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Legende Lövenix


Legende Lövenix

Ein ungesicherter Bericht über die Liebe und anderes Merkwürdige im Leben des Gottfried Wilhelm Leibniz
1. Auflage

von: Manfred Richter

8,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 25.08.2012
ISBN/EAN: 9783863947743
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 543

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Der 70-jährige Gottfried Wilhelm Leibniz steht am Ende seines Lebens. Wenige Tage vor seinem Tod diktiert er dem Sekretär Eckhart Erinnerungen, Lebenserfahrungen. Auf diese Weise konnte in der Ich-Form geschrieben werden - der Leser bleibt der zentralen Figur sehr nahe.
Leibniz berichtet so unerhörte Dinge, dass sich dem Sekretär mehr als einmal die Feder sträubt. Von der Liebe zu einer Königin ist die Rede, von Freundschaft zu einem Diener und von Schuld...
Seine Erinnerungen reisen quer durch Europa - in das Frankreich Ludwig XIV., nach London, Holland, Wien, Rom. Er begegnet berühmten Persönlichkeiten seiner Zeit - Kaiser Leopold I., Eugen von Savoyen, Huygens, Spinoza, dem Papst, Sophie Charlotte und ihrem Gatten, dem Preußenkönig Friedrich I.
Der Roman erzählt von Hoffnungen und Illusionen, Irrtümern und Zweifeln, großen Ideen und Erkenntnissen, erzählt von einem Menschen, der liebte und wiedergeliebt wurde, und dessen Forderung nach Frieden und Glück für die Menschen höchst aktuell bleibt.
Es ist verbürgt, dass Leibniz im niedersächsischen Hannover hinter vorgehaltener Hand 'Lövenix' genannt wurde. Im Roman wird das sehr schnell aufgeklärt. "...Sie messen mich", berichtet er, "drüben im Schloss an der Zahl meiner Kirchgänge. Die waren selten, ich gestehe es. He glövt nix, hieß das in ihrer Mundart, sie haben daraus den Lövenix gemacht... Ein Scherz ohne Verstand. Ich erinnere mich doch kaum einer Predigt, die nicht gelangweilt hätte - zehn Sätze für Gott, zehn für die Leut' und zwanzig für die Katz'... Worte allein haben noch nie geändert..."
Das Buch erschien erstmals 2004 beim trafo Verlag, Berlin.

Der Autor Manfred Richter wurde in Dresden geboren. Studium an der Schauspielschule Berlin und am Institut für Literatur Leipzig. Fachausbildung als Szenarist (Drehbuchautor) an der Filmhochschule Babelsberg. Interessehalber Fernstudium Pädagogik.
Fest angestellter Autor am Deutschen Nationaltheater Weimar; Dramaturg am Landestheater in Dessau; fester Drehbuchautor beim DEFA-Studio für Spielfilme in Babelsberg. Mitte der 60iger Jahre wegen kulturpolitischer Meinungsverschiedenheiten Bruch mit dem DEFA-Studio. Künstlerischer Leiter des Kulturhauses in der Filmfabrik Wolfen; Fachdozent für Dramaturgie und Theatergeschichte.
12 Jahre freiberuflicher Schriftsteller. Ab 1984 wieder Drehbuchautor und nach Auflösung der DEFA-Strukturen 1989/90 freiberuflich tätig.
Auszeichnungen:
Kunstpreis, Silberner und Goldener Lorbeer des Fernsehens der DDR, zwei Preise für Kinder- und Jugendliteratur.
Bibliografie (Auszug):
Bücher:
Das Ei in der Trompete, Kinderbuchverlag, Berlin 1980
Der vertauschte Vati, Kinderbuchverlag, Berlin 1981
Legende LÖVENIX. Ein ungesicherter Bericht über die Liebe und anderes Merkwürdiges im Leben des Gottfried Wilhelm Leibniz, trafo, Berlin 2004
Jakobs Augen. Erzählung, Märkischer Verlag, Wilhelmshorst 2005
Theaterstücke:
Das Zauberfaß, Kinderstück 1955
Kommando von links, 1958
Die Familie der guten Leute, 1958
Die Insel Gottes, 1959
Ehrengericht, 1962
Rübchen, 1962
Der Eisriese, 1974
Spiel- und Fernsehfilme:
Als Martin 14 war, 1963
Joi, Mama, 1966
Reife Kirschen, 1972
Der Untergang der Emma, 1975
Das große Abenteuer des Kaspar Schmeck, 3 Teile, 1982
Familienbande, 1982
Der Hut des Brigadiers, 1986
Ein Wigwam für die Störche, 1986
Vernehmung der Zeugen, 1987
Die verzauberten Brüder, 1987
Die kriegerischen Abenteuer eines Friedfertigen, 1991
Plötzlich hielten wir unvermittelt an. Wir hörten den Kutscher fluchen. Ich riss den Wagenschlag auf und blinzelte in das Schneetreiben. Vor dem Wagen taumelte mit weit ausgebreiteten Armen eine Gestalt auf uns zu. Der Fuhrmann donnerte: "Bleib stehen, Kerl, oder...!" Ehe er seine Drohung aussprechen konnte, brach der Fremde dicht vor den unruhigen Pferden zusammen.
Philipp sprang an mir vorbei aus dem Wagen und eilte auf ihn zu. Schönborn und ich, mehr in Sorge um den jungen Boineburg als um den Menschen, folgten ihm. Da lag mit angezogenen Knien ein junger Mann, Hemd und Hände waren voller Blut. Seine Beine scharrten im Schnee und Straßendreck, als wollte er noch immer laufen. Ich beugte mich zu ihm hinunter, weil ich glaubte, sein Gesicht zu kennen. Auch er blickte mich an und, wahrhaftig, er grinste mir zu. Gleich darauf schoss ihm ein Schwall Blut aus dem Mund, seine Glieder streckten sich und er war tot.
Der Kutscher hatte sich nicht vom Bock herunter bewegt und rief jetzt drängend: "Weg mit ihm, in den Graben! Und dann fort!"
Hinter den hohen Fichten am Wegrand stand ein Birkenwäldchen in hellen Flammen. Die weißen Baumstämme lohten glutrot im Widerschein. In das Rauschen des Windes, der uns beizenden Qualm ins Gesicht trieb, mischte sich peitschendes Krachen, wenn das Feuer ins Holz biss.
Von einer bösen Ahnung getrieben, stürzte ich auf die Lichtung zu. Schönborn rief mit unterdrückter Stimme: "Leibniz! Seid Ihr verrückt?... Leibniz!"
Auf der Lichtung brannten die Wagen jener Zigeuner, bei denen ich eine Sommernacht verbracht hatte. Überall lagen dunkle Gestalten, reglos, mit durchschnittenen Kehlen oder eingeschlagenen Schädeln. Philipp und Schönborn waren mir nachgeeilt. Nahe der brennenden Wagen, die eine Höllenhitze verbreiteten, entdeckten wir die toten Kinder und bei ihnen die Frauen mit nackten, weit gespreizten Beinen. Der beizende Qualm trieb uns Tränen in die Augen. Wir irrten stumm umher, suchten vergeblich nach Lebenden und zerrten den Frauen die Röcke über die entblößten Beine. Philipp stolperte über die zerbrochene Quintera. Ihm wurde schlecht, und er kauerte sich mit abgewandtem Gesicht gegen einen Baumstamm.
Der dick eingemummte Kutscher kam von der Chaussee her. Er zog eine Flasche aus der Manteltasche, nahm einen kräftigen Schluck und raunzte: "Zigeuner, na ja. Scheußlich!" Er blickte sich ängstlich um. "Das waren Marodeure, Soldaten oder Bauern, weiß der Teufel, die können überall stecken. Ihr solltet jetzt einsteigen. Ich mach' mich davon!"
Auf dem Weg zu unserem Wagen entdeckten wir unter einer Brombeerhecke den Leichnam des alten Schnauzbartes. Er lag in einer schwarzen Blutlache. Seine Mörder hatten ihm mit dem Messer ein Kreuz in die Brust geschnitten und ihm beide Hände abgeschlagen. Ich schloss ihm die weit aufgerissenen Augen, mehr konnte ich nicht tun.
Wir rasteten nicht, wie eigentlich vorgesehen, in Blendecques, sondern fuhren durch die von Schneestürmen gepeitschte Nacht und trafen im Morgengrauen übermüdet und mit völlig erschöpften Pferden in Calais ein.

Der Alte schweigt lange, fragt endlich zu Eckhart hin: " Was hat die Menschen so gegen einander verschworen? Das möchte ich wissen. Dieser Mann konnte lachen und saufen und pissen und hatte eine Seele und war ein Gefäß aus Gedanken, Gefühlen und Kraft."
"Immerhin!", entgegnet Eckhart, "Immerhin haben sie Euch das Pferd gestohlen. Und wer weiß..."
Der Alte unterbricht zornig: " Wer weiß, wer weiß! Und die Kinder, die Weiber?" Er greift nach seinem Krückstock. Eckhart denkt schon, er will sich erheben, und springt hinzu. Aber der Alte, außer sich, hebt den Stock, fuchtelt mit ihm vor Eckhart herum: "Gedankenloses Pack!" Er lässt sich zurückfallen, beruhigt sich allmählich und weist mit der Krücke zum Kamin. "Leg nach! Bitte!"
Eckhart schürt in der Glut, wirft Holzscheite auf. Hinter ihm flüstert der Alte: "Alle menschliche Erfahrung ist die Summe unendlicher Leiden. Was ist das, Stockfisch - haben wir unser Leben mit Hoffnungen vergeudet?"
Eckhart wischt die Hände an seinen Rockschößen ab, gibt keine Antwort, fragt aber: "Wollt Ihr trinken?"
Der Alte winkt ab. " Wo stehen wir?"
"Calais, Ihr seid in Calais."
"Calais, ja, so. Merkwürdig, ich stand zum ersten Mal am Rand des Meeres. Mir war, als stünde ich am Saum des Universums und zugleich in seinem Zentrum.

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