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Die Weisheit des Humors


Die Weisheit des Humors

Ein Hausbuch
1. Auflage

von: Gerhard Branstner

7,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 13.09.2022
ISBN/EAN: 9783965217614
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 585

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Dieses Hausbuch ist in typisch Branstnerscher Manier nicht zuletzt oder besser gesagt vor allem eine Lobpreisung – eine Lobpreisung des Spiels, wie der Autor in seiner „Gebrauchsanweisung“ anmerkt:
Brecht war ohne Zweifel ein Revolutionär der Literaturgeschichte und ein Revolutionär auf dem Theater. Seine Methode, die Darstellung, das Dargestellte der progressiven Kritik preiszugeben, hat über viele Jahre und viele Länder Wirkung gezeigt. Aber wer diese Welt hinter sich hat, wer mit ihr fertig ist, der hat die Kritik über. Er will eine positive Haltung einnehmen. Und die positivste Haltung ist das Spiel. Folglich stelle ich nicht dar, um das Dargestellte der Kritik preiszugeben, sondern um es dem Spiel preiszugeben. Im Spiel setzen wir alle unsere Wesenskräfte frei. Es ist die höchste Verwirklichung des Menschen. Das hat schon Schiller geahnt. Nur gewusst hat er es nicht. Die Zeiten waren nicht ernst genug. Die ernstesten Zeiten bedürfen der größten Heiterkeit. Das ist nicht paradox. Das ist Dialektik. Ohne Heiterkeit aber ist das Spiel nicht möglich. Dieses Buch ist ein Exempel der vielfältigsten Heiterkeit. Als Voraussetzung der hohen Kunst des Spiels.
Hier ein Beispiel aus der Abteilung „Der skurrile Mensch“:
Ein lahmer Schreiber kann keinen eiligen Brief schreiben
Ein Kaufmann bat einen Schreiber: „Setze mir einen Brief auf, es ist eilig!“
„Das geht nicht“, erwiderte der Schreiber, „ich habe mir den Fuß verstaucht.“
Der Kaufmann konnte diese rätselhafte Rede nicht verstehen. Da stand der Schreiber auf und humpelte einige Male hin und her. „Wenn der Brief etwas weniger eilig ist“, sagte er, „könnte es gehen.“ Der Kaufmann verstand noch immer nicht. „Ich will dich ja nirgendwo hinschicken“, sagte er, „du sollst mir doch nur einen Brief aufsetzen.“
„Jedes Mal, wenn jemand einen von mir geschriebenen Brief erhält“, erklärte jetzt der Schreiber, „lässt man mich rufen, da kein anderer als ich meine Handschrift lesen kann.“
„Das trifft sich gut“, sagte der Kaufmann, „denn der Brief soll eine geheime Botschaft enthalten. Und gar so eilig ist er nicht.“
Da war der Schreiber einverstanden und setzte die geheime Botschaft auf. Er kritzelte jedoch nur willkürliche Zeichen auf das Papier, denn in Wirklichkeit konnte er überhaupt nicht schreiben. Aber er besaß ein ausgezeichnetes Gedächtnis.
Also: Das schlimmste Gekrakel
gilt oft als Orakel
Weitere Kapitel sind unter anderem dem erotischen und dem philosophischen sowie dem weisen und dem törichten Menschen gewidmet.
Gebrauchsanweisung
1. Der erotische Mensch
Ein Obstgärtner, ein Lagerhalter und ein Totengräber loben ihre Frauen
Der Gefoppte
Das Mittelding
Wenn die Frau zu lange kein Fleisch bekommt
Der nicht zu fromme Pilgrim
Der allzu bescheidene Dieb
Das Schäfchenspiel
Jungfer ade!
Des Jägers Wunderhorn
Gegensätze ziehen sich nicht an, es sei denn, an dem einen ist vom andern etwas dran
Nimmst du die Folge für den Grund, bringst du die Logik auf den Hund
Das Verhängnis der Müllerstochter
Eine Stellungssache
Besorgnis
Umkleideter Wunsch
Ein gutes Mundwerk
Von einem Manne, der nicht vom Frühstücks tisch aufstand, ohne seine Kaffeetasse zu zerschmettern
In jedem Mann steckt ein Tyrann
Ein Flickschneider wollte seine Liebe flüstern - und warum er keine Gelegenheit fand
Das ganze noch ma. Liebeslied eines sächsischen Dorftrottels
Davon, wie ein Unglück kommen musste, damit das Glück kommt
Die Liebe
2. Der lustige Mensch
Das welthistorische Unglück der Verernstung
Gefährdete Helden
Der wundertätige Schelm
Der vertauschte Buchstabe
Welthumor
3. Der elegische Mensch
Oma, erzähl uns was
Freue dich, kein Tier zu sein
Beschreibung einer Weltumfahrt
Ohne Hoffnung ist kein Leben
Elegie auf den Biss eines tollen Hundes
Der geplättete Zorn
Die förmliche Nachfrage
Später Genuss
Die sicherste Art, einen Dieb zu erwischen
Die Geduldsprobe
Der sprechende Hut
Des Lebens Überfluss
Was braucht der Mensch?
Dein schwerster Brocken bist du selber
Stilles Verdienst
Von einer familiären Warze, und wie hoch ihr Wert geschätzt wurde
Wie etwas sehr Komisches auch etwas sehr Schönes sein kann
Ein Teufelskreis
Nora oder das Puppenheim
Lass sausen, Kind, lass sausen
4. Der skurrile Mensch
Der Tor in Knittel
Ein lahmer Schreiber kann keinen eiligen Brief schreiben
Zum Schießen
Ballade vom lachenden Affen
Das geschüttelte Doppelstockbett
Wie einem Dieb seine Gutmütigkeit schlecht ausschlug
Von einem Schreiner, mit dem keiner Schach spielen wollte - und wie er sich zu helfen wusste
Ein Traum ohne Ende, und weshalb es fehlte
Von der großen Vergesslichkeit eines Mannes und von der verhängnisvollen Art, wie er sich von ihr befreit hat
Wie Onkel Fritz den Teufel erschlug
Wie zwei sich ausmachten, dass einer von ihnen einen Sparren haben solle, und der Förster hat es geglaubt
Von Gespenstern - und wie ein Junge nicht an sie glaubte
Geboren am 25.Mai 1927 in Blankenhain/Thüringen, Volksschule, drei Jahre Verwaltungslehre.
1945 Soldat im 2. Weltkrieg, bis 1947 in amerikanischer, französischer und belgischer Kriegsgefangenschaft.
1949 – 1951 Abitur an der ABF Jena, 1951 bis 1956 Studium der Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin, 1963 Promotion (Dr. Phil.).
1956 - 1962 Dozent an der Humboldt-Universität, 1962 – 1964 Lektor, 1966 - 1968 Cheflektor Eulenspiegelverlag/ Das Neue Berlin.
Ab 1968 freiberuflicher Schriftsteller.
2008 in Berlin verstorben.
Optimismus
Nepomuk ging hin und kaufte sich für sein letztes Geld ein Portemonnaie.
***
Die weibstollen Automaten
In der Mondstation „Helios“, die der statistischen Erfassung der Protuberanzen diente, ging seit Tagen etwas Seltsames vor sich. Die neu eingestellten Automaten benahmen sich, sobald sie von den Mitarbeitern der Station gefüttert wurden, ganz und gar ungewöhnlich: Sie begannen zu zittern, stotterten, brachten alles durcheinander und spien die verrücktesten Resultate aus. Das merkwürdigste aber war, dass sie diese Symptome nur zeigten, wenn sie von den weiblichen Mitarbeitern bedient wurden. Da man nicht hinter das Geheimnis dieses Phänomens kommen konnte, rief man Fränki zu Hilfe.
Fränki machte sich sofort mit seinem Freund Joschka auf den Weg.
„Von mannstollen Weibern habe ich schon gehört“, sagte er zu Joschka, als sie die Rakete bestiegen, „von weibstollen Automaten hingegen noch nicht.“
„Womöglich haben wir es auch mit Weiberfeinden zu tun“, gab Joschka zu bedenken. „Die Symptome sind nicht eindeutig.“
„Symptome sind selten eindeutig“, gab Fränki zurück, „das ist das Interessante an ihnen.“
Und interessant wurde es in der Tat. Denn als sie auf dem Mond und in der Station „Helios“ angelangt waren und Fränki an einen der Automaten herantrat, um ihn zu testen, fing der sogleich schrecklich zu zittern an, stotterte sinnloses Zeug und hakte schließlich ganz aus. Auch die übrigen Automaten zeigten, sobald Fränki nur ein Wort zu ihnen sagte, das gleiche Verhalten.
Joschka grinste. „Du hattest recht, Symptome sind selten eindeutig.“
„Ausgenommen dieser Fall“, entgegnete Fränki. „Als mein Freund solltest du wissen, dass ich eine ziemlich hohe Stimme habe. Da die Automaten akustisch gefüttert werden, sind sie frequenzempfindlich. Und da sie auf die Frequenz einer hohen Stimme offenbar nicht eingerichtet sind, funktionieren sie nur bei tiefen Stimmen normal. Sie sind also weder weibstoll noch weiberfeindlich. Wohl aber kann man annehmen, dass es sich bei ihrem Konstrukteur um einen Weiberfeind handelt.“
Der Leiter der Station dankte Fränki für die überzeugende Aufklärung des Falls. „Wir fürchteten schon“, sagte er, „dass wir es mit einer Verschwörung der Automaten zu tun hätten.“
„Automaten sind Denkwerkzeuge“, erklärte Fränki. „Das erhebt sie jedoch nicht über die Bewusstlosigkeit des simpelsten Handwerkzeugs. Wenn ich mir mit dem Hammer auf den Daumen haue und auch mit einem zweiten Hammer den verkehrten Nagel treffe, rede ich ja auch nicht von einer Verschwörung der Hämmer.“
„Womit du die Frage, ob sich die Automaten bewusst gegen den Menschen richten können“, meinte Joschka anerkennend, „genau auf den Kopf getroffen hast.“
„Davon kann nicht die Rede sein“, sagte Fränki selbstgefällig, „denn es handelte sich um eine kopflose Frage.“
***
Die idiotischere Erfindung
„Ich habe eine neue Erfindung gemacht!“, rief Fränki, als er seinem Freund Joschka auf der Straße begegnete.
„Und welche?“, fragte Joschka.
„Schlittschuhe für Vegetarier.“
„Welch ein Unsinn!“, rief Joschka.
„Das hat schon seinen Sinn“, behauptete Fränki.
„Nachdem ich erkannt hatte, dass alle nützlichen Erfindungen und Entdeckungen auch zum Schaden des Menschen angewandt werden können, wollte ich einmal eine Erfindung machen, die ganz und gar unschädlich ist. Das kann sie aber nur sein, wenn sie keinerlei Nutzen hat.“
„Nächstens erfindest du noch einen Gummisarg“, meinte Joschka, „der hat auch keinerlei Nutzen.“
„Da hast du recht“, sagte Fränki, „ein Gummisarg ist völlig unschädlich.“
***
Schattenspiele
Von einer längeren Weltraumfahrt zurückgekehrt, hatte Fränki endlich wieder Muße, etwas zu erfinden, und er stürzte sich voll Eifer in die Arbeit. Diesmal schien ihm jedoch, ganz gegen alle Gewohnheit, der Erfolg versagt zu bleiben. Enttäuscht suchte er Joschka auf.
„Nun wollte ich einmal eine Erfindung machen, die wie keine andere der Menschheit auf die Sprünge geholfen hätte“, klagte er seinem Freund, „aber herausgekommen ist nichts als der bügelfreie Schatten.“
„Das ist allerdings von geringem Nutzen“, bestätigte Joschka. „Wenn wir unseren Schatten hin und wieder waschen würden, käme uns seine bügelfreie Qualität wohl zustatten. Wer aber wäscht schon seinen Schatten?“
„Kein Mensch!“, rief Fränki. „Ursprünglich war ich ja auch nicht auf den bügelfreien, sondern auf den überspringbaren Schatten aus. Und den ersten dieser Art solltest du bekommen, aber mein Genie hat diesmal gänzlich versagt.“
„Andernfalls hätte ich dich sehr enttäuschen müssen“, meinte Joschka. „Ich für meinen Teil würde mir solch ein charakterloses Ding keinesfalls zulegen.“
***
Hund und Katze im Liebesduett
„Miau“, so spricht die Katze.
„Wauwau“, so spricht der Hund.
Und diese Ausdrucksweise
hat ihren guten Grund.
Wauwau - Miau.
Doch wenn sich beide treffen,
da fauchen sie und kläffen.

Nur Bello kläffte nicht.
Er hatte just im Sinne,
die Feindschaft umzukehren
und warf sich auf die Minne.
Wauwau!
Und wie's der Zufall will
kam Minka ihm entgegen.
Die hatte auch ein aus
der Art geschlagnes Regen.
Miau!

Sie fauchte nicht, nicht kläffte er.
Das war zwar nicht gesund.
Doch schlossen sie das Gegenteil
und einen Liebesbund.
Bello sagt: „Wauwau!“
Minka sagt: „Miau!“

Um ihr Verhältnis kundzutun,
gehn sie im Park spazieren
und üben, wie's Verliebte tun,
sich eifrig im Parlieren:
Wauwau - Miau - Miau - Wauwau!
Das war ein saubres Reimen,
nur Sinn ergab das keinen.

Die Tiere rings im Parke
entsetzte das Gequarke.
Der Rabe fiel vor Schrecken
vom Baum aufs Pflaster nieder,
die Schnecke fiel in Ohnmacht
und wurde gar nicht wieder.
Kurz: Alles Vieh
fiel irgendwie.

Auch Hund und Katze fielen
aus ihrem Liebestraum
und gingen ihrer Wege,
als kennten sie sich kaum.
Wauwau - Miau.

Wer Feindschaft enden will,
muss nicht gleich kopulieren.
Fürs erste reicht es schon,
sich hübsch zu respektieren.
Wauwau - Miau.
***

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