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Liane und ihr Baby


Liane und ihr Baby


1. Auflage

von: Elisabeth Schulz-Semrau

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 14.07.2012
ISBN/EAN: 9783863946630
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 170

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Liane stolperte benommen über ausgestreckte Beine im Wartezimmer, murmelte eine Entschuldigung, öffnete eine Tür, es war die falsche, sie führte in einen zweiten Untersuchungsraum. Liane erkannte es an dem besonderen Stuhl, von solch einem war sie gerade heruntergeklettert. Rasch warf sie die Tür zu, fand die richtige nach draußen, wurde aber von der Sprechstundenhilfe zurückgerufen: Sie haben die Überweisung vergessen! Als Liane sie verständnislos ansah, drückte sie dem Mädchen ein Blatt Papier in die Hand, fügte hinzu: Damit melden Sie sich bei der Schwangerenberatung Ihres Stadtbezirks!
Psychologisch einfühlsam schildert die Autorin die Nöte und Ängste des fünfzehnjährigen Mädchens Liane - soll sie das Kind austragen oder nicht?
LESEPROBE:
Inge Peterson schließt die Wohnungstür auf, sofort spürt sie sich von Steffis Armen umklammert, hört: Maamaa - in Lianes Campingbeutel sind Jäckchen, Hemdchen, Strampelhosen, sogar Schuhe für meine Puppe Grit. Aber Liane hat sie mir, weiß ich, warum, weggerissen, behält sie, Mama, die ist doch viel zu groß, mit Puppen zu spielen! Steffi hält ihrer Mutter ein Jüpchen, mit Noppen gestrickt, dazu eine kleine Mütze entgegen, Ist 'ne Ausfahrgarnitur, Mutti, erklärte sie wichtig. Und sieh mal, auch das noch! Sie hebt einen Packen Windeln hoch. Bestimmt hat Oma alles für mich mitgegeben!
Liane hat die Wäschestücke an sich gepresst, sie sieht die Mutter ängstlich an. Die wiederum erschrickt vor Liane. Fragt: Um Himmels willen, Tochter, das kann doch nicht wahr sein? Sag, dass es nicht stimmt...
Liane weiß auf einmal zu ihrer Erleichterung, dass ihre Mutter die Tatsache erfasst hat. Sagen musst du es ihr, hatte Oma verlangt.
Aber die Erleichterung schlägt gleich in Schreck, Entsetzen, Versteinerung um. Sie steht, lässt sich nun ohne Protest die Kindersachen von Steffi aus den Händen zerren.
Inge Peterson hat die Netze, wo sie steht, fallen lassen, blickt ungläubig auf die große Tochter, schreit: Nun sag endlich was! Als Liane weiterhin schweigt, stürzt sie auf das Mädchen zu, greift sie bei den Schultern. Sie ist durch ihre Arbeit kräftiges Zupacken gewohnt; so spürt Liane schmerzhaft die Hände der Mutter, die sie schütteln und an ihr reißen.
Habe ich als deine Mutter keine anständige Erklärung verdient?
Liane vermag weiterhin nichts zu sagen.
Die Mutter ist nun völlig außer sich. Sie zieht das Gesicht der Tochter zu sich hoch, aber die drückt den Kopf nach unten, ohne einen Laut von sich geben.

Elisabeth Schulz-Semrau
Am 14.7.1931 als Tochter eines Beamten im ehemaligen Königsberg/Preußen (heute Kaliningrad) geboren. Mädchenname: Elisabeth Appe.
Vier Jahre konfessionelle Grundschule, drei Jahre Lyzeum. 1945 Flucht in die Altmark, Tangermünde. Oberschule ohne Abschluss.
1948 bis 1949 Lehrerbildungsinstitut, ab November 1949 Lehrerin.
Fernstudium für 1. und 2. Lehrerprüfung, Fernstudium an der Pädagogischen Hochschule Potsdam.
Bis Ende August 1967 Lehrerin in Rangsdorf bei Berlin. Während dieser Zeit Gedichte geschrieben.
Von 1967-1970 Studium am Institut für Literatur Johannes R. Becher in Leipzig. Zwei Jahre freischaffend, danach 14 Jahre Lehrtätigkeit im Fach Prosa (bei Fernstudenten) an diesem Institut, zuletzt als Dozentin.
Von 1986-1990 für vier Jahre vom Hochschuldienst beurlaubt, in dieser Zeit freischaffend.
Verwitwet, zwei Söhne.
Wohnhaft in Leipzig, Berlin, Rangsdorf, jetzt wieder Berlin.
Auszeichnungen:
Förderpreis des Mitteldeutschen Verlages
Kunstpreis der Stadt Leipzig.
Bibliografie (Romane):
Jedes Leben hat auch seine Zeit, Mitteldeutscher Verlag Halle 1974
Ausstellung einer Prinzessin, Mitteldeutscher Verlag Halle 1977
Axel und der Maler Sim, Kinderbuchverlag Berlin 1979
Die Beurteilung, Mitteldeutscher Verlag Halle 1981
Suche nach Karalautschi/Report einer Kindheit, Mitteldeutscher Verlag Halle 1984
Liane und ihr Baby, Kinderbuchverlag Berlin 1988
Küchengespräche mit Frau L. (Portraits und Geschichten), Mitteldeutscher Verlag Halle 1989
Drei Kastanien aus Königsberg, Mitteldeutscher Verlag Halle 1990
Wer gibt uns unsere Träume zurück, Langen Müller Verlag, München 1995
Im Mantel von Allerleirauh, BS Verlag Rostock 1995
Gerda, das Nuschtchen. Drei Erzählungen zwischen Königsberg und Tangermünde, OsirisDruck, Leipzig 2007
Elchritter. Fast ein Märchen aus vergangenen Tagen, OsirisDruck, Leipzig 2008
Inge Peterson schließt die Wohnungstür auf, sofort spürt sie sich von Steffis Armen umklammert, hört: Maamaa - in Lianes Campingbeutel sind Jäckchen, Hemdchen, Strampelhosen, sogar Schuhe für meine Puppe Grit. Aber Liane hat sie mir, weiß ich, warum, weggerissen, behält sie, Mama, die ist doch viel zu groß, mit Puppen zu spielen! Steffi hält ihrer Mutter ein Jüpchen, mit Noppen gestrickt, dazu eine kleine Mütze entgegen, Ist 'ne Ausfahrgarnitur, Mutti, erklärte sie wichtig. Und sieh mal, auch das noch! Sie hebt einen Packen Windeln hoch. Bestimmt hat Oma alles für mich mitgegeben!
Liane hat die Wäschestücke an sich gepresst, sie sieht die Mutter ängstlich an. Die wiederum erschrickt vor Liane. Fragt: Um Himmels willen, Tochter, das kann doch nicht wahr sein? Sag, dass es nicht stimmt...
Liane weiß auf einmal zu ihrer Erleichterung, dass ihre Mutter die Tatsache erfasst hat. Sagen musst du es ihr, hatte Oma verlangt.
Aber die Erleichterung schlägt gleich in Schreck, Entsetzen, Versteinerung um. Sie steht, lässt sich nun ohne Protest die Kindersachen von Steffi aus den Händen zerren.
Inge Peterson hat die Netze, wo sie steht, fallen lassen, blickt ungläubig auf die große Tochter, schreit: Nun sag endlich was! Als Liane weiterhin schweigt, stürzt sie auf das Mädchen zu, greift sie bei den Schultern. Sie ist durch ihre Arbeit kräftiges Zupacken gewohnt; so spürt Liane schmerzhaft die Hände der Mutter, die sie schütteln und an ihr reißen.
Habe ich als deine Mutter keine anständige Erklärung verdient?
Liane vermag weiterhin nichts zu sagen.
Die Mutter ist nun völlig außer sich. Sie zieht das Gesicht der Tochter zu sich hoch, aber die drückt den Kopf nach unten, ohne einen Laut von sich geben.
Da schlägt die Hand der Mutter mit Wucht in das Gesicht der Tochter.
Das Echo dieses Schlages scheint sich um die drei Menschen in der Diele zu verzehnfachen. Steffi steht erschrocken zwischen Mutter und Schwester, blickt von der einen zur anderen. So etwas hat sich, solange sie denken kann, nicht bei ihnen ereignet.
Gewiss, die Mutter ist schnell mal aufgeregt oder wütend, dann nörgelt sie herum oder schimpft lange und anhaltend. Mehr auf Liane als auf sie. Natürlich, die ist ja größer und muss alles richtig machen! Aber gehauen - hat Mutti bisher keine von ihnen.
Die Mutter besieht sich ihre Hand, als könne sie es selbst nicht fassen.
Liane, auf deren Gesicht sich die fünf Finger der Hand der Mutter abbilden, rot färben und leicht anschwellen, empfindet nach dem Schmerz Trotz und dann etwas, das sie nicht zu benennen weiß, das aber damit zu tun hat, dass Mutti ihr etwas getan hat, von dem sie spürt, sie würde es gern ungeschehen machen. Also hat auch Mutti ein Gefühl von Schuld, und da kann sie ihre Mutter zum ersten Mal richtig ansehen und sagen: Ja, es stimmt, ich bekomme ein Kind. Oma habe ich es schon erzählt. Wir haben lange darüber geredet, und dann hat Oma mir die Babysachen von einer Patientin gekauft, deren Kind schon ein Jahr ist.
Frau Peterson stolpert über die Netze hinweg, stößt die Wohnzimmertür auf und lässt sich in den nächststehenden Sessel fallen. Das ist ja wunderbar! schreit sie in die Diele hinüber, deine Großmutter ist also dafür, dass fünfzehnjährige Kinder Kinder kriegen! Und wer ist der Vater? Dieser Timm oder gibt es noch andere, die dafür in Frage kommen?
Die Sätze treffen Liane schlimmer als die Ohrfeige. Wie kann Mutti ihr andere Jungen außer Timm zutrauen?

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