Details

Tandem mit Kettmann


Tandem mit Kettmann


1. Auflage

von: Herbert Friedrich

7,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 16.11.2021
ISBN/EAN: 9783965215726
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 189

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Dieser Band präsentiert acht Erzählungen, die unterschiedlicher kaum sein können, aber dennoch eines gemeinsam haben: Sie handeln von Entscheidungen, von Pflichtbewusstsein und Verantwortung, von Schicksal und Moral. Da kommt es in der Titelgeschichte zu einem Streit zwischen zwei Freunden, weil sich der eine mit den Federn des andern schmückt. Und seitdem heißt er für seinen Freund nicht mehr Lutz, sondern nur noch Kettmann. Ein siebzehnter Geburtstag wird auf ganz ungewöhnliche Weise gefeiert. Von einem der erbärmlichsten Radrennen, das der Held je gefahren ist, ist die Rede. Denn er hatte es nicht zu Ende gefahren. Und eine Jungen-Freundschaft hat sich erledigt. Etwas Ungewöhnliches passiert an einem Sonntag auf der Pioniereisenbahn. Und es geht noch einmal gut – wenn auch knapp. Ein Garten wird verkauft. Ein Garten mit vielen Erinnerungen. Eine Straßenkreuzung erzählt Geschichte – deutsche Geschichte und eine ganz persönliche. Ein Großvater beantwortet seinem zehnmal jüngeren Enkel Fragen zu einer berühmten Expedition eines Niederländers und noch manches mehr. Und er baut ihm ein Schiff. Und er hat seinen Enkel ausgerüstet für die tausendtausend Fernen und abertausend Wunder der Welt. Auf einer Urlaubsreise in die Slowakei folgt eine Tochter den Lebenspuren ihres Vaters, die viel mit einem früheren Krieg zu tun haben. Und ein fremdes Land und seine Menschen rücken den Gästen aus der DDR näher.
Tandem mit Kettmann
Zwischen den Brücken
Spitzengruppe
Dienst am Sonntag
Der Garten
Chronik einer Kreuzung
Das Schiff des Wilhelm Bernhardt
Die Reise nach D.
Geboren am 7. August 1926 in Zschachwitz.
Volksschule in Dresden, Lehrerbildungsanstalt in Frankenberg. Ab 1944 Wehrmachtssoldat, von 1945 bis 1949 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft in Mittelasien.
1950 war er zunächst Hilfsarbeiter, dann Lehrer in Lohmen/Pirna und in Dresden. 1957 legte er das Staatsexamen ab und studierte von 1958 bis 1961 am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ in Leipzig. Seit 1961 freischaffender Schriftsteller in Dresden.
Auszeichnungen
Martin-Andersen-Nexö-Kunstpreis der Stadt Dresden 1966
Alex-Wedding-Preis 1973
1871 geschah dies:
Der Herbststurm toste über die See, die in langen Wellen aus dem Osten anrollte. Sie hob den winzigen norwegischen Walfänger und riss ihn hinab in endlose Täler. Und der Rudergänger schrie, die Nässe im Bart: „Wenn wir nicht bald einen Hafen finden, Herrgott, dann holt uns der Teufel.“
Voraus zackte die Küste von Nowaja Semlja, manchmal verdeckt von Regenstriemen, von jagenden Wolkenfetzen oder von Gebirgen von Wasser. Drei Tage war der Kapitän Elling Carlsen nicht aus dem Ölzeug gekommen. Und wenn es weiter so pfiff – es war verdammt Zeit, aus dieser Ecke herauszukommen, bevor der Winter zubiss.
Das Fahrzeug war die „Solid“, wenig Tuch hatte es an den Rahen, das meiste war festgebunden. Mit kleinem Segel jagte es dahin. Eine Maschine hatte es unter Deck, ein Motorchen, aber was wollte dies gegen die Wetter ausrichten.
Der Kapitän Carlsen war so wie der Name seines Schiffes, derb, tüchtig, gründlich, zuverlässig. Und das Schiff tat ihm gleich, mit den Harpunen an Bord und dem Walspeck im Bauch. „Halt immer den Kurs!“ Er stemmte sich mit ins Ruder, er schrie seiner Handvoll Männer Segelkommandos zu. Er spie ins Wasser, wenn der Sprietbaum in die Sturzseen gischtete. Er witterte die Bucht ohne Kompass und Sonne.
Den Jüngsten riss es fast über Bord, Carlsen fing ihn am Bein, holte ihn heran. Noch einmal kämpfte das Schiff mit der Flut. Die Einfahrt war schmal. „Drei Strich ab!“ Die Zacken, die Klippen. „Ruder nach Lee!“ Möwen im Sturm. „Hart Backbord!“ Ruhiges Wasser. Und ringsum das Land. Die Männer blickten auf Carlsen, triefende Gesichter unter Südwestern, lachend. Carlsen sagte: „Da liegt ein Haus.“
Es war ein Wunder für die von der „Solid“. Einen Sturm zu erleben wie diesen, Ball auf den Wellen, und dann zu ankern vor einem Haus, im Eisland, fern aller menschlichen Siedlung.
Das Haus war Ruine, allen Wettern stand es offen. Sie stürzten hin zu dem Haus, drückten sich an die Balken, erkannten Planken von einem Schiff, stiegen über Stangen.
Zwei kupferne Kessel standen zumittelst bei einer Herdstelle, ein Uhrwerk lag da, halb unter Erdreich. Der Rudergänger griff nach einem Stück Eisen: eine Hellebarde. Sie sahen sich an.
„Dass keiner hier was einsteckt für sich“, sagte Carlsen. „Das muss alles aufgeschrieben werden.“ Er war so wie des Schiffes Name. Er vermaß das Haus gründlich. Er holte allerhand heraus unter den Trümmern von Holz: Degen und Kerzen, zinnerne Schüsseln, Schiffskisten und Schreibfedern. Obwohl es rasch aufklarte und er es verdammt eilig hatte, heimzukommen nach Hammerfest, heraus aus dem Eisland, ließ er doch die „Solid“ eine volle Woche hier liegen.
Getreulich schrieb er alles in sein Schiffstagebuch und schrieb dann noch weiter, einen Bericht von seinem Besuch hier, während seine Leute draußen Steine schleppten und ein Mal errichteten, in dem Carlsen dann den Bericht deponierte.
Den Bericht, dass da ein Haus gefunden worden wäre, das Winterhaus der Expedition von Willem Barents.
Dann ging er auf Heimatkurs. Und noch auf dem Meer verbesserte er die Karte vom Eishafen und zeichnete das Haus ein. Und er war sich im Klaren, dass da noch viel verborgen lag. Manches brachte er mit aus dem Haus, über das zwei und dreiviertel Jahrhunderte gegangen waren. Und etwas war dabei, das waren ein Paar Schuhe, knochenhart und zerrissen, keine Schuhe für Füße, wie Carlsen sie hatte. Keinem Mann auf der „Solid“ hätten die Schuhe gepasst. Kinderschuhe. Die Schuhe eines Schiffsjungen.

Diese Produkte könnten Sie auch interessieren:

Zeit der Schneeschmelze
Zeit der Schneeschmelze
von: Siegfried Maaß
EPUB ebook
7,99 €
Zeit der Schneeschmelze
Zeit der Schneeschmelze
von: Siegfried Maaß
PDF ebook
7,99 €