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Plumpsack geht um


Plumpsack geht um


1. Auflage

von: Hans-Ulrich Lüdemann

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 02.02.2013
ISBN/EAN: 9783863948900
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 143

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Der 14-jährige Lutz Grieben versucht, die Lebensgeschichte seines Vaters zu ergründen. Ist etwas dran an den üblen Verdächtigungen, dieser habe mit den Nazis zusammengearbeitet? Was sagen die Zeitzeugen? Werden diese alten Genossen überhaupt mit ihm reden?
Es heißt, dass in einer Diktatur die Zensur bei Büchern sich der Ideologie bedient, während in einer Demokratie die Zensur ebenso gnadenlos durch den Markt ausgeübt wird. Im Jahr 1977 verunfallt der 33-jährige Schriftsteller Hans-Ulrich Lüdemann während seines Wehrpflichtdienstes durch die Schuld eines Offiziers, in der Folge bleibt er für den Rest des Lebens hochgradig querschnittgelähmt. Nach zehn Monaten im Lazarett erhält er vom Verlag den Andruck seines Manuskriptes Plumpsack geht um. Noch immer gezeichnet von schweren körperlichen und seelischen Einbußen beginnt er die so genannte Autor-Korrektur zu lesen. Sein anfänglicher Groll über die ohne sein Wissen vorgenommenen Textänderungen schlägt geradezu in Wut um, als er begreift, dass immer dann, wenn seine Story kritische Details über die alltäglichen Zustände in der DDR enthält, diese Passagen gestrichen bzw. durch eine andere Lesart ersetzt worden sind. Hans-Ulrich Lüdemann mobilisiert die letzten ihm verbliebenen Kräfte und macht nun seinerseits fast alle willkürlichen Änderungen an seinem Manuskript mittels Tonband-Diktat wieder rückgängig. Schließlich handelt es sich zum Teil um authentische, also um in der eigenen Familie verbürgte Geschehnisse.
Gleichzeitig beschwert er sich beim Verlagsleiter Fred Rodrian. Dieser, mit dem Autor freundschaftlich verbunden, zeigt viel Verständnis für dessen Zorn. Zwar weiß er nicht zu sagen, wer derjenige war, der jene Streichungen oder Zusätze vorgenommen hat; er verspricht, dass das Buch in der Fassung gedruckt wird, die der Autor nunmehr abliefern soll. So kann es geschehen, dass das DDR-Kultur-Ministerium ein im Sinne der Ideologie korrigiertes Manuskript mit dem 3. Preis für Kinder- und Jugendliteratur auszeichnet (der erste Preis wird Gerhard Holtz-Baumert, der zweite Alfred Wellm zugesprochen), erscheinen wird aber das frei von Streichungen oder Zusätzen vorliegende Buch Plumpsack geht um. Als der oberste Zensor Genosse Müller diese Panne mitbekommt, droht er anfangs den Beteiligten mit einschneidenden Konsequenzen, unterlässt jedoch alle Restriktionen aus Furcht, wegen des Vorwurfs mangelnder Aufsicht selbst davon betroffen zu werden.
Hans-Ulrich Lüdemann (Pseudonym John U. Brownman mit Co-Autor Hans Bräunlich) wurde am 4. Oktober 1943 in Greifswald geboren. Nach dem Abitur folgte ein Studium der Sportwissenschaften, Psychologie, Pädagogik und Germanistik an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität im vorpommerschen Greifswald.
Von 1966 bis 1969 arbeitete er beim Verlag Junge Welt Berlin. Danach war er freischaffend tätig als Journalist, TV-Kameramann und Schriftsteller.
1977 erlitt Hans-Ulrich Lüdemann einen Unfall als Reservist während seiner NVA-Wehrpflicht, der ihn zeitlebens in den Rollstuhl zwingt.
Er ist Autor von 20 Hörspielen für Kinder und Erwachsene, desgleichen sind 26 Buchtitel von ihm erschienen. Als wichtigstes Werk gilt sein autobiographisch geprägter Roman Der weiße Stuhl. Hans-Ulrich Lüdemann hat sich auch als Szenarist von TV-Filmen ausgewiesen. Schreiben ist für ihn Therapie. Seiner physischen und psychischen Stärkung dienten seit 1992 über zwei Dutzend Aufenthalte in Dänemark, Reisen nach San Francisco, Zypern, Toronto, Guernsey, Kapstadt, Florida, Dubai, Sydney und Singapur ...
Glückliche Rollstuhl-Tage in Kalifornien fanden ihren Niederschlag in San Francisco and so on Happy Rolliday I. Ein Reise-Essay zu Südafrika trägt den Titel Kapstadt und so weiter Happy Rolliday II. Das dritte Buch über eine Reise im Oktober 2002 mit dem Titel Florida and so on Happy Rolliday III erschien Januar 2005. Ein viertes Reise-Essay Dubai-Sydney-Singapur und so weiter Happy Rolliday IV schloss 2005 die Reihe Happy Rolliday ab.
Die Gesamtauflage seiner Bücher beträgt nahezu eine Million Exemplare.
Mitgliedschaften: SV der DDR 1974, VS 1990; IG Medien 1990.
1973 Hörspielpreis des DDR-Rundfunks, 1977 Kunstpreis des DTSB, 1982 Preis für Kinder- und Jugendliteratur des Kulturministeriums der DDR.
„Dein Vater und Ärger?" Rieke schüttelt den Kopf. „Der hat eine Elefantenhaut und immer einen großen Rand. Sogar in der Nazizeit. Ich weiß noch: Wir waren auf einer Dampferpartie. Dein Vater wie immer in Matrosenuniform. Wäre ja für sein Leben gern zur See gefahren. Aber bei den Plattfüßen! Deswegen ist er wohl Busfahrer geworden. Na, dein Vater setzt sich also zwischen die Braunen. Und wie das so geht, die Männer trinken einen Köm und noch einen. Dazu Bier — Otto erzählt einen Witz: Hitler war bei Mussolini zu Besuch. Sein italienisches Spiegelbild sozusagen. Mussolini will Hitler etwas Besonderes vorführen. Er steckt fünf Goldstücke in einen Telefonapparat und reicht Hitler den Hörer. Hitler presst sein Ohr an die Muschel und staunt. Eine Stimme schallt ihm entgegen: Hier ist die Hölle! Sie wünschen? Hitler war sehr beeindruckt von dieser Vorführung, und als der Duce bei ihm zu Besuch ist, nimmt Hitler zwei Münzen, steckt sie in einen Telefonapparat und reicht den Hörer an Mussolini weiter. Wieder ertönt die Stimme: Hier ist die Hölle! Sie wünschen? Mussolini verzieht das Gesicht. Er legt den Hörer zurück: Madonna! Ich muss stecken viele Goldstücke in den Apparat für Ferngespräch, und du nur brauchen zwei Münzen. Ja, sagt Adolf Hitler, Ortsgespräch, mein lieber Duce.“
Ich griente etwas, obwohl ich auf die Schnelle den Witz nicht verstand. Mussolini war mir ein Begriff …
„Du kannst es mir glauben, mein Junge, ich saß damals wie erstarrt. Die Volksgenossen, ja, die haben sich auf die Schenkel gehauen. Fühlten sich ja auch als Höllenschar und folgten ja auch bedingungslos dem obersten Höllenvater. Sie haben sich nicht lassen können vor Lachen. Aber ebenso gut hätten sie deinen Vater auch verprügeln können, wenn es einem aufgestoßen wäre, was Otto wirklich gemeint hatte. Aber der Köm und das Bier ... Die aus unserem Haus haben oft zu mir gesagt: Rieke, haben sie gesagt, rede ihm ins Gewissen. Damit wir ihn nicht eines Tages anzeigen müssen. Jawohl — müssen haben sie gesagt. So waren die Zeiten damals, mein Junge. Allein hätte ich dagestanden. Mit den Kindern von meiner Schwester. Deswegen habe ich auch heimlich das Parteibuch verbrannt. Otto durfte davon nichts wissen. Bis Kriegsende hat er gedacht, es steckt unterm Dielenbrett."
„Und Sie waren nie in der Partei, Frau Grieben?"
„Ich? Dein Vater brachte genug Aufregung. Sammlung für die Rote Hilfe. Kurierdienste. Nachts klopften wildfremde Menschen an unsere Wohnungstür. Morgens waren sie wieder verschwunden. Ich habe viel Angst ausgestanden."
„Und nach dem Krieg? Was hat mein Vater gemacht, als der Krieg zu Ende war?" Ich wische mit dem Handrücken die Krümel vom Mund.
„Nach dem Krieg? Dein Vater lebte nicht ruhiger. Für Otto fing alles von vorn an. Mit allem wollte er es nochmals versuchen. Deswegen die Jüngere. Deine Mutter also. Ich bin damals zur Partei gegangen, um mich über Otto zu beschweren. Heute schäme ich mich dafür. Überhaupt, wen dein Vater nicht ab kann, da führt kein Weg hin. Buttlich zum Beispiel. Leiter vom Kraftverkehr heute. Ein feiner Mensch, aber dein Vater …"

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