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Das war's


Das war's

Lachdienliche Hinweise
1. Auflage

von: C. U. Wiesner

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 15.10.2013
ISBN/EAN: 9783863943943
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 139

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Dem Reiher Verlag Berlin war, wie so vielen hoffnungsfrohen Neugründungen nach der Großen Implosion 1989 nur ein kurzes Erdenwandeln beschieden. Immerhin brachte er mit dem Untertitel Lachdienliche Hinweise eine Sammlung von Kurztexten heraus, die teils im Eulenspiegel erschienen waren, teils zum Repertoire meiner kabarettistischen Lesungen gehörten.
Für das Berliner Kabarett Die Distel hatte ich seinerzeit eine Fontane-Parodie geschrieben. Am Premierenabend aber vermisste ich sie auf dem Programmzettel. Der Direktor des Hauses behauptete, sein Kabarettist Gustav Müller habe den viel zu langen Riemen nicht lernen können. Nun ja, der obrigkeitshörige Otto Stark hatte einfach Schiss. Ich dagegen nicht so sehr. Fortan wurde mein John Maynard viele Jahre lang ein Höhepunkt meiner eigenen Auftritte.
Als Kuriosum möchte ich meinen geneigten Lesern noch folgendes Schreiben zur Kenntnis geben:
Klosterfelde, 23.10.1995
Sehr geehrter Herr Doktor Gysi,

mit Erstaunen las ich in der heutigen Ausgabe der „Berliner Zeitung“ die Werbung für Ihr Buch
Das war’s.
Noch lange nicht!
Da ich etliche Jahre in Verlagen gearbeitet habe, erinnere ich mich dunkel, daß es so etwas wie Rechtsschutz für Buchtitel gibt.
Offensichtlich haben Sie den Titel eines 1991 von mir veröffentlichten Buches (s. Anlage) übernommen - und lediglich durch einen Zusatz erweitert. Dabei unterstelle ich Ihnen keinen Vorsatz, da Sie vermutlich guten Glaubens handelten.
Obwohl Sie derzeit anderer Verpflichtungen wegen Ihren Anwaltsberuf nicht ausüben, bitte ich (Inhaber einer wenig fruchtbringenden Rechtsschutzversicherung) Sie dennoch um einen juristischen Rat:
Soll ich:
1. den Autor Gregor Gysi auf Schadenersatz verklagen,
2. die Auslieferung und den Verkauf seines Buches durch eine einstweilige Verfügung verhindern oder
3. Nachsicht üben und den Autor zu milder Buße veranlassen?
In diesem Falle möge er mir ein handsigniertes Exemplar seiner Neuerscheinung übersenden.
Als symbolisches Honorar für Ihren Rat dürfen Sie die Anlage behalten.
Die Anlage, sich für Schwächere stark zu machen, sollten Sie auf jeden Fall behalten.

Mit freundlichen Grüßen

C. U. Wiesner
*
Auf das Buch. das mir Gregor Gysi daraufhin versprochen hat, warte ich noch heute. Merke: Auf die Versprechen von Politikern – gleich welcher Couleur - sollte man nie etwas geben.


Zu neuen Ufern
Wanderlied
Die Vollkonserve
Über den Ursprung des Aprilscherzes
Der arme Mann zu Trockenburg
Der Lichtbildervortrag
Herr Mokusch
Der Gedenktag
Über die Ausbildung von Gewittern
Friseur Kleinekorte hält die Stellung
Friseur Kleinekorte seift wieder ein
Friseur Kleinekorte im Strom der Zeiten
Friseur Kleinekorte und der Sexzentner
Friseur Kleinekorte und die Konvulsion
Friseur Kleinekorte und der allegorische Komperatief
Friseur Kleinekorte probt den Ernstfall
Moritz Brandenburger: Herunter mit den alten Hüten
Wider allzu neue Mützen!
Genosse Daffke
Adel verpflichtet
Marktwert eines toten Ritters
Das Ende vom Lied
Die Lehmanns auf dem Léman
In Staub mit allen Freunden Berlins!
John Maynard
C. U. Wiesner
Geboren im letzten Monat der Weimarer Republik, am Neujahrstag 1933, in der einstigen märkischen Hauptstadt Brandenburg, entwich nach dem Abitur den heimatlichen Stadtmauerzwängen, gelangte in eine etwas größere Hauptstadt, ohne zu ahnen, dass man dort schon zehn Jahre später aus väterlicher Sorge bemüht sein würde, ihm den Horizont mit erheblicherem Bauaufwand zu verstellen.
Eines Tages mochte er fürder nicht mehr in der eingefriedeten Hauptstadt leben und zog es vor, in die vertrauten märkischen Wälder zurückzukehren.
Dank prophetischer Gaben bestellte er den Möbelwagen von Berlin-Pankow nach Klosterfelde für den 9. November 1989.
Während des achtunddreißigjährigen Berlin-Aufenthalts:
Studien als Dolmetscher für Englisch; Germanistik und Filmszenaristik (diese im Gegensatz zu jenen hin und wieder angewandt).
Tätig als Lektor, Redakteur, Reporter, Theaterkritiker, Mitarbeiter der satirischen Zeitschrift Eulenspiegel, Entertainer in eigener Sache, Schauspieler (leider zu selten) und (vorwiegend) Schriftsteller.
Sein bekanntestes Geschöpf ist der Frisör Kleinekorte, den das Berlin-Brandenburgische Wörterbuch zu Recht an die Seite der Volksfiguren von Glaßbrenner und Tucholsky stellt.
C.U.W. schrieb u. a. Hörspiele, Kabarett-Texte, Fernsehfilme und Fernsehserien (u. a. Gespenstergeschichten wie Spuk unterm Riesenrad, Spuk im Hochhaus, Spuk aus der Gruft für Kinder von 8 bis 88 Jahren) sowie dreizehn Bücher, vom Kinderbuch über den Kriminalroman, die satirische Darstellung eigener Umwelt im weitesten Sinne bis zum bitteren erst um die Jahreswende 1989/90 nach einiger Verzögerung erschienenen Märchenroman für Erwachsene Die Geister von Thorland, Machs gut, Schneewittchen! und Lebwohl, Rapunzel! erzählen von den Kinder- und Jugendjahren in der Havelstadt Brandenburg.

Er kam zur Tür hereingeschlichen, grüßte verlegen und blickte scheu zu den Tischen, an denen die Einheimischen saßen. Dann fragte er höflich, ob er bei mir Platz nehmen dürfe. Ich hatte nichts dagegen. Der Mann steckte in einem sauberen, aber ungemein armseligen Nachkriegsanzug, wie ihn heute nicht einmal Empfänger der Mindestrente anziehen würden. Sein verängstigter Gesichtsausdruck, der gleichwohl nicht vom schlechten Gewissen eines Bösewichts geprägt schien, weckte mein Mitleid. Ich lud den Mann zu einem Bier und einem Korn ein, wobei ich nicht verhehlen will, dass mich eine gewisse berufliche Neugier trieb, sein offensichtlich trauriges Schicksal zu ergründen. Er sprach jedoch nur über das Wetter und über die unzureichende Straßenbeleuchtung von Trockenburg. Erst später, kurz vor der Polizeistunde - die letzten Einheimischen hatten singend das Lokal verlassen - rückte er mit seiner Geschichte heraus: »Sehnse, ich bin an sich 'n ganz normaler Mensch, verheiratet, zwei erwachsene Töchter, nette Schwiegersöhne ...«
»Ihr Familienleben ist also in Ordnung?«, warf ich ein. »Vermutlich Sorgen im Beruf?«
»Nein«, antwortete er, »ich bin Buchhalter und hab mir seit dreißig Jahren nie was zuschulden kommen lassen.«
»Na also«, erwiderte ich. »Quält Sie irgendein heimtückisches Leiden?«
»Ach wo«, sagte er treuherzig, »ich bin kerngesund. Aber das verdammte Zahlenlotto ... fünf, sechs Jahre lang habe ich jede Woche zwei Tippscheine abgegeben und nie was gewonnen.«
»Das müssen Sie sich nicht zu Herzen nehmen«, entgegnete ich. »Mir geht’s genauso.«
»Na, dann wissen Sie ja, wie das ist. Man hofft von Woche zu Woche, macht Pläne, man verspricht den Leuten das Blaue vom Himmel ...«
Ich nickte. »Und gewinnen tut man immer wieder nichts.«
»Doch«, flüsterte er, »vor drei Wochen hatte ich einen Fünfer. Einhundertsechsundachtzigtausendzweihundertfünfundvierzig Mark.«
Vor Ärger hätte ich fast mein Bierglas umgeworfen. Da hatte ich also von meinen paar Piepen diesen Krösus den ganzen Abend freigehalten. Ich fasste mich. »Nun sagen Sie bloß, Sie haben die Tasche mit dem vielen Zaster in der Eisenbahn stehen lassen oder gar Ihren Tippschein gar nicht abgegeben?«
Er grinste hilflos. »Von wegen! Ich bin ein korrekter Mensch. Das Geld habe ich noch bis auf den letzten Pfennig beisammen.«
»Ich versteh Sie nicht«, sagte ich ungehalten, »da könnten Sie leben wie Gott in Frankreich, sich ein Häuschen bauen, Maßanzüge tragen, ins Ausland reisen ...«
»Eben nicht«, unterbrach er mich. »Damals, als ich nicht an einen Hauptgewinn glaubte, hab ich meinen Kollegen eine gemeinsame Reise nach - ist ja auch egal -, meinem Freund eine Motorjacht, jedem Schwiegersohn einen neuen Wagen, meinen Töchtern einen Persianer ... und was ich den Leuten hier so abends in der Kneipe versprochen habe! Als ich dann heimlich das Geld abholte, dachte ich, die sollten mal wissen ...«
Ich begann ihn zu begreifen. »Und nun tut Ihnen das alles leid, und da mimen Sie in der Öffentlichkeit den armen Mann, und zu Hause machen Sie mit Ihrer Frau Lebeschön?«
Er schüttelte den Kopf. »Das geht auch nicht. Wenn meine Frau von dem Gewinn wüsste, wär es sofort in Trockenburg herum. Und deshalb sag ich mir jeden Tag: Nur nicht auffallen - dass bloß keiner dahinterkommt und mich beim Wort nehmen will. Was soll ich machen? Die Arbeit aufgeben? Da würden die Kollegen stutzig werden. Kauf ich mir Schnaps, fragt mich meine Frau, wo ich das Geld herhabe. Sagen Sie selbst, was blieb mir übrig, als die Tasche mit den Geldscheinbündeln an einem sicheren Ort zu vergraben?«
»Ja, aber«, fragte ich ihn, »was haben Sie denn nun von Ihrem Hauptgewinn?«
Er drehte sich eine Zigarette und lächelte versonnen. »Das schöne Gefühl, ein steinreicher Mann zu sein. Spendieren Sie mir noch ein Bier?«

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