Details

Sonntagspredigt oder Heimkehr auf die Insel


Sonntagspredigt oder Heimkehr auf die Insel

Novelle
1. Auflage

von: Siegfried Maaß

7,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 20.08.2016
ISBN/EAN: 9783956556371
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 163

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Brückstedt - eine fiktive Kreisstadt in der realen DDR. Ein alleinstehender Mann beantragt ein Reisevisum, um seine schwer erkrankte Mutter in Westdeutschland besuchen zu dürfen.
Das Visum wird ihm verweigert „Wenn Sie wenigstens verheiratet wären“, wird ihm lakonisch erklärt. Aber der Antragsteller ist katholischer Pfarrer Jahre später kann er endlich das Grab seiner Mutter besuchen und zugleich seine jüngere Schwester, die einst mit ihrem Freund nach Westdeutschland floh. Doch sie glaubt nicht, was er ihr berichtet und hält ihm vor, sich zwar um das Seelenheil anderer zu kümmern, aber seiner eigenen Mutter in ihren letzten Stunden nicht beigestanden zu haben.
Der schon in der gemeinsamen Kindheit im Elternhaus entstandene Konflikt zwischen den Geschwistern spitzt sich zu; die von einem freudlosen Leben gezeichnete Schwester, vereinsamt und dem Alkohol zugeneigt, bietet keine Chance zu einem geschwisterlichen Ausgleich. Enttäuscht und mit sich selbst unzufrieden und sich zugleich seines Anteils an dem endgültigen Bruch mit seiner Schwester bewusst, verlässt der Pfarrer vorzeitig den Wohnort seiner Schwester. Während der nächtlichen Bahnfahrt begegnet er einer schwarz gekleideten Dame, die sich auf dem Weg nach Brückstedt zur Beerdigung ihrer Mutter befindet. Es ist die ehemalige Polizistin, die damals zu ihm gesagt hatte: „Wenn Sie wenigstens verheiratet wären ..." Eine scheinbar ganz private Geschichte mit einem politischen Hintergrund, vor dem sich der Konflikt von einst zu einem ganz aktuellen ausweitet und seine Konsequenzen fordert.
Geboren am 06.10. 1936 in Magdeburg, Schulbesuch in Staßfurt.
Vermessungstechniker in Bergbau und Kataster. 1960 – 1964 Literaturinstitut Leipzig. Schauspieldramaturg. Freier Schriftsteller seit 1971.
Verheiratet. Zwei Kinder.
Bibliografie
Ich will einen Turm besteigen, Verlag Neues Leben, Berlin 1974; als E-book 2014
Ins Paradies kommt nie ein Karussell, Verlag Neues Leben, Berlin 1976; als E-book 2014
Lindenstraße 28, Verlag Neues Leben, Berlin 1982; als E-book 2012
Keine Flügel für Reggi, Verlag Neues Leben, Berlin 1984; als E-book 2012
Abschied von der Lindenstraße, Verlag Neues Leben, Berlin 1986; als E-book 2014
Vier Wochen eines Sommers, Verlag Neues Leben, Berlin 1989; als E-book 2014
Auch in der Ferne bist du nicht für mich verloren, BK-Verlag, Staßfurt 1994
Tango in der Düppler Mühle, Volksstimme, Magdeburg1998
Und hinter mir ein Loch aus Stille, dr.ziehten verlag, Oschersleben 2000
Zeit der Schneeschmelze, dr. ziehten verlag, Oschersleben 2001
Peggy Vollmilchschokolade, Projekte Verlag, Halle 2002
Der Handschuhbaum, Projekte Verlag, Halle 2003
Schulschreiber – Tagebuch, darin: der Mann im Haus bin ich, Projekte Verlag, Halle 2003
Sonntagspredigt oder Heimkehr auf die Insel, BK-Verlag, Staßfurt 2004
Adolfchen und der 'doofe’ Arm, Projekte Verlag, Halle 2005; als E-book 2012
Sternie, Spinni und das Kleine Gespenst Kugelrund, dorise verlag, Burg 2006
Das Versteck im Wald, dorise verlag, Burg 2007
Das Haus an der Milchstraße, dorise verlag, Burg 2008
Nachtfahrten, dorise verlag, Burg 2009
Als unser Weihnachtsmann Urlaub machte, dorise verlag, Burg 2009
Im Schatten der Milchstraße, dorise verlag, Burg 2010
Tango in der Düppler Mühle, erw. Fassung, Block-Verlag, 2011
Knöpfchen und der Mann mit der Mütze, Projekte-Verlag Cornelius, Halle 2012
Federschnee, Verlag Schumacher-Gebler, Dresden 2013
Mäxchen und Pauline, EDITION digital, Pinnow 2015
Flaschendrehen, EDITION digital, Pinnow 2016
Das Glashaus, EDITION digital, Pinnow 2016
Beteiligung an 15 Anthologien,
Herausgaben von 20 Anthologien.
„Tut mir leid, Herr Pfarrer ...“ Sie hob, auch wie beim vorigen Mal, die Schultern, wobei sich ihre fast bedeutungslosen Schulterstücke wölbten. „Ihr Antrag wurde ablehnend entschieden. Da kann ich nichts machen.“
„Aber wieso?“, fragte ich und konnte nicht glauben, was ich hörte. „Ich muss zu meiner kranken Mutter. Es liegt schließlich ein ärztliches Attest vor. Sie hat Krebs ...“
Die Frau, offensichtlich bemüht, meinen „Fall“ so schnell wie möglich abzuschließen, unterbrach mich. „Attest ... Was glauben Sie, wie oft ein solches Attest auf meinem Schreibtisch landet? Heute noch sind die Leute todkrank und bedürfen dringend Hilfe und Pflege und kurze Zeit später wollen die Todkranken dann selbst hier zu Besuch einreisen .... Haben wir alles schon gehabt. Nee, Herr Pfarrer, das ist für uns kein glaubwürdiger Grund.“
„Was muss denn noch geschehen, damit Sie mich reisen lassen? Benötigen Sie erst den amtlichen Totenschein? Damit ich zum Begräbnis meiner Mutter fahren kann?“
„Das wünsche ich nicht für Sie, glauben Sie mir. Aber die Leute sind trickreich.“
„Sehe ich so aus? Glauben Sie etwa, ich ...“ Ich deutete auf meine Kleidung.
„... würde mich eines solchen Tricks, wie Sie es nennen, bedienen? Denken Sie vielleicht, ich würde nicht zurückkommen. Denken Sie das?“
„Wer weiß ... Wenn Sie wenigstens verheiratet wären ... Aber in solchen Fällen wie Ihrem hat man wahrscheinlich Bedenken.“
Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Hatte ich es mit völlig ungebildeten Leuten zu tun, die nicht Bescheid wussten? Oder war ihnen einfach jede Begründung recht, gleich wie klug oder dumm sie ausfiel?
Die Frau blickte ungeduldig zur Uhr und ließ mich erkennen, dass sie unser Gespräch für beendet hielt.
„Verheiratet ...“, sagte ich empört und achtete auf die Hand der Polizistin, die bereits in Lauerstellung lag, um den bewussten Knopf zu drücken. „Ich bin katholischer Pfarrer und lebe im Zölibat, das bedeutet Ehelosigkeit, das sollten Sie wissen. Das ist aber etwas anderes, als wenn jemand nur zufällig nicht verheiratet ist.“ Ich stützte mich auf die Absperrung und beugte meinen Kopf hinüber. „Glauben Sie etwa, ich würde dort bleiben und hier meine Gemeinde im Stich lassen? Glauben Sie das wirklich?“
Die Uniformierte sah mich verunsichert an. Zum ersten Mal glaubte ich eine Regung bei ihr wahrzunehmen.
„Was ich glaube, ist nicht entscheidend. Ich habe Ihnen nur mitzuteilen ...“
“Und daran lässt sich absolut nichts ändern? Ich meine, wenn Sie mit Ihren Vorgesetzten sprechen würden ...“
„Dazu habe ich keine Befugnis, Herr Pfarrer. Die endet nämlich dort, wo Sie jetzt stehen.“ Wieder ihr Blick zur Uhr. „Und nun muss ich Sie dringend bitten ...“
„Lebt Ihre Mutter noch?“
Erstaunt blickte sich mich an und nickte.
„Können Sie sich vorstellen, dass unsere Rollen vertauscht wären? Dass ich mich dort auf Ihrem Platz befände und Sie hier an meiner Stelle stehen würden? Dass Ihre Mutter schwer erkrankt ist und Sie ...“
„Kann ich nicht, Herr Pfarrer. Denn meine Mutter ist wohlauf und lebt außerdem in unserer Stadt ... Gott sei Dank!“
„Da haben Sie recht! Dafür können Sie IHM wirklich danken ...“ Ich nahm meine Tasche, wandte mich brüsk um und verließ grußlos den Raum. Im gleichen Augenblick ertönte der tiefe Summton, und ich sah, dass sich draußen ein älterer Mann erhob, sodass ich die Tür für ihn geöffnet ließ.

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