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Ein geborener Genießer


Ein geborener Genießer

Goethe-Anekdoten
1. Auflage

von: Volker Ebersbach

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 31.01.2022
ISBN/EAN: 9783965216082
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 189

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Fallen wir sozusagen gleich mit der Tür ins Haus, ins Goethe-Haus. Und zwar in das in Weimar. Am Frauenplan. Denn dort ist er gestorben. Und fast alle kennen seine angeblich allerletzten Worte. Klar, dass diese in einer Anekdoten-Sammlung über ihn nicht fehlen dürfen. Und so hat sie Volker Ebersbach an die letzte Stelle seiner ebenso informativen wie vergnüglichen Sammlung gerückt, die den vielseitigen Mann abbilden wollen, der in seinem langen Leben fast alles, zumindest vieles gewesen ist: Student und Jurist, Dichter vor allem und Minister, Reisender, Theaterdirektor, Liebhaber, Ehemann und Großvater von drei Enkelkindern sowie nicht zuletzt und vor allem ein Mensch – mit allen seinen Stärken und Schwächen.
Davon ist in dieser Sammlung die Rede, die zuerst 1995 veröffentlicht wurde, also im Jahr seines 246. Geburtstages.
Hier aber wie versprochen die letzte der von Ebersbach aus vielen Quellen geschöpften Goethe-Anekdoten, die Nummer 152:
Mehr Licht?
Bevor Goethe am 22. März 1832, in seinem Lehnstuhl zurücksinkend, starb, soll er, von der Erkältung geplagt, die ihn aufs Letzte geschwächt hatte, kaum verständlich etwas von einem zweiten Fensterladen gehaucht haben, den man in der Stube auch aufmachen solle, er wolle „mehr Licht“. Was er dann noch sagen wollte, schrieb er, deutlich die Interpunktion setzend, mit dem rechten Zeigefinger in die Luft. Nur der Anfangsbuchstabe, ein großes W, war deutlich zu erkennen. So galt dieses „Mehr Licht!“ als Goethes letztes Wort.
Da seine Augen aber in letzter Zeit so lichtempfindlich gewesen waren, dass er sie selbst gegen eine Lampe mit einem grünen Schirm schützte, kamen auch Zweifel auf. Kenner der Frankfurter Mundart, die Goethe nie ganz abgelegt hatte, meinten, es könnte auch ein erleichterter Seufzer gewesen sein, des Sinnes: Man liegt …

Davor reicht die Auswahl von seiner Geburtsstadt Frankfurt über Leipzig, wo er studiert und manche Liebschaft hatte, Straßburg und natürlich Weimar sowie Italien, wohin er sich flüchtete, bis nach Frankreich und Karlsbad, wo er noch höheren Alter gern mit jungen und hübschen Damen plauderte.
Glücksstunden werden ebenso vermeldet wie Unglückstunden. Es ist eine schöne Einladung, ein großes Leben zu besichtigen und ein großes Werk wieder einmal zu betrachten, praktiziert und geschaffen von einem Mann, der in nicht weniger als knapp 27 Jahren seinen 300. Geburtstag feiern könnte.
I. FRANKFURT
1. Ein geborener Genießer
2. Der kleine Ästhet
3. Ein Ohrenschmaus
4. Griff nach den Sternen
5. Autodafé
6. Ein Anfang
7. Der gerissene Lehrer
II. LEIPZIG
8. Letzter Wink eines anderen Zeitalters
9. Kunstgriff
10. Missglückte Liebeslist
11. Das längere Gedächtnis
12. Bombenfest
III. STRAßBURG
13. Böses Omen
14. Goethe in Paris!
15. Wie man sich empfiehlt
16. Ein vergesslicher Genießer
17. Geiz
18. Ein berühmter Ankömmling
19. Bibliophiles
20. Intuition
21. Einsamer Genuss
22. Extraportion
IV. GENIEZEIT
23. Merck
24. „Beten Sie für mich!“
25. Das Weltkind
26. Der durstige Aufklärer
27. Mummenschanz
28. Bürgerschreck
V. WEIMAR
29. Das Weltkind bei Hofe
30. Rechnungen für deutsche Genies
31. Gleichmut in der Niederlage
32. Ländliche Rachegöttin
33. Komme gleich wieder
34. Ross und Reiter
35. Mephistophelische Lesung
36. Augenblick und Ewigkeit
37. Erlkönig
38. Autorenbekenntnis
39. Volkstümlich
40. Die Giftnudel
41. Herablassung
42. Wie gerufen
VI. ITALIEN
43. Verdächtiges Zeichnen
44. Fortschreitende Aufklärung
45. Vom Incognito zum Pseudonym
46. Der Gott und die Katze
47. Findige Armut
48. Ein Patriot
49. Vom Nutzen des Kehrichts
50. Der Wettermacher
51. So sind wir alle
52. Auslese
53. Rückblick
VII. AM MUSENHOF
54. Souveränitäten
55. Das unwillkommene Ständchen
56. Unverhoffte Ehren
57. Trinkgeld statt Entschädigung
58. Größen
59. Genüssliches Vergelten
60. Ein sprechender Name
61. Dichterliche Verfügung
62. Verrat
63. Sachliche Fragen
64. Lorbeer
VIII. GLÜCKSSTUNDEN
65. Vermittelndes
66. Lachsalven
67. Geheimrätliche Auskunft
68. Mutter
69. Angepackt!
70. Väterlicher Rat
71. Rezensenten
72. Anfänge eines Goethe-Museums
73. Weggelesen
74. Der maßvolle Genießer
75. Neuschnee
IX. UNGLÜCKSSTUNDEN
76. Seine Exzellenz
77. Wes Brot ich ess …?
78. Doppelter Widerhaken
79. Verwechslung mit dem Schwager
80. Unglücksstunde
81. Der einsilbige Genießer
82. Ungenießbar
83. Schweigend ins Gespräch vertieft …
84. Einer von beiden
85. Unerbittliches Schicksal
86. Ausgepfiffen
87. Noch ein Autodafé
88. Empfindliche Stelle
X. KRIEG
89. Gehorsam
90. Doch noch Paris?
91. Mephistopheles am Wachfeuer
92. Valmy
93. Zustände!
94. Rechtzeitige Warnung
95. Ein Federstrich
96. Unruhige Nacht
97. Diese Person
98. Umwidmung einer Kriegsbeute
99. Zwillingsnationen
100. Politik statt Tragödie
101. Deutsche Freiheit?
102. Verzicht
103. Mucken
104. Olympiergrimassen
XI. KURGAST
105. Mineralogische Namenskunde
106. Fremde Federn
107. Massenkost
XII. „MEHR LICHT!“

Volker Ebersbach ist am 6. September 1942 in Bernburg/Saale geboren und dort aufgewachsen. Nach Abitur und Schlosserlehre studierte er von 1961 bis 1966 Klassische Philologie und Germanistik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. 1967 promovierte er über den römischen Satiriker Titus Petronius. Danach lehrte er Deutsch als Fremdsprache ab 1967 in Leipzig, 1968 in Bagdad, 1971 bis 1974 an der Universität Budapest, wo er auch mit seiner Familie lebte.
Seit 1976 ist er freier Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber. Er schreibt Erzählungen und Romane, Kurzprosa, Gedichte, Essays, Kinderbücher, Biografien und Anekdoten. Er übersetzte aus dem Lateinischen ausgewählte Werke von Catull, Vergil, Ovid, Petronius, das Waltharilied, Janus Pannonius und Jan Kochanowski. Einzelne Werke wurden ins Slowenische und Koreanische übersetzt.
Von 1997 bis 2002 war er Stadtschreiber in Bernburg. Danach lehrte er bis 2004 an der Universität Leipzig.
Lion-Feuchtwanger-Preis, 1985
Stipendiat des Künstlerhauses Wiepersdorf und des Stuttgarter Schriftstellerhauses, 1993
132. Kompliment
Eine stadtbekannte Schönheit konnte es kaum fassen, dass Goethe sie auf einer Abendgesellschaft im Weimarer Schloss nicht beachtet hatte. „Nun sehe ich ja, was von Ihrer Höflichkeit zu halten ist“, beschwerte sich die Dame. „Sie gehen an mir vorüber, ohne mich anzusehen.“
„Verehrteste!“, antwortete der Achtundsechzigjährige. „Wenn ich Sie angesehen hätte, wäre ich nicht an Ihnen vorbeigekommen.“
133. Haarkünstler
Goethes Sekretär Friedrich Theodor Kräuter bat den Friseur um eine Locke vom Haupt des Dichters. „Die sind alle gezählt“, war der abschlägige Bescheid. „Die gehen alle zum Verkauf nach Frankfurt.“
134. Versäumter Genuss
Als Goethe nicht mehr ins Theater ging, äußerte sich seine Schwiegertochter Ottilie beim Frühstück entrüstet über die skandalöse Art, in der eine polnische Sängerin die Mazurka getanzt habe. „Die Röcke flogen ihr um die Knie, und sie dehnte und reckte sich wie eine Mänade.“
Goethe lehnte sich zurück, zog sich die Weste zurecht und sagte: „Wie schade, dass ich nicht dabeigewesen bin.“
135. Besorgnis
Die schöne Pianistin Maria Szymanowska gastierte im November 1823 in Weimar. Goethe versäumte keine Gelegenheit, in ihre Nähe zu kommen, lud sie zu sich ein, ließ sich vorspielen. Als er nach diesen Anstrengungen erkrankte, sagte sein ehemaliger Diener Goetze, inzwischen Wegebauinspektor, besorgt: „Ja, Ihr Exzellenz, polnisch geht es jetzt nicht mehr mit uns.“
136. Manieren
Johannes Falk, Pädagoge und Satirendichter, wunderte sich pikiert über die Manieren Karl Friedrich Zelters: „Was soll man denn zu einem Menschen sagen, der auf den Fußboden spuckt?“
Goethe ließ aber auf seinen Freund nichts kommen: „Was soll man zu mir sagen, ich spucke auf euch alle!“
137. Frauenliteratur
Hofrat Rehbein meinte, poetisches Talent bei Frauen sei eine Art von geistigem Geschlechtstrieb, eine Art Ersatz. Ans Dichten würden Frauen nie denken, wenn sie heirateten und Kinder bekämen.
Goethe kannte dafür Beispiele. „Doch unsere Dichterinnen mögen dichten und schreiben, soviel sie wollen“, schloss er, „wenn nur unsere Männer nicht wie die Weiber schrieben!“
138. Vom Fach
Goethe plauderte lange mit dem jungen Juristen Stüve, der ihm viel Interessantes aus Osnabrück zu berichten hatte. Dann kam er auf den Besucher selbst zurück und sagte, sich der eigenen Studienzeit erinnernd: „Also: Sie sind Advokat, das heißt einer, der aus jeder Sache etwas zu machen weiß.“
„Entschuldigen Exzellenz …“ stammelte Stüve, wie um sich zu verteidigen.
„Recht so“, lachte Goethe, „ein Advokat darf nie etwas zugeben.“
139. Die tote Venus
Eine Schar junger Mädchen stürmte, aus Tiefurt kommend, in Goethes Gartenhaus, um ihm frische Frühlingsblumen zu bringen. Dabei stieß eine der zarten Verehrerinnen den Gipsabguss einer Venus um, und sie brach in Tränen aus.
„Ei, ei“, sagte Goethe mit scherzhaft erhobenem Finger, „wer wird denn um die tote Venus weinen, wenn sie so viele lebende Vertreterinnen hat.“

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