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Erde, Blut und Rote Rüben


Erde, Blut und Rote Rüben

Petermännchen als Prophet - Weissagung und Wirklichkeit
Die schönsten Sagen und Geschichten vom Schweriner Schlossgeist Petermännchen, Band 2 1. Auflage

von: Erika Borchardt

7,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 07.02.2019
ISBN/EAN: 9783956558887
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 124

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Die Geschichten (Teil 2 der Reihe „Die schönsten Sagen vom Schweriner Schlossgeist Petermännchen“) sind erstmals veröffentlichte historische Sagen-Geschichten. Petermännchen agiert in ihnen als Prophet, als Seher und Warner. Durch verschiedenfarbige Kleidung und wundersame Erscheinungen kündigt er dramatische Ereignisse an. Sie haben furchtbare Folgen, vor allem im Leben der großherzoglichen Familie von Mecklenburg-Schwerin. Aber nicht allein dort.
In den Geschichten geht es u.a. um den – von Petermännchen angekündigten – deutsch-französischen Krieg 1870/71 (an den in Schwerin die Siegessäule auf dem Alten Garten erinnert), um den vorzeitigen Tod des so tatkräftigen Großherzogs Friedrich Franz II. 1883, dessen imposantes Denkmal im Schlossgarten steht, um den verheerenden Brand des Schweriner Schlosses 1913 und um andere tiefgreifende Ereignisse. Weitere Denkmäler wie das Anna-Hospital oder die Burg Reppin sind mit den Sagen verbunden. In einer der Geschichten lesen wir von einer Weissagung, die so fremdartig und rätselhaft ist wie die berühmten Orakel der griechischen Antike.
Die – teilweise seltenen – historischen Ansichtskarten aus der Sammlung von Andreas Bendlin geben Ein-Blick auf Sagenort, Personen und Zeitumstände.
Blut im Rinnstein (1870/71)
Die wundersame Stadt
Das unverhoffte Glück
Das Blutgerücht
Die Schlacht vor Paris
Erde, Blut und Rote Rüben (1881/82)
Ein dunkles Rätsel
Der Tod der Prinzessin – Petermännchens Weissagung?
Bleibt das Orakel ungelöst?
Der Geist im Trauerflor (1883)
Ein guter Landesherr
Was man nicht gleich sieht
Das vorzeitige Ende
Wer ist verantwortlich?
Tod in der Nordsee (1897)
Petermännchen schafft Unruhe
Der zerrissene Ölrock
Ein Schreck beim Spaziergang (1908)
Der Herr Justizrat und seine Frau Gemahlin
Die Spukgestalt im Dämmerlicht
Heutige Schönheit aus irrsinniger Vergangenheit
Die Quelle aus Tränen
Das Schloss brennt (1913)
Die lustigen Schornsteinfeger
Es brodelt in der Welt
Berta ist ganz aufgeregt
Der Spuk auf der Schlossbrücke
Herr Kleinermann und Herr Leisetritt
Der gute Herr Schmusemann
Zweifel und Verzweiflung
Es brennt
In der Geisterstunde
Das Wunder im Krankenhaus
Das Ende
Rätselhafte Zufälle. Ein Nachwort von Erika Borchardt
Spuk im Uhrturm (1922)
Das Glück des Heizers
Das Unglück der Großfürstin
Wir werden Kaiser
Petermännchen hört Adolf Hitler (1939)
Der endlose Fluch (1914/18 und 1989)
Erika Borchardt
Jahrgang 1944, Diplom-Kulturwissenschaftlerin
Fachverkäuferin für Lebensmittel, als Lehramtsanwärterin kombiniertes Direkt- und Fernstudium für Mathematik und Technisches Zeichnen, danach im Kulturbereich tätig und vier Jahre Fernstudium der Kultur- und Leitungswissenschaft sowie weitere fünf Jahre Fernstudium der Kulturwissenschaft. War über ein Jahrzehnt wissenschaftliche Mitarbeiterin im Schlossmuseum Schwerin. Mitbegründerin des Kulturvereins Sagenland Mecklenburg-Vorpommern e. V.
Autorin von wissenschaftlichen Arbeiten zur mecklenburgischen Kulturgeschichte und mehreren Erzählbüchern, vor allem mit Petermännchen-Geschichten. Daneben Hör- und Puppenspiele sowie ein Bühnenstück. Zusammenarbeit mit ihrem Ehemann Dr. Jürgen Borchardt.

Jürgen Borchardt
Jahrgang 1944, Dipl.-Germanist und Anglist, Dr. phil.
War Leistungssportler, Beton- und Straßenbauer. Arbeitete nach dem Hochschulstudium als Philosoph, Journalist sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Landesbibliothek Schwerin. Ehrenamtlich in der Filmklubbewegung der DDR sowie im Kulturbund tätig. Mitbegründer des Kulturvereins Sagenland Mecklenburg-Vorpommern e. V.
Autor und Herausgeber von Geschichten sowie literatur- und kulturhistorischer Arbeiten über Mecklenburg. Zusammenarbeit mit seiner Ehefrau Erika Borchardt.
Die Mitternachtsstunde nahte. Aber niemand achtete auf die Zeit, nur der alte Feuerböter blickte besorgt in den durch das Feuer hell erleuchteten Nachthimmel. Mit allen Sinnen spürte er das Anschwellen des Windes. Und er fühlte das Herannahen der Geisterstunde. Karl zitterte. Das Kammermädchen stürzte auf ihn zu. Ihre Hände klammerten sich an ihn: „Wird das ganze Schloss abbrennen? Gibt es keine Rettung?“, fragte sie fassungslos. Der Alte fand nur schwer seine Sprache wieder. Hilflos strich er über ihr Haar. „Wir müssen das Ende der Geisterstunde abwarten. Zwischen zwölf und ein Uhr sind sie in ihrem Element. Wir können nichts tun.“ „Und der Schlossgeist? Ist der jetzt auch machtlos?“, fragte das Mädchen. „Er wird tun, was in seiner Macht steht. Da bin ich mir sicher. Es ist doch auch sein Schloss. Wenn das Feuer nur nicht den Munitionsturm erreicht!“, flüsterte er. „Das wäre grauenhaft.“
Tatsächlich frischte der Wind jetzt auf. Mehr Wind, das hieß noch mehr Luft für das Feuer, es konnte sich nun mit noch mehr Kraft entfalten, noch grausamer werden, noch gewalttätiger. Die Feuersbrunst drängte sich zum seeseitigen Nordflügel. Die Feuerwehrleute sahen die drohende Gefahr. Sie wollten wenigstens die historisch wertvollen Renaissancebauten mit der Schlosskirche und dem Glockenturm schützen. Dass der Schlossgeist sein Zimmerchen im Kirchturm hatte, daran dachte bei diesem heillosen Durcheinander außer Karl niemand von ihnen.
Der Feuerböter drängte zum Südflügel, das Kammermädchen mit sich ziehend. „Komm“, keuchte er. „Der Kirche und dem Kirchturm wird nichts passieren. Du wirst es sehen. Dort hat Petermännchen sein Stübchen. Er wird schon darauf acht geben. Hier müssen wir entlang. Hier müssen wir dem Feuer den Weg versperren.“ Wild schlug er mit seinem Umhang auf die Flammen. Wieder und wieder. Ohnmächtig musste Karl jedoch zusehen, wie sich die lodernde Glut all seinen Anstrengungen mühelos widersetzte. „Hier kann ich nichts mehr tun. Es ist alles sinnlos.“ „Noch ist nicht alles verloren“, widersprach das Mädchen. „Schnell! Wir müssen hier weg. Die Gefahr ist noch nicht gebannt. Die Geisterstunde noch nicht vorbei.“ Der Alte ergriff das Mädchen und hastete, sie wild hinter sich her zerrend, durch die sich mehr und mehr verdichtenden Rauchschwaden.
Die Mitternachtsstunde neigte sich dem Ende zu, nur noch wenige Minuten, dann würde die Kirchturmuhr eins schlagen. Plötzlich drehte sich, für alle unerwartet, der Wind. Das rettete den Nordflügel des Schlosses, samt Schlosskirche und Petermännchenzimmer, trieb aber die Flammen dem Gartenportal und dem Munitionsturm zu. Bevor die Feuerwehrleute die ganz neue Situation erkannten, war die Katastrophe bereits geschehen. Eine gewaltige Explosion erfolgte, mischte sich mit tausend anderen Detonationen, erzeugte blendende Helligkeit, Feuerflackern, ein Glühen und Glänzen, ein Leuchten und Lodern, ein Züngeln und Zittern von großen und kleinen, dicht ineinander verknäulten, hoch auflodernden Flammen, ein wahres Flammenmeer. Dazwischen scharfes, hartes, unaufhörliches Geknatter und weitere Explosionen. Das krachte, dröhnte, grollte und schallte, als wollten Schloss und aller Grund zerbersten.
Was einst der Munitionsturm gewesen, leuchtete jetzt wie eine ungeheure Fackel hoch über die übrigen Flammen des Schlosses hinaus.
So manch einer gab das Schloss nun ganz verloren. Niemand ahnte, dass sich im Schlossflügel am Burgsee noch zwei Menschen befanden.
Karl hatte das Mädchen vorerst in Sicherheit bringen können, wahrlich in letzter Sekunde. Die kleinen Brandwunden und der Reizhusten, der sie quälte, zählten nicht. Aber noch war die Gefahr nicht gebannt. Der Schreck durch die Explosionen im Munitionsturm machte ihnen die Knie weich. Zitternd lehnte sich das Mädchen an die Wand und rutschte langsam auf den Boden. Die letzten Kräfte hatten sie verlassen. „Ich kann nicht mehr.“
Man konnte dem Feuerböter förmlich ansehen, wie die Gedanken in seinem Kopf jagten. Nur einige Wortfetzen drangen an das Ohr des Mädchens. „Ob das sein kann? Nein, nein. Doch! Natürlich. Ja! So ist es. So wird es sein!“ Berta rüttelte den Alten, mehr erschrocken als erstaunt fragend: „Was sagst du?“ „Du musst hier raus. Eil dich!“, antwortete er. „Und du?“, fragte das Mädchen. „Das Feuer wird schon den Goldenen Saal erreicht haben. Ich muss da hin! Komm.“ Er zog das wankende Mädchen mit ungewohnter Heftigkeit hinter sich her. Sie erreichten den Thronsaal. Feine, leichte Rauchschleier schwebten in der Luft „Schnell, du gehst hier lang, durch die Schlössergalerie zum Uhrturm, dann die Wendeltreppe runter. Du schaffst es.“ Er stieß das Mädchen in den angrenzenden Flur und hastete los, ohne sich umzublicken. Berta sah noch die gemalten Schlösser an den Wänden, dann sank sie zu Boden. Die Beine wollten sie nicht mehr tragen. Kleine Fünkchen tanzten vor ihren Augen. Nur ein klein wenig verschnaufen, sagte sie sich. Da überflutete eine dunkle Woge das Mädchen und befreite sie von ihren Ängsten.

Karl lief in die Ahnengalerie. Beim Fortschaffen des Inventars hatte man in der Eile alle Türen offen gelassen. Er machte sie rasch zu. Dann rannte er in den Goldenen Saal. Dunkler Rauch schlug ihm entgegen und nahm ihm den Atem. Er schloss ein offenes Fenster, riss sich die Jacke vom Leib und drückte sie auf die Flammen. Sie mussten erstickt werden. Die Hitze brannte an seinem Körper. Übelkeit ergriff ihn, der Kopf schien bersten zu wollen. Hörte er da schon die Feuerwehrleute? Sein Herz begann wild zu schlagen. Karl schwankte, die Hände griffen ins Leere.

Der Goldene Saal vor seiner endgültigen Vernichtung durch den Schlossbrand
Der Feuerwehrmann Gustav Hellermann hielt gerade die Wasserspritze auf die obere Etage des Schlosses, da sah er hinter einem der Fenster den Schatten eines Menschen vorbeihuschen, eines kleinen Menschen mit hohem Hut. „Da oben ist noch ein Kind!“, schrie er. „Was ist das für ein Raum, da oben?“, fragte er einen der Diener, die den Feuerwehrleuten zur Seite standen. „Da oben, die dunklen Fenster?“ „Ja die, schnell, was ist das für ein Raum?“ „Na, das ist der Goldene Saal. Warum willst du das wissen?“ Gustav antworte nicht. Er drückte seinem Nebenmann die Wasserspritze in die Hand und wollte loseilen. Der war ganz verdutzt. „He, wo willst du hin?“ „Nach oben, in den Goldenen Saal. Da ist noch jemand drin.“ „Das geht nicht! Mach keinen Quatsch, Gustav. Du kommst da nicht mehr durch.“ Hellermann hörte nicht auf seinen Kameraden und stürzte ins Gartenportal. Was er dort sah, ernüchterte ihn. Die Rote Marmortreppe drohte einzustürzen. Es gab tatsächlich keine Möglichkeit, hinaufzugelangen. Entmutigt wollte er aufgeben. Da vernahm er ein Wispern: „Der Uhrturm. Die Wendeltreppe im Uhrturm. Die Wendeltreppe!“ Der Feuerwehrmann überlegte: Der Uhrturm? Natürlich. Ich muss dann eben eine andere Treppe benutzen, das ist die Lösung. Einen Fehler durfte er sich jetzt auf keinen Fall leisten. Über die Wendeltreppe gelangt man in die Festetage, zum Thronsaal, und von dort, ja, so muss es sein, kommt man zum Goldenen Saal, zum Ballsaal mit seinen großen vergoldeten Säulen.
Im Nu rannte er in den Schlosshof. Den Kameraden rief er zu: „Los! In die dritte Etage! Im Goldenen Saal, da ist noch ein Kind drin.“

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