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Einsam in Südwest


Einsam in Südwest

Tagebuchroman. Aus dem Nachlass des Eisenbahners Hermann Köppen, Beamter an der Strecke Swakopmund - Windhuk, Südwestafrika
1. Auflage

von: Jürgen Leskien

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 12.02.2013
ISBN/EAN: 9783863949372
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 314

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Dieser spannende Roman, in Form eines fiktiven Tagebuchs geschrieben, beginnt mit einem Schiffsunglück, Anfang 1894 vor Südwest. In der Deutschen Kolonialzeitung war darüber zu lesen:
NANNY VOR SÜDWEST GESTRANDET
Wundersame Rettung fast aller Passagiere
Von Bremen nach Lüderitzbucht unterwegs, das ersehnte Land vor Augen, packte eine gewaltige Faust das Schiff.
Kapitän Ernst Gau, ein mit den Wassern aller Meere gewaschenen Fahrensmann, bestätigte später, einen solchen Sturm bei hellem Himmel und klarer Sicht noch nicht erlebt zu haben. Das Ruder brach, und die Nanny trieb auf eine Sandbank, die es ja hier in der Sandwichbai so zahlreich gibt. Die Matrosen banden sich an der Reling mit Tampen fest, um wenigstens einen Teil der Decksladung zu retten. Die Passagiere wähnte man alle zu Tisch in der Messe. Dem war leider nicht so. Familie Köppen aus Frankfurt an der Oder, rechtschaffene Leute, die auf Überfahrt waren, um in Südwest zu siedeln, sie konnten sich nicht sattsehen, denn Land war schon in Sicht.
Die plötzliche Schlagseite des Schiffes beim Stranden ließ sie und zwei Besatzungsmitglieder über Bord gehen.
Zwei männliche Leichname und der einer Frau wurden nach zwei Tagen gefunden. Ob Karl Köppen dabei war, ist nicht mit Sicherheit zu sagen, die Suche ging bis dato weiter.
Wie durch ein Wunder wurde der Sohn der Familie Köppen gerettet. Offensichtlich hatte ihn jemand an eine Planke gebunden, wie das Oberhaupt einer dem Strand nahe gelegenen Hottentottensiedlung gestenreich erklärte.
Die Wilden hatten den deutschen Jungen versteckt, offensichtlich wollten sie ihn bei sich behalten, vielleicht sogar mit einem ihrer Weiber verheiraten. Aber Hermann Köppen, siebzehn Jahre jung, frischgebackener Schmiedegeselle, widerstand, und so konnte ihn schon drei Tage später der herbeigerufene Pfarrer Tanneberg von der Missionsstation Obongo in seine Arme schließen. Die Qual des Jungen hatte ein Ende. Wir sind sicher, dass wir von Hermann Köppen noch hören werden! Ehren wir die Heimgegangenen! Hoch leben unsere tapferen Siedler, es lebe unser schönes Südwest!
Eben jener Überlebende beginnt, nachdem er langsam wieder zu sich kommt, am 15. Januar 1894 ein Tagebuch, in dem er von nun an das Wichtigste vom Tage notieren und auch sonst alles zusammenhalten, was von unserem Leben auf neu gewonnener Scholle kündet. Ich sehe es auch als meine Pflicht nach dieser wundersamen Rettung. Die Aufzeichnungen reichen bis zum 20. Dezember 1949. Ein Leben – einsam in Südwest.
Jürgen Leskien
19.10.1939 in Berlin-Friedrichshain geboren.
Ausbildung und Arbeit als Motorenschlosser. Ab 1959 Offizier, Flugzeugführer/Navigator der Luftstreitkräfte der DDR. Ingenieur für zivile Flugsicherung, 1972 Entlassung aus der Armee.
Ab 1972 Studium der Theaterwissenschaften an der Theaterhochschule Leipzig, Arbeiten über Heinrich von Kleist, 1977 Diplom.
Dramaturg beim Fernsehen der DDR in Berlin. Seit 1978 freiberuflich tätig.
1978/79, 1981, 1982 Arbeit als Kfz-Schlosser im Rahmen der Entwicklungshilfe der DDR in Angola.
1983/84, 1988/89 Arbeit im UNHCR Flüchtlingscamp für namibische Flüchtlinge (Kwanza Sul in Angola) und im „ ANC Entwicklungs- und Ausbildungscamp Dakawa (Tansania) / Mazimbu“.
Die Berührung mit AFRIKA wird prägend für die schriftstellerische und publizistische Arbeit.
März 1990 bis Oktober 1990 Mitglied der Volkskammer der DDR.
Mitarbeit u. a. im "Ausschuss für Entwicklungspolitik". Als Parlamentarier offizieller Namibiabesuch, Rückführung der in der DDR lebenden namibischen Flüchtlingskinder.
1991 Teilnahme an der Afrikanischen Buchmesse in Harare / Simbabwe.
1994 / 1995 Mitinitiator der Spendenaktion ”Fischkutter für Angola”, 1995 als Maschinenassistent an Bord, Überführung eines ”DDR/Treuhand-Fischkutters” von Rostock nach Luanda.
Seit 1990 Arbeit in Namibia, u.a. Mitarbeit am Konversionsprojekt (ehemalige Basis der Südafrikanischen Luftwaffe, Projektleiter vor Ort) des Bremer Afrika Archivs und des Centre of Africa Studies (Universität Bremen) - "Ruacana Education with Production Centre" in Ruacana / Namibia.
Seit 2005 engagiert in der AFRI-LEO Foundation Namibia/Damaraland.
Bis 1992 Berlin-Prenzlauer Berg, seit 1993 Wohnsitz in Kleinbeuthen bei Berlin, wahlweise Namibia - Swakopmund, Damaraland, Farm Karos.

Literaturpreise
Erich Weinert Literaturpreis 1978
Literaturpreis der Stadt Berlin (DDR) 1984
FDGB-Literaturpreis 1987
Soweit es möglich war, habe ich versucht, zu erfahren, wie es Euch dort im schönen Südwest geht. Durch die Zeitung oder durch das Radio. Der Schreinermeister Basel vom Nachbardorf, dem ich, wenn Not am Mann war, schnell mal einen Reifen aufs Rad zog oder eine Achse richtete, der hatte einen ziemlich modernen Empfänger. Als aber verfügt wurde, alle Rundfunkgeräte der Juden einzuziehen, war er seinen Super los. Im Dezember dann lag Basels jüngste Tochter auf den Tod, eine verschleppte Lungenentzündung, das passiert hier in unserer Gegend mit den Kindern immer wieder mal. Das Mädchen wünschte sich so sehr ein Stück Schokolade, aber der Verkauf von Schokoladenerzeugnissen an Juden war durch die Behörden längst schon verboten worden. Ich war gerade in unserem kleinen Dorfladen, als Basel sein Fuhrwerk davor anhielt. Die gute Kaufmannsfrau aber, eigentlich eine Seele von Mensch, konnte Basel das Gewünschte nicht geben, also kaufte ich die Schokolade für das Kind. Ich weiß nicht, wer es später dem Ortsbauernführer gesteckt hat, wir waren nur drei Personen im Laden.
Dieser Tage nun musste ich in die Kreisstadt. Da ich nicht arischer Abstammung bin, kam der aktive Dienst in der Deutschen Wehrmacht für mich nicht infrage, mich hatten sie gemustert für den Wehrdienst im Beurlaubtenstand, Ersatzreserve bis zum fünfunddreißigsten Lebensjahr, heißt das. Nun hatte man mich hinbestellt, um mir mitzuteilen, dass ich mit sechsunddreißig, und das bis zum fünfundvierzigsten Lebensjahr, zur Landwehr gehöre. Plötzlich war von mir als Abkömmling die Rede, der Name Basel kam ins Spiel, und ich wurde gefragt, wie ich die geistige Entjudung in unserem Dorf einschätze. Was soll man darauf wohl antworten? Die Leute hinter dem Amtstisch waren freundlich, aber mir war nun klar, sie hatten mich entdeckt.
Seit diesem Donnerstag geht mir so allerlei durch den Kopf, ob ich nun unseren Warmblütern hier die Hufe beschneide oder am Schmiedefeuer stehe. Am schlimmsten ist es abends, wenn ich vor Sonnenuntergang auf unserem Acker hinter der Schmiede schnell noch mit der Pferdehacke durch den Boden gehe. Das wächst und wächst, und wer wird ernten? Doch, Vater, solcher Art sind die Gedanken. Die Leute, die uns umgeben, gehören kraft ihrer rassischen Anlagen zu den Völkern, die die Fähigkeit zur staatsgestaltenden Leistung, zum Kulturschaffen haben, sie gehören zu den Herrenvölkern. Es ist ihr Recht, diese Anlagen auszuschöpfen, und das vom Lebensrecht des Stärkeren her und nicht aus irgendwelchen juristischen Gründen. Das sagt Dir hier der kleinste Pimpf, und Du kannst es überall lesen: Wir als Herrenvolk haben durch unsere Erbanlagen das Urrecht, Herrenvolk zu sein. Ich aber schaue am Abend in den Spiegel, sehe mein müdes Mulattengesicht und frage mich: Wer bin ich, wo ist denn nun mein Platz, wo der meiner Familie, was wird mit dem Kind, das in Inge wächst. In trüben Stunden glaube ich es manchmal selbst, dass es besser wäre, ein reinrassiger Neger zu sein, dann wäre ich, für meine Rasse gesehen, ausgeglichen wie der reine Europäer. Ich wüsste dann sicher aus Instinkt heraus, was ich innerhalb meiner Artung tun darf und was nicht. Warum, so frage ich mich an schlimmen Tagen, und ich bitte um Verzeihung, Vater, warum hast Du Dir nicht eine weiße Frau als Mutter für mich nehmen können oder Mutter nicht einen Hereromann? Vielleicht stimmt es, wie es in den Illustrierten steht, dass der Mischling zuerst den Instinkt für ein bestimmtes soziales Verhalten verliert, eben weil er mal dieser, dann wieder jener sein will, dass aber die Rassenmischung überhaupt die Höchstwerte der beiden Ausgangsrassen zerstört?
Durch Vater Holländer glaubte ich erfahren zu haben, und auch durch meine Bücher: Mit der Taufe bin ich Mitchrist, bin ich Bruder geworden. Nun stellt sich das als ein riesiger Irrtum, ja als Anmaßung heraus! In kühner Selbstüberschätzung, der Waffendienst für Frankreich im Rheinland hat sicher noch das Seine dazugetan, wähnte ich mich in der Gemeinschaft der Christen auch zum Europäer erhoben!

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