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Clownschule


Clownschule

Erzählung
1. Auflage

von: Renate Krüger

7,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 18.12.2015
ISBN/EAN: 9783956555930
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 224

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Die titelgebende Figurensammlung taucht zum ersten Mal in dieser Erzählung auf, als ein Lkw mit Antiquitäten ankommt und sich Schwester Helga Schneider bei einem der italienischen Fahrer danach erkundigt, was er denn geladen habe:
„Was bringen Sie denn eigentlich? Was haben Sie in Ihren großen Autos?“
„O Signora, wunderschöne Sachen, alte Schränke, alte Bilder, alte Stühle, neue Arbeit, neue Sorgen ... Und haben wir auch ganze Clownschule in Auto.“
„Was haben Sie?“, rief Helga Schneider und sprang auf.
„Wunderschöne Clownschule, Signora! Große Figuren, kleine Figuren, Jacken karierte, große Schuhe, kleine Hütchen ...“
„Zeigen Sie! Das muss ich sehen!“
„Warum so agitato? Was hat Signora zu tun mit Clownschule?“
„Viel! Alles! Ich war früher beim Zirkus. Ich kenne das alles. Wo ist die Clownschule?“

Eben diese Clownschule gibt nicht zuletzt dem Leser einen Blick auf die geheimnisvolle Vergangenheit von Helga Schneider frei. Aber Geduld. Zunächst unternimmt sie eine Reise nach Mecklenburg, nachdem ihr während eines Friseurbesuchs eine Anzeige aufgefallen war:
Sie nahm die erste beste Illustrierte zur Hand, obgleich sie sich vor diesen zerlesenen und abgegriffenen Papierbündeln immer ein wenig ekelte, und blieb sogleich an einer fett gedruckten und bunt bebilderten Werbung hängen: KlevenowWellness, Kirch-Wodendorf. Ungläubig starrte sie auf das Bild. Es zeigte ein stattliches Schloss in einem Park, das zu einem Kuraufenthalt einlud, Schwerpunkt Ayurveda.
Dort wollte sie hin. Offenbar kannte sie die Anlage von früher. Und offenbar trifft sie dort auch auf Menschen, von denen sie sich sicher ist, dass sie sie kennt. Aber auch andere Menschen suchen dort nach den Spuren ihrer Vergangenheit oder den Spuren der Vergangenheit ihrer Familie wie Ursula von Klevenow. Etwas später versucht sie, mit Helga Schneider in Kontakt zu kommen.
Der Leser erfährt zudem von verwickelten Ereignissen aus einer anderen Zeit, als bestimmte Dinge auf verschwiegene Weise geregelt werden sollten. Aus dem alten Schloss war das Objekt 5 als Rehabilitationsstätte für verdienstvolle, aber mit Sicherheitsrisiken behaftete Staats- und Parteifunktionäre eingerichtet worden. Für solche, deren Verstöße gegen die Einheit und Reinheit der Partei zwar mit Krankheit erklärt werden konnten, die aber doch Isolierung erforderlich machten. Um sie kümmerten sich die Sicherheitsorgane. Einer der Leute von der Sicherheit ist ein gewisser Budjonny. Aber was hat das alles mit Helga Schneider zu tun?
Geboren 1934 in Spremberg/Niederlausitz. Seit 1939 in Schwerin ansässig.
Studium der Kunstgeschichte und klassischen Archäologie in Rostock.
Tätigkeit am Staatlichen Museum Schwerin. 1965 Verlust des Arbeitsplatzes aus politischen Gründen, seither freiberuflich als Publizistin und Schriftstellerin tätig:
Sachbücher (Die Kunst der Synagoge 1966, Das Zeitalter der Empfindsamkeit 1972, Biedermeier 1979, Spurensuche in Mecklenburg 1999, Aufbruch aus Mecklenburg. Die Welt der Gertrud von le Fort, 2000),
Belletristik (Licht auf dunklem Grund, Rembrandt-Roman, 1967, Der Tanz von Avignon, Holbein-Roman 1969, Saat und Ernte des Joseph Fabisiak, 1969, Nürnberger Tand 1974, Malt, Hände, malt, Cranach-Roman 1975, Jenseits von Ninive, 1975, Aus Morgen und Abend der Tag, Runge-Roman, 1977, Wolfgang Amadés Erben, 1979, Türme am Horizont, Notke-Roman 1982, Die stumme Braut, 2001, Paradiesgärtlein, 2008),
Jugendbücher (Geisterstunde in Sanssouci, Menzel-Erzählung 1980, Das Männleinlaufen, Alt-Nürnberger Geschichte 1983, Des Königs Musikant, Erzählung über Carl Philipp Emanuel Bach 1985).
Nach 1989 Mitarbeit am Aufbau der parlamentarischen Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern, Archivarbeiten.
Kurischkas Anruf bei Oleg zeigte Wirkung. Oleg rief aufgeregt seinen Sohn an und erzählte ihm, dass Kurischka ihn um Hilfe gebeten habe. Es sei ihm auch gelungen, den Aufenthaltsort ausfindig zu machen. Nun solle Alexander Olegowitsch sich etwas ausdenken, um Kurischka dort herauszuholen. Er war damals Attaché an der Sowjetischen Botschaft in Ostberlin, und es war ihm möglich, die notwendigen Stempel und Genehmigungen zu beschaffen.
Alexander Olegowitsch machte sich also auf den Weg ins Objekt 5. Seit einigen Monaten hatte er diese Fahrt generalstabsmäßig vorbereitet und war sicher, dass sie zum Erfolg führen werde. Der Vater sollte zufrieden sein. Im Aktenkoffer warteten Papiere mit seltenen und einflussreichen Unterschriften auf die Entfaltung ihrer Wirksamkeit. Kurischka würde staunen!
Alexander Olegowitsch jagte seinen neuen Moskwitsch bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit und hielt schließlich vor dem Gebäude der sowjetischen Militäradministration in der Bezirksstadt. Von dort erfolgte der Kontakt zur Bezirksbehörde des Ministeriums für Staatssicherheit. Oberstleutnant Marschner selbst musste ihn ins Objekt 5 begleiten. Der war noch nicht einmal dazu gekommen, seine Vorgesetzten in Berlin zu konsultieren.
Alexander Olegowitsch brachte ihn in Verwirrung, indem er ihn mit Budjonny anredete. Und er zeigte ihm die Unterschritt seines Ministers. Marschner schluckte, denn er hatte noch nie von seinem Minister einen persönlichen Befehl über Dritte erhalten.
Alexander Olegowitsch teilte ihm mit, dass Kurt Förster anlässlich des Tages der Befreiung nach Berlin zum Empfang für den Sowjetischen Staatszirkus eingeladen sei. Danach werde er zum Tag des Sieges einen Kranz am sowjetischen Ehrenmal in Westberlin niederlegen, wie es einem Helden der Sowjetunion zukomme.
Förster sei aber doch schwer krank, wandte Marschner ein. Alexander Olegowitsch ordnete an, dass eine pflegerische Begleitung gestellt werden müsse, Marschner solle freundlicherweise dafür sorgen.
Budjonny sah sich zum Schweigen verurteilt. Aber so hatte er wenigstens Zeit und Ruhe, seine aufgestörten Gedanken kreisen zu lassen. Am liebsten hätte er den Russen aufgefressen.
Der Halt an der Kontrollschranke im Wald war kurz. Vor dem Diplomatenpass hatte die Wache noch mehr Respekt als vor Marschner.
Kurischka lag angezogen auf seinem Bett und schlief bei eingeschaltetem Radio, das Glückwünsche durch den Äther schickte, unter anderen Grüße von der Volkssolidarität an den rüstigen Rentner Albert Witte, der noch immer seinem Dienst als Betriebswache nachginge und für alles ein offenes Ohr habe.
Leise sprach Alexander Olegowitsch im Krimdialekt auf Kurischka ein. Er solle aufstehen und mit ihm kommen und nicht als Faulpelz am helllichten Tag im Bett liegen ... Dann schob er den Arm unter Försters Kopf und suchte ihn aufzurichten.
„Los, komm! Wir fahren.“
Schlaftrunken murmelte Förster:
„Ja, Sascha, lass uns fahren. Wohin soll es denn gehen?“
„Nach Berlin.“
„Aha, nach Berlin. Und was wollen wir dort?“
Förster rieb sich die Augen und stellte fest, dass er nicht träumte und nicht im Traum sprach. Der mit den vielen kleinen Falten und Runzeln im Gesicht war wirklich Sascha.
Marschner sah den Eindringling an, als sei der ein gehörntes Untier. Sollen doch die Russen ihren Kurischka ganz behalten! Dann wären wir ihn auf komfortable Weise los.
Alexander Olegowitsch hatte einen großen Koffer mitgebracht und forderte Kurischka auf, alles einzupacken.
„Alles?“, fragte er ungläubig.
„Ja, alles!“
Oberstleutnant Marschner wartete am Wagen. Alexander Olegowitsch übergab ihm ein gestempeltes und unterschriebenes Protokoll. Marschner las es vom ersten bis zum letzten Buchstaben.
Der sowjetische Botschaftsrat Alexander Olegowitsch Kagin ist berechtigt, Kurt Förster zu einem Empfang nach Berlin zu begleiten und bürgt für seine Sicherheit und die Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik.
„Die Genossin Anna Kaminski fährt mit!“, sagte Marschner hart. „Sie muss nur noch schnell ihre Sachen zusammenpacken.“
Es ging wirklich sehr schnell, und sie fuhren ab.
Nach zwei Stunden hielten sie an einem Waldrand und stärkten sich mit Brot, Zwiebeln, Wurst, hart gekochten Eiern, Tee und Wodka aus dem mitgebrachten Picknick-Korb, den Alexander Olegowitschs Frau zusammengepackt hatte. Sie aßen auf russische Soldatenweise, zerschnitten alles mit dem Taschenmesser und steckten die Stückchen auf der Messerspitze in den Mund.
Nach einer halben Stunde erreichten sie den Vorort, in dem Kurischka gewohnt hatte, und Alexander Olegowitsch ließ es sich nicht nehmen, an seinem Haus vorbeizufahren. Dann fuhren sie nach Karlshorst, wo Alexander Olegowitsch mit seiner Familie innerhalb des militärischen Geländes wohnte. Seine Frau Mascha weinte vor Wiedersehensfreude, doch niemand kam auf die Hintergründe dieses Wiedersehens zu sprechen. Alle wussten oder ahnten, wie das alles gelaufen sein musste, und damit sollte es sein Bewenden haben.

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