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Der blaue Helm


Der blaue Helm


1. Auflage

von: Günter Görlich

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 07.06.2022
ISBN/EAN: 9783965216938
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 149

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Im Mittelpunkt dieses für Kinder ab 8 Jahren geschriebenen Buches steht Mirko. Mirko hat einen großen Wunsch. Er möchte gern einen solchen Helm haben, wie ihn die Männer vom Bohrtrupp tragen. Der Junge lässt sich erklären, was die Männer dort tun:
„Was macht ihr hier?“, fragte der Junge.
„Brunnen bohren“, sagte Charlie.
„Hier sollen doch Häuser hinkommen, ganz hohe.“
„Kommen auch. Brunnen entwässern das Gelände, und hohe Häuser brauchen tiefe und feste Fundamente, verstehst du?“
Einer von ihnen ist ein großer, junger Mann, der langes, blondes Haar trägt und einen rötlichen, wirren Bart hat. Die anderen nennen ihn Charlie. Das hat Mirko schon herausgefunden. Und er weiß auch, dass ihm der blaue Helm gehört. Wenn Charlie seinen blauen Helm aufsetzt, sieht er recht abenteuerlich aus.
Der Junge bewunderte den jungen Mann – der Wunsch, den blauen Helm zu besitzen, wurde stärker und stärker.
Doch es scheint aussichtslos, in den Besitz dieser besonderen Kopfbedeckung zu kommen, auf deren Farbhaut nicht ein einziger Kratzer zu entdecken ist. Das Vorhängeschloss am Bauwagen war groß und stabil, und Charlie schloss jeden Tag nach Arbeitsschluss sorgsam den Schlüssel sogar zweimal herum.
Da bietet sich auf einmal eine Gelegenheit. Mirko ist am Bauwagen – und der blaue Helm zum Greifen nahe. Er braucht nur zuzupacken. Eben noch hatte er etwas gezögert und gedacht, was wohl Charlie machen wird? Der Mann wird bald zurückkommen und den Verlust entdecken. Er braucht doch den Helm, alle tragen Helme, das muss bei dieser Arbeit sein.
Doch auf einmal ist der Wunsch stärker als alle Vernunft:
Und er zögert nicht mehr, streckt die Hände aus, presst den Helm an sich, rennt den Hügel hinauf, hört, wie der Motor des Baggers aufheult, und wagt nicht, sich umzusehen. Jagt den Hügel wieder abwärts, in einen verlassenen Garten hinein, den die Raupe noch nicht weggedrückt hat. Im hetzenden Lauf überlegt der Junge, wo er seine Beute verstecken kann. Die verlassene Laube des Gartens kommt nicht in Frage, hier sind dauernd größere Mädchen und Jungen zu treffen. Bleibt also nur der Keller.
Mirko stellt sich vor, wie alle staunen, wenn er den blauen Helm aufsetzt. Doch da weiß er noch nicht, dass er Charlie nicht nur den blauen Helm gestohlen hat, den er vielleicht durch einen knallroten ersetzen kann, sondern auch ein wichtiges Notizbuch. Was soll er jetzt tun?
Bevor er jedoch etwas klären kann, muss er aber erstmal Charlie wiederfinden. Denn auf der alten Baustelle ist der nicht mehr.
Günter Görlich
Geboren am 6. Januar 1928 in Breslau, gestorben am 14. Juli 2010 in Berlin.
Ab 1944 Flakhelfer, sowjetische Kriegsgefangenschaft bis Oktober 1949. Bauarbeiter, Volkspolizist.
Nach dem Pädagogikstudium war er Erzieher in einem Jugendwerkhof und in einem Lehrlingswohnheim.
1958 erhielt er für sein erstes Jugendbuch „Der Schwarze Peter“ den Jugendbuchpreis des Ministeriums für Kultur.
Weitere Auszeichnungen:
Kunstpreis des FDGB 1966, 1973
Nationalpreis 2. Klasse 1971
Held der Arbeit 1974
Nationalpreis 1. Klasse 1978
Joh.-R.-Becher-Medaille in Gold 1979
Vaterländischer Verdienstorden in Gold 1979
Ehrenspange zum VVO in Gold 1988
Goethepreis der Stadt Berlin 1983
Wo sind die verlassenen Gärten? Vor wenigen Tagen noch haben sie die Straße begrenzt, und Mirko hetzte durch die Büsche, presste den blauen Helm an die Brust. In den Gärten hatte er von der großen Baustelle nichts mehr gesehen, nur noch den Bagger gehört …
Dieter bockt die Maschine auf.
Der Junge steht neben dem Motorrad und starrt auf das veränderte Bild. Ungehindert kann er über das Baugelände blicken, alles hat sich verändert.
Kräne, wie Giraffen aussehend, stehen verteilt auf der Fläche.
Bagger ziehen ihre Bahn, auch andere Maschinen kann der Junge erkennen, er weiß aber nicht, welche Aufgaben sie haben. Die Planierraupen haben die Gärten weggeschoben und auch den kleinen Erdhügel, auf dem der Junge gelegen hat, um die Brunnenbauer zu beobachten.
Doch die sind nicht mehr da, kein dreibeiniger Bock wächst, so weit der Junge blicken kann, aus der Erde empor.
„Wach auf!“, sagt Dieter. „Wir sind da.“
Der Junge erschrickt.
„Heute sieht hier alles so anders aus“, klagt er.
Dieter blickt auf die Baustelle.
„Ja, wo gebaut wird, muss man schnell gucken, wenn man sich zurechtfinden will“, sagt er gleichmütig.
„Und wo ist Charlie?“, ruft der Junge verzweifelt.
„Irgendwo wird er schon stecken“, bemerkt der Bruder, „musst ihn suchen. Schließlich hast du ja einen Mund, um zu fragen. Oder?“
Mirko spürt den aufmerksamen und, wie er glaubt, strengen Blick des Bruders und schaut weg.
Du musst dich eben anstrengen, denkt Dieter bestimmt, du hast den Unsinn mit dem blauen Helm gemacht. Und jammern ändert nichts.
Sie gehen in die elterliche Wohnung, in der es dämmrig und kühl ist, weil alle Vorhänge zugezogen sind.
Wenn Mama wüsste, denkt der Junge, dass wir hier sind, wäre ihre Ruhe hin.
Aber sie weiß es nicht. Für sie sind sie über Land gefahren, zu einem der vielen Seen, ihre beiden Söhne, der große und der kleine. Und sie und der Vater haben Ruhe. Die brauchen sie sehr und haben sie verdient.
Der Junge steigt in den Keller, holt aus dem Versteck den blauen Helm. Der ist verstaubt und hat ein wenig seinen Glanz verloren. Der Junge wischt den Staub ab, doch der Helm gewinnt den alten Glanz nicht zurück. Notizbuch und Brief legt der Junge wieder unter die Kopfeinlage und schiebt den blauen Helm in einen grauen Beutel.
Er wird nun losziehen und Charlie suchen.
Vor dem Haus wartet Dieter.
„Zeig mal das Prachtstück“, sagt er.
Der Junge öffnet den Beutel, herausnehmen will er den Helm nicht.
„Das ist er also“, sagt der Bruder.
Rasch schließt der Junge den Beutel.
„Mach dich auf die Suche“, sagt Dieter, „ich wünsch dir Glück dabei. Und wenn dir Charlie die Ohren lang zieht, musst du es ertragen, ohne mit der Wimper zu zucken.“
Unsicher blickt der Junge zur Baustelle hinüber.
„Uhrenvergleich“, sagt Dieter und streckt seinen Arm vor.
Der Junge sieht ebenfalls auf seine Uhr.
Die Uhren stimmen überein.
„Pünktlich um fünfzehn Uhr bist du wieder hier. Keine Minute später. Du weißt, ich hab heute noch was vor“, sagt Dieter mit Nachdruck.
Ja, denkt der Junge und blickt auf das Zifferblatt seiner kleinen Armbanduhr, mit der hübschen Frau Monika aus dem Rathaus willst du tanzen gehen. Was haben die Großen nur davon. Auch die Mädchen in meiner Klasse wollen immer tanzen. Dieser Abend scheint für Dieter sehr wichtig zu sein, er will sich noch ein schickes Hemd und sogar eine moderne Hose kaufen. Und alles wegen der Frau Monika. Der Junge Mirko versteht, dass er nicht eine Minute zu spät kommen darf.
Dieter startet die Maschine, klopft dem Bruder tröstend auf die Schulter und fährt ab.
Der schaut ihm nach, bis er um eine Hausecke biegt.
Jetzt ist er allein, ganz allein.
Den Beutel unter den Arm gepresst, geht er langsam auf das Baugelände zu. Je näher er kommt, umso riesiger erscheint ihm die Fläche, umso verzagter wird ihm zumute.
Keine Spur ist von den Gärten übrig geblieben. Alles ist glattgewalzt, damit etwas Neues entstehen kann, ein Haus oder eine Straße.
Ein Schild, an einem schiefgedrückten Pfahl befestigt, kann der Junge nicht übersehen: Achtung Baustelle! Betreten verboten. Eltern haften für ihre Kinder!
Der Junge liest, geht dann vorbei.
Unschlüssig läuft er im hellen Sand, sackt manchmal ein, wenn er in die breiten Radspuren der Dumper oder der Lastkraftwagen gerät.
Er entdeckt zwei Leute, die voneinander entfernt stehen und sich Zeichen geben. Als er näher kommt, sieht er eine junge Frau hinter einem Gerät stehen, das wie ein Fernglas aussieht, nur dass es auf ein Dreibein geschraubt ist.
„Etwas mehr nach rechts, Werner“, ruft sie, „ja, noch ein Stück. Gut so.“
Der Werner rammt eine Latte fest in den Boden.
Der Junge steht jetzt dicht hinter der Frau, die ihn noch nicht bemerkt hat. Sie blickt angespannt durch das Gerät, hat den Schutzhelm nach hinten geschoben. Hin und wieder pustet sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn.
Als sie sich aufrichtet, bemerkt sie den Jungen.
„Nanu“, sagt sie, „wie kommst du denn hierher?“
Der Junge presst den Helm fester an den Körper. Die Frau hat auch einen blauen Helm auf dem Kopf.
„Was macht ihr hier?“, fragt der Junge.
Die Frau lacht.
„Kommst du von der Zeitung? Also, lieber Kollege, wir vermessen hier.“
Sie zeigt nach rechts, dann nach links.
„Hier wird eine Straße angelegt. Dort wird eine Kaufhalle gebaut. Zufrieden, Reporter?“
„Eine richtige, große Kaufhalle?“, fragt der Junge. „Dann haben wir’s ja nicht mehr weit. Meine Mama wird froh sein. Wir wohnen dort drüben, wissen Sie.“
„Na prima, bauen wir ja das Richtige hierher“, sagt die Vermesserin lächelnd, „aber nun musst du wieder gehen. Hier ist’s nicht ungefährlich.“ Und sie weist auf einen Bagger, der in einiger Entfernung Erde aushebt.
„Ich suche Charlie“, sagt der Junge, „kennen Sie Charlie?“

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