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Dieser miese schöne Alltag


Dieser miese schöne Alltag


1. Auflage

von: Manfred Richter

7,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 02.10.2014
ISBN/EAN: 9783956550751
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 172

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Die Erzählungen und Gedichte von Manfred Richter sind zugleich auch eine Summe von Lebenserfahrungen. Vom Großvater und der Großmutter bis zu den eigenen Kindern, hielt er einen Teil seines schweren und schönen Lebens auf spannende Weise fest. Gemeint ist die Beziehung zwischen Mensch und Mensch und die Beziehung zu den Dingen, die ihn umgeben, die konkrete Welt – auch wenn sie, am Gestern gemessen, der Welt von heute nicht immer entspricht.
Aber wer davon liest, wird sich vielleicht selbst in der einen oder anderen Geschichte erkennen oder deren Nähe spüren, halt in diesem miesen schönen Alltag.

INHALT:
Mein Schusterkönig
Wie Großmutter beerdigt wurde
Wie ich vom Weihnachtsmann geohrfeigt wurde
Frühling, Prosa, Lyrik
Lebenslauf schreiben
Vorm Schlafengehen
Baden in Sanssouci
Wind vom Dach
Wind, der unsichtbar..., Lyrik
Dieser miese schöne Alltag
Elbe bei Dessau - Lyrik
Ein Stein ist weg
In Heines Manier - Lyrik
Heimat
Das Sakrament
Ein Mädchen kommt
Die Birke
Angeln
Vater
Nun traure nicht den Jahren nach - Lyrik
Karpfenernte in Moritzburg
Ich denke, also bin ich - Lyrik
Der Anfang von etwas
Seit ich dich kenne - Lyrik
J'aime - Gedieht
In Betrachtung der schlummernden Venus - Lyrik
In der Jugendherberge
Lange Nacht
Was ich dir bin - Lyrik
9 Kindergeschichten
Frenzeis Rache
Herbst 81
Regen - Lyrik
Vogelhaus im Februar
Vom Maulwerk - Lyrik
Qualität 1981
Maxi
Wald - Lyrik
Tag mit I. - Lyrik
Ungedrucktes
Enfant perdu
Kienitz - Grenzort
Ein Tässchen Essig
Such den Mittelweg - Lyrik
Alter Wein
Rückblick - Lyrik
Im Park an der Ilm - Lyrik
Weggehen
Solidarität
In meinem warmen Zimmer - Lyrik
Wenn der Wind - Lyrik
Der missbrauchte Kaktus
Wer war der Richter?
Mein Schusterkönig
Wie Großmutter beerdigt wurde
Wie ich vom Weihnachtsmann geohrfeigt wurde
Frühling, Prosa, Lyrik
Lebenslauf schreiben
Vorm Schlafengehen
Baden in Sanssouci
Wind vom Dach
Wind, der unsichtbar..., Lyrik
Dieser miese schöne Alltag
Elbe bei Dessau - Lyrik
Ein Stein ist weg
In Heines Manier - Lyrik
Heimat
Das Sakrament
Ein Mädchen kommt
Die Birke
Angeln
Vater
Nun traure nicht den Jahren nach - Lyrik
Karpfenernte in Moritzburg
Ich denke, also bin ich - Lyrik
Der Anfang von etwas
Seit ich dich kenne - Lyrik
J'aime - Gedieht
In Betrachtung der schlummernden Venus - Lyrik
In der Jugendherberge
Lange Nacht
Was ich dir bin - Lyrik
9 Kindergeschichten
Frenzeis Rache
Herbst 81
Regen - Lyrik
Vogelhaus im Februar
Vom Maulwerk - Lyrik
Qualität 1981
Maxi
Wald - Lyrik
Tag mit I. - Lyrik
Ungedrucktes
Enfant perdu
Kienitz - Grenzort
Ein Tässchen Essig
Such den Mittelweg - Lyrik
Alter Wein
Rückblick - Lyrik
Im Park an der Ilm - Lyrik
Weggehen
Solidarität
In meinem warmen Zimmer - Lyrik
Wenn der Wind - Lyrik
Der missbrauchte Kaktus
Wer war der Richter?
Der Autor Manfred Richter wurde in Dresden geboren. Studium an der Schauspielschule Berlin und am Institut für Literatur Leipzig. Fachausbildung als Szenarist (Drehbuchautor) an der Filmhochschule Babelsberg. Interessehalber Fernstudium Pädagogik.
Fest angestellter Autor am Deutschen Nationaltheater Weimar; Dramaturg am Landestheater in Dessau; fester Drehbuchautor beim DEFA-Studio für Spielfilme in Babelsberg. Mitte der 60iger Jahre wegen kulturpolitischer Meinungsverschiedenheiten Bruch mit dem DEFA-Studio. Künstlerischer Leiter des Kulturhauses in der Filmfabrik Wolfen; Fachdozent für Dramaturgie und Theatergeschichte.
12 Jahre freiberuflicher Schriftsteller. Ab 1984 wieder Drehbuchautor und nach Auflösung der DEFA-Strukturen 1989/90 freiberuflich tätig.
Auszeichnungen:
Kunstpreis, Silberner und Goldener Lorbeer des Fernsehens der DDR, zwei Preise für Kinder- und Jugendliteratur.
Bibliografie (Auszug):

Bücher:
Das Ei in der Trompete, Kinderbuchverlag, Berlin 1980
Der vertauschte Vati, Kinderbuchverlag, Berlin 1981
Legende LÖVENIX. Ein ungesicherter Bericht über die Liebe und anderes Merkwürdiges im Leben des Gottfried Wilhelm Leibniz, trafo, Berlin 2004
Jakobs Augen. Erzählung, Märkischer Verlag, Wilhelmshorst 2005

Theaterstücke:
Das Zauberfaß, Kinderstück 1955
Kommando von links, 1958
Die Familie der guten Leute, 1958
Die Insel Gottes, 1959
Ehrengericht, 1962
Rübchen, 1962
Der Eisriese, 1974
Spiel- und Fernsehfilme:
Als Martin 14 war, 1963
Joi, Mama, 1966
Reife Kirschen, 1972
Der Untergang der Emma, 1975
Das große Abenteuer des Kaspar Schmeck, 3 Teile, 1982
Familienbande, 1982
Der Hut des Brigadiers, 1986
Ein Wigwam für die Störche, 1986
Vernehmung der Zeugen, 1987
Die verzauberten Brüder, 1987
Die kriegerischen Abenteuer eines Friedfertigen, 1991
Die Birke
Nun bin ich alt. Beinahe 80 Jahre. Die hohe Birke vor meinem Fenster ist jünger, aber ihre weiße und schwarze Rinde ist runzliger als mein Gesicht.
Gestern kamen Männer und haben sie umgesägt. Sie war den Straßenbauern im Wege. Ich habe zugeschaut - und es hat mir wehgetan. An der Birke hängen so viele Erinnerungen, schöne und schwere Erinnerungen.
Einer der sägenden Männer warf etwas in den Graben. Da habe ich mich schnell gebückt. Und wirklich, es war, gänzlich voller Moos und Schmutz, das kleine braune Medizinfläschchen.
Jetzt musste ich an Annemarie denken. Wir waren beide elf oder zwölf Jahre alt und hatten uns lieb. Aber wir haben es nicht gesagt. Wir liefen mit roten Köpfen aneinander vorbei und haben uns zugelächelt. Mehr war da nicht. Dann aber das kleine braune Fläschchen. Annemarie hatte es leer von zu Hause mitgebracht. Dahinein schoben wir immer kleine Zettelchen mit einer Nachricht. Annemarie an mich, ich an Annemarie - „Muss mit Mama nach Birkenwerder'' oder „Dein neues Kleid ist dufte“.
Das Fläschchen verkorkten wir und steckten es in den Stamm der Birke. Da gab es ein kleines, beinahe zugewachsenes Loch. Früh, auf dem Weg zur Schule, habe ich mit spitzen Fingern das Fläschchen hervorgeholt. Und wenn ich lesen konnte: „Du bist Rad gefahren, hab Dich gesehen", dann war der Rest des Tages für mich schön.
Das ist nun weit über sechzig Jahre her. Das Fläschchen liegt wie eine Botschaft aus der Vergangenheit in meiner Hand. Mit einem spitzen Messer versuche ich den steinhart gewordenen Korken herauszupulen. Es misslingt. Das Fläschchen zerbricht. In meiner Hand liegt einer der winzigen Zettel. Ich erkenne auch jetzt noch Annemaries Schrift. „Kommst Du mit nach Sanssouci? Ist doch Sonntag“.
Damals habe ich den Zettel nicht mehr lesen können. In der Nacht zuvor war der schreckliche Bombenangriff auf Potsdam. Und Annemarie ist umgekommen. Wenige Tage später wäre sie 13 geworden.
Aber der Birke bin ich dankbar. Sie hat mein damaliges Leben aufbewahrt und mir heute, nach so vielen Jahren, wiedergeschenkt.
Jetzt liegt sie zersägt am Wegrand und wird weggefahren.
Wind vom Dach
So ein Rotzlöffel, denkt er, so ein verdammter grüner Rotzlöffel! Unter den derben Schnürschuhen raschelt das Herbstlaub, jetzt, wo er in der Dunkelheit durch den Park nach Hause läuft. Seine breite, wuchtige Gestalt hebt sich kaum ab von den mächtigen Buchenstämmen, die links und rechts den Kiesweg säumen. Und wie das Laub jetzt raschelt! Ordentlichen Lausbubenspaß macht es, so durch das knöcheltiefe raschelnde Laub zu schlurfen. Aber er will keinen Spaß haben. Er will grimmig sein und seine Mordswut auf diesen siebengescheiten Bengel ausdampfen.
Am Mittag, als er sich mit den sorgfältig in die Papprolle geschobenen Entwürfen zum Magistrat hin trollte, war er noch bei guter Laune gewesen. Er hatte geschwitzt unter seiner Baskenmütze und unter dem dicken Mantel, obwohl die Sonne nur wie eine saure Zitrone am Himmel hing. In der Papprolle unter seinem Arm hatte ein gutes Stück Arbeit gesteckt. Das waren sechs Monate Farbproben und Schmelzproben und wieder Farbproben und Entwürfe, mal ganz abgesehen von den Gedanken, die er sich gemacht hatte und von dem Berg Skizzen, die oben im Atelier neben dem Muffelofen lagen, und mit denen es begonnen hatte, als sie ihm vor einem halben Jahr den Auftrag gaben. Was er an diesem Mittag endlich den Auftraggebern hingebrachte hatte, war ein sauberes Stück Arbeit, ein Wandbild an der neuen Schule, drüben wo die Mulde mit weißen Schaumkronen durch die Wiesen fließt, wo die Sonne im Sommer durch die Holzapfelbäume helle Flecken auf die Wand wirft. Er hatte eine Weltkarte entworfen. Und da es eine Mercatorkarte war, passten die Kacheln, die er dafür verwenden wollte, gut zu den Längen- und Breitengraden. Den oberen Rand des Rechteckes sollten Sonne und Mond überschneiden. Er hatte leuchtendes Gelb, Ocker, Braun, Grün und Blau vorgezogen. Sein Rot verschmierte im Muffelofen doch nur zu einer süßlichen Himbeersoße. Wie er es gepackt hatte, bekam die Sache eine satte Kraft, die mit dem Sonnenspiel im Sommer um die Wette leuchten konnte. Und deshalb war er auch nicht mit dem Bus gefahren. Er hatte seine Freude daran gehabt, mit so einem guten Stück Arbeit durch den Park zu gehen und gegen den Wind zu laufen.
Zugegeben, anfangs hatte er den Auftrag so sehr ernst nicht genommen. Schließlich war das keine Weltausstellung, sondern nur die Schule am Stadtrand. Aber am Ende, soweit kannte er sich, hatte er sich noch in jede, auch in diese Arbeit verbissen.
Als er den Entwurf auf den Tisch rollte, und die Kommissionsmitglieder ihre Nasen darüber beugten, hatte er ein verdammt gutes Gefühl - bis dieser siebengescheite Bengel seinen Kopf hob und mit dem Zeigefinger auf die Gegend der Pyramiden klopfte. "Aber das sind zweihöckrige Kamele, nicht wahr?"
Das konnte nun jedes Kind sehen. Er hatte sich Vegetation, typische Tierarten und Menschen in ihren Trachten für die Darstellung geografischer und nationaler Besonderheiten ausgesucht. Ahnungslos genickt hatte er. Aber der Junge sagte: "Es sind Trampeltiere. Die leben in Asien. In Nordafrika sind es Dromedare. Sie haben nur einen Höcker."
Nun gut! Er hatte gelacht. Obwohl es natürlich schade war wegen des Effektes. Auch die anderen feixten. Damit wäre die Sache abgetan gewesen. Und Leuthold, der Vorsitzende, griff schon nach der Zigarrenkiste. Alle lehnten sich zurück in die Stühle, und er hatte gewusst: Entwurf genehmigt.
Nur der Bengel rauchte nicht. Weiß der Teufel, wo er herkam. Er hatte ihn noch nie in der Kulturkommission sitzen sehen. Aber die freche, siebenkluge Fresse würde er nicht so leicht vergessen, das war sicher.

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