Grünewald-Roman, Leipzig 2003, Dößel 2010 (2 Aufl.)
Erzählungen:
Die Regengeschichte, Halle 1960 (3 Aufl.)
Die zweite Begegnung, Halle 1961
Bitterfelder Geschichten, Sammelband, Halle 1961 (3 Aufl.)
Die anderen und ich, Sammelband, Halle 1970 (5 Aufl.)
Tage unseres Lebens, Leipzig 1973
Heldenberichte, Sammelband, Berlin 1976
Akte Nora S., Berlin 1976
Der Hirt, Halle 1978, Berlin 1998
Zwei leere Stühle, Halle 1979 (10 Aufl.)
Forster in Paris, Halle 1981, Querfurt 1994 (3 Aufl.)
Claus und Claudia, Halle 1989 (3 Aufl.)
Stockheim kommt, Berlin 1998
Verdämmerung, Kückenshagen März 2003 (2 Auflagen)
Kinderbücher:
Olaf und der gelbe Vogel, Berlin 1972 (5 Aufl.)
Vom Gänslein, das nicht fliegen lernen wollte, Leipzig 1995.
Bühnenwerke:
Haut oder Hemd, Schauspiel, Urauff. Halle 1971
Karin Lenz, Opernlibretto zur Musik von Günter Kochan, Urauff. Deutsche Staatsoper Berlin 1971
Haut oder Hemd, Text und Dokumentation, Halle 1972
Da sah ich den Menschen, Dramatik und Gedichte, Berlin 1983
Die Liebe und der Tod, Gedichtband, Halle 1999
Mitautor in ca. 70 Anthologien und Sammelbänden.
Filme (nach seinen Texten):
Spur der Steine, DEFA 1966
Die Prüfung, DEFA 1967
Akte Nora S., Deutscher Fernsehfunk 1975
Auf der Suche nach Gatt, DFF 1976
Zwei leere Stühle, DFF 1982
Übersetzungen seiner Texte in über 20 Sprachen.
Verkaufte Bücher (ohne Anthologien): ca. 2,2 Millionen in Deutschland.
Auszeichnungen u.a.:
Nationalpreis der DDR für Kunst und Literatur 1964 und 1981
Heimich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR 1971
Kunstpreis der Stadt Halle 1971
Händelpreis der Stadt Halle 1973
Berg: Simm! He! Baggerführer Simm! Hörst du mich nicht? Genosse! Simm!
Beissert erscheint: Was ist los?
Berg: Simm will ich sprechen.
Beissert verschwindet, Simm erscheint.
Simm: Was gibt’s?
Berg: Steig herunter von deinem Bagger. Das alles hat doch keinen Verstand. Die Stadt bleibt stehen, auch wenn hundertmal soviel Kohle unter ihr läge.
Simm: Absteigen? Bist du noch zu retten? Endlich baggern, arbeiten wir wieder. Verstehst du? Arbeiten! Wendet sich ab.
Berg: Halt! Laß doch wenigstens mit dir reden.
Simm: Mit dir? Da bin ich vorsichtig. Und außerdem: Ab heute kostet mich jedes Wort mit dir eine Tonne Abraum. Von wegen Amerika und Japan. Wir sind hier nicht im Ruhrgebiet, sondern im Brücktal. Berg setzt sich unter den Greifer.
Simm: Geh aus dem Weg, sonst schütte ich dich auf die Kippe.
Berg: Würdest du auch deine Wohnung abreißen? Was sagt deine Frau dazu?
Simm: Wenn sie mir im Wege ist, warum nicht?
Berg: Deine Frau?
Simm: Meine Wohnung, du Esel. Verzeihung.
Berg: Die Stadt bleibt stehen.
Simm: Bist du lebensmüde? Jetzt hol den Werkschutz, Peter.
Klappenschläger: Nicht nötig. Mach ich selber. Ich hau ihn zusammen.
Simm hält ihn zurück: Verschwinde aus der Bahn, Genosse Doktor. Aus der Bahn! Hörst du nicht? Sonst geht es dir wie dem Urpferdchen, das ich mal ausgrub. Ab ins Heimatmuseum. Dort steht’s unter Glas. Und jeder macht sich darüber lustig.
Berg: Über euch macht man sich lustig. Ihr steht unter Glas. Urtiere seid ihr, du und Kolbasser. Kohle um jeden Preis. Ihr könnt nicht denken. Übermorgen fließt hier schon das Erdöl.
Klappenschläger: Daß ich nicht lache. Über ein Jahr hattet ihr Zeit dazu, ihr Studierten. Unserem Kommissar jedoch genügte ein Tag in Berlin, und die Kohle hat gesiegt.
Beissert: Du bist für Schwenke hier, den Friseur, kapierst aber auch nicht mehr als er.
Berg: Simm. Tu, was morgen von dir verlangt wird, schon heute. Steige ab!
Simm: Ist ja alles Leerlauf.
Er kehrt in seine Kabine zurück. Die Motoren heulen. Berg unmittelbar unter dem Greifer. Simm fährt damit auf ihn zu.
Berg: Mensch oder Maschine. Atomkraft oder Kohle. Die Vernunft oder das Faustrecht. Ich oder Kolbasser.
Simm fährt mit dem Greifer immer dichter an Berg heran. Der geht in die Knie, weicht schließlich zurück und verläßt geschlagen das Feld.

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