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Der Schwarze Wolf


Der Schwarze Wolf


1. Auflage

von: Kurt David

8,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 01.06.2023
ISBN/EAN: 9783965219298
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 569

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Sie nennen mich Chara-Tschono, den Schwarzen Wolf. Meine Eltern waren arme Hirten. Dennoch wurde ich der Freund von Temudschin, dem Sohn des großen Jessughei und Herrn unseres Ordu. Wir tauschten unsere Dolche und schworen, einander treu zu sein und uns bei Todesstrafe nie zu verlassen. Temudschin war klug und mutig, die Herzen flogen ihm zu und der ewig blaue Himmel schaute gnädig auf uns herab. So wuchsen unser Reichtum und unsere Macht, Temudschin wurde zum Dschingis-Chan, zum wahren Herrscher erhoben. Ich wachte über seinen Schlaf und kämpfte an seiner Seite, denn es gab viele Neider und immer neue Feinde.
Dennoch kam der Tag, an dem ich aus dem Heer des Dschingis-Chan floh. Am Zaum meines Pferdes bimmelten die Glöckchen der heiligen Pfeilboten. Ich hatte sie gestohlen. Nun wiesen sie mir den Weg nach Hause, wo Goldblume und unser Sohn Tenggeri auf mich warteten. Und ich hoffte, dass es uns gelingen würde, dem Zorn und der Rache des Mannes zu entkommen, der einmal mein Freund gewesen war.
Die Furcht vor der aufgehenden Sonne
Der eine und der andere Dolch
Zu zweit auf einem Pferd
Der Hinkende Bock
Die vier fremden Reiter
Der schwarze Zobelpelz
Die Rache
Das Mädchen Goldblume
Die schneeweiße Kuh
Die zustechenden Schatten
Mit Bogen und Schwert
Die schöne Chulan
Der Hochzeitskrieg
Der Cha-chan
Tausend Katzen – zehntausend Schwalben
Drei immergrüne Zedern
Am 13. Juli 1924 in Reichenau in Sachsen geboren. Kurt David absolvierte nach dem Besuch der Handelsschule eine kaufmännische Ausbildung. Von 1942 bis 1945 nahm er als Soldat der Wehrmacht am Zweiten Weltkrieg teil. Von 1945 bis 1946 war er in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Den Plan einer Ausbildung zum Musiker musste er wegen einer Kriegsverwundung aufgeben. David gehörte vier Jahre der Volkspolizei der DDR an und war anschließend zwei Jahre lang Kreissekretär beim Kulturbund der DDR. Seit 1954 lebte er als freier Schriftsteller zuerst in Oberseifersdorf/Zittau, danach bis zu seinem Tod in Oybin. In den 1960er Jahren unternahm er mehrfach Reisen in die Mongolei und durch Polen. 1970 erhielt er den Alex-Wedding-Preis, 1973 den Nationalpreis, 1980 den Vaterländischen Verdienstorden und 1984 den Lion-Feuchtwanger-Preis. Er starb am 2. Februar 1994 in Görlitz.
Davids frühe Werke haben die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit unter dem Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg zum Thema. Es folgten Bände mit Reiseberichten. Den größten Teil in Davids Werk bilden die Kinder- und Jugendbücher, von denen vor allem der humoristische Band „Freitags wird gebadet“ in der DDR ein großer Publikumserfolg, auch in der Fassung als Fernsehserie, war. Eine weitere Facette in Davids Schaffen bilden historische Romane, die Themen aus der Geschichte der Mongolen behandeln. Außerdem schrieb David Biografien über die Komponisten Beethoven und Schubert.
Wir warteten, und wir waren gezwungen zu warten, weil wir die Herden nicht vorzeitig in den Wald treiben konnten.
Jene Wächter, die wir hinaus vor das Lager gesandt hatten und die sich mit anderen abwechselten, meldeten nichts, und sie zuckten mit den Schultern oder sagten, die Steppe wäre leer und gelb, nur die Wölfe und Schakale strichen durch den Regen und lauerten ihren Opfern auf.
So warteten wir auch am zweiten und dritten Tag.
Am vierten befahl Temudschin den Wächtern, einen noch größeren Kreis um das Lager zu reiten und die Ebene mit ihren Tälern und Schluchten gründlich abzusuchen.
Es regnete nun nicht mehr, aber es schien auch keine Sonne; denn die dicken Wolken hingen tief und trieben langsam über das Lager am Kerulon, sie verhüllten den Burkan-Kaldun, der sonst so stolz auf uns herabschaute.
Am fünften Tag trabten die Wächter ermattet und erschöpft auf ihren Pferden ins Ordu. Schon von weitem ließen sie erkennen, dass sie nichts gesehen hatten, obwohl sie in alle Himmelsrichtungen geritten waren und alle Schluchten und Täler abgesucht hatten.
Darauf luden einige Männer und Frauen ihre Sachen wieder von den Karren, schleppten sie in Jurten und Zelte und sagten: „Wer weiß, was Temudschin sich eingebildet hat. Vielleicht sind die vier fremden Reiter, denen er begegnet ist, wegen Diebstahl von ihrem Stamm ausgeschlossen worden und räubern jetzt allein in der Steppe, verbreiten Angst und Verwirrung.“
Temudschin aber riet ihnen, die Sachen auf den Karren zu lassen, die Herden zusammenzuhalten und weiter bereit zu sein.
Sie glaubten ihm nicht.
Als am sechsten Tag noch immer nichts geschah, luden auch die anderen Männer und Frauen ihre Truhen und Geräte wieder von den Karren, und sie lebten nun alle wieder so im Ordu, wie es vor sechs Tagen gewesen war: Sie gingen fischen, sie gingen jagen, sie versorgten die Herden.
Nur die Wächter ritten weiter, wie es Temudschin befohlen hatte, draußen um das Lager.
Ich fragte Temudschin: „Wartest du noch immer?“
„Ja, ich warte.“
„Und wie lange willst du noch warten?“
„Bis sie da sind, Chara-Tschono.“
Ich wunderte mich jetzt selbst, dass er noch immer so fest davon überzeugt war, nachdem unsere Wächter sechs Tage nichts bemerkt und nicht einmal ein paar Späher der Merkiten entdeckt hatten. Also lag um uns die leere Steppe, und er wartete doch. Wortkarg und verschlossen stand er unter uns, missbilligte das Verhalten der Männer und Frauen, die seine Warnung nicht mehr achteten. Einmal, als ich mit ihm schweigend durchs Ordu ging, trafen wir einen Jüngling, der vor seiner Jurte saß und ein lustiges Liedchen sang.
Die um ihn saßen, lachten, auch das Mädchen, dem das Liedchen galt.
„Was soll das!“, schimpfte Temudschin, packte den Jüngling beim Haar, zog ihn zu sich herauf und sagte: „Wenn der Wolf heult, schweigt die Nachtigall!“
Die Leute liefen ängstlich auseinander.
Am achten Tag brüllte die Steppe auf. Von drei Seiten flogen die Merkiten heran, in großen Scharen, und sie kamen, ohne dass wir gewarnt worden wären. Brennende Fackeln warfen sie in die Zelte, Jurten und Karren. Pfeile schwirrten wie Vogelschwärme durchs Lager. Rauch stieg auf, Flammen blitzten aus den hölzernen Dachkränzen. Schreie. Die Herden rannten brüllend auseinander.
Ich jagte mit Temudschin und Boghurtschi zum Wald des Burkan-Kaldun.
„Wo ist Borte?“, rief Temudschin.
Auch ihr Zelt brannte, aber wir sahen sie nicht, und wir sahen auch nicht das Pferd, das Temudschin für sie hatte bereitstellen lassen.
„Wo ist Borte?“, rief Temudschin ein zweites Mal.
Aber keiner antwortete.
Als wir uns in einer Schlucht sammelten, und wir waren wenige, fragte Temudschin ein drittes Mal: „Wo ist Borte?“ Jetzt sagte er es leise, und keiner sah ihn an.
Wir schauten hinunter zum Ordu. Eine Rauchwand lag hinter dem Lager und wälzte sich hinaus in die offene Steppe. Karren mit gebrochenen Achsen lagen schräg im Gras und brannten. Die Merkiten schleppten unsere Frauen zu ihren Pferden, zerrten sie aus eingestürzten Zelten und schlugen auf sie ein.

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