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Klappersteine


Klappersteine

Feuilletons
1. Auflage

von: Jürgen Borchert

6,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 31.01.2014
ISBN/EAN: 9783863946968
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 135

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Zu den vergnüglichsten Texten in diesem Debütband mit Feuilletons des damals 36-jährigen Schriftstellers Jürgen Borchert gehört der mit dem wahrlich feuilletonistischen Titel „Vorschlag, ein Feuilleton über das Luftschiff zu schreiben“. Gewidmet hatte Borchert dieses Feuilleton seinem Lehrer, Mentor und späteren Freund Heinz Knobloch, der viel dafür getan hat, dass sich dieses journalistisch-literarische Genre in der DDR ausbreiten durfte und viel dafür, dass sich auch Leute fanden, die Feuilletons schreiben konnten – wie eben Jürgen Borchert.
Schon in seinem Debütband zeigt der noch junge Feuilletonist, dass er sein Handwerk versteht, blickt auf seinen eigenen Balkon, auf allerhand Leute und Landschaften, auf das eintönige Leben und auf die Relativitätstheorie sowie in Familienpapiere. Manches von dem, was er später und manchmal noch ausführlicher veröffentlicht, wird hier vorbereitet.
Außerdem beantwortet Jürgen Borchert in dem gleichnamigen und titelgebenden Feuilleton die Frage, was denn überhaupt Klappersteine sind: „Rund sind sie, meist hühnereigroß, schwarz, mit weißen und grauen Einsprengseln und Löchern, und hier und da führen winzige, weiß umrandete Gänge in das geheimnisvolle Innere der Feuersteinknolle. Wenn man sie leicht schüttelt, klappert es in ihrem schwarzen Bauch. Da staunt man, wiegt die Steinknolle prüfend in der Hand, schüttelt erst den Kopf und dann noch einmal den Stein - kein Zweifel, es klappert, wider alle Logik. Ein Klapperstein.“
Und was haben sie mit Feuilletons gemeinsam? Auch die muss man ein wenig schütteln, um alles zu hören …
Auf dem Balkon
Familienpapiere
Kleinstädtische Charaktere
Medaillons in der Manier Spitzwegs
Kindersegen
Dr. Carl Ganzel (1799-1888)
Braun
August Höpfner (1830-1901)
24 senkrecht: Erfinder der Schuhcreme
Lotte Lehmann
Frau Paulick
Vollst. Haush. vorh.
Dr. S.
Orate ibi pro nobis
Königsgrab bei Seddin
Apotheken
Hexenhaus
Altes abgerissenes Haus
Heinrich Seidel (1842-1906)
Ach, wie ist’s möglich dann
Grabower Stadtwappen
Ludwigsluster Merkwürdigkeiten
Johannes Gillhoff (1861-1930)
Perfesser Voßlo (Richard Wossidlo 1859-1939)
Beschreibung eines Fotos
Freitag von 10 bis 4
Wegelagerer
Keine Zeit für Weber (Karl Julius Weber 1767-1832)
An Heines Geburtstag
Lesebuchgeschichte I
Lesebuchgeschichte II
Sir Williams Lichtmühle
Klappersteine
Drachenzeit
Heiligenstädter Feuilleton
Die Landschaft
Stadt mit sieben Kirchen
Hauptstraße
Die Nonne in der Martinskirche
Klostergarten
Herr Kreisrichter Storm
Johannes Weinrich (1793-1855)
Drei Dichter in Saarow
In memoriam Liegebleib
Regenzeit
Vorschlag, ein Feuilleton über das Luftschiff zu schreiben
Heute mir / morge dir
Brasiliae Tabula
Heyerdahl, Heyerdahl
Grigorescu
Verborgene Perspektiven
Canon alla decima
Das eintönige Leben
Feuer, Wasser, Sturm und Regen
Aber wir Nichtraucher ...
Relativitätstheorie
Carpe diem
Jürgen Borchert wurde 1941 in Perleberg geboren. Er erlernte den Fotografenberuf und studierte Bibliothekswesen in Berlin und Leipzig.
Seinen dritten Beruf, die freie Schriftstellerei, übte er seit 1980 aus. Sein Thema war Norddeutschland. Insbesondere lag ihm Mecklenburg am Herzen: Kulturgeschichte, Biografisches, das Verhältnis von Mensch und Landschaft...
Er lebte bis zu seinem Tode im Jahre 2000 in Schwerin.
Er bekam den Fritz-Reuter-Preis (1982; 1988) und den Johannes-Gillhoff-Preis (1994).
Grabower Stadtwappen
Grabow in Mecklenburg liegt an der Elde, mit d wohlverstanden, jenem schiffbaren Flüsschen zwischen Müritz und Elbe, ist also, mitten im Binnenland, auch Schifferstadt mit Mole und Hafen, steht da auf einer Insel, von zwei Armen des Wasserlaufes freundlich eingefasst, brannte 1726 einmal recht gründlich ab und wurde dann so aufgebaut, wie es heute zu sehen ist: aus buntem, lustigem Fachwerk und Bürgerfleiß, »Geduld, Vernunft und Zeit macht möglich die Unmöglichkeit«, so steht es, Breitscheidstraße 20, über der Tür.
D-Züge halten nicht, Autos werden vermittels neu erbauter Umgehungsschleife um das Vergnügen gebracht, Grabow durchfahren zu dürfen, und auf einem Schifferkahn - diese müssen ja hindurch - fährt kaum mal ein Fahrgast. Also denken sich die Leute »nichts bei«, wie man in Mecklenburg sagt, was ist das schon, Grabow i/M, Landnest mit Kopfsteinpflaster.
Aber die Personenzüge halten, und die Umgehungsstraße hat auch Abzweige ins Stadtinnere, und dorthin gelangt, steht man vor dem Rathaus und ändert seine Meinung. Denn das Rathaus, stellvertretend für ganz Grabow, nimmt für sich ein durch mancherlei freundliches Beiwerk, durch freundliches Aussehen überhaupt. In solchen Rathäusern ist gut Rat halten. Breit hingelagert, Fachwerk natürlich, braunes Holz und gelbliches Gefach, Walmdach, obenauf ein lustiges, luftiges Zwiebeltürmchen, das steckt seine Wetterfahne als den Endpunkt der Symmetrieachse in den blassblauen mecklenburgischen Himmel, das untere Ende dieser Achse bildet der Fuß der Treppe, die links und rechts geschwungen zur eichenen Eingangstür führt, und über dieser - endlich das Wappen. Es ist das lustigste Wappen, das ich je sah: Mond und drei Sterne, golden auf blauem Grund, ein heiteres Symbol, undeutbar vielleicht, aber fröhlich. Unter diesem Wappen die Tür ließ Johann Mann hindurch, den Stammvater der Lübecker Dichterbrüder, anno 1726 ehrbarer Ratsverwandter zu Grabow, wenn er zu Rate schritt; sie sah Bürgermeister Franz Floerke, den Freund Fritz Reuters, wie er in ihr stand, die Arme ausgebreitet, den Deportierten aus den Händen eines Preußischen Büttels zurückzuempfangen, 1839, stellvertretend für das demokratische Mecklenburg. Immer war das Wappen über der Tür, lächelnd der links stehende Halbmond, strahlend und sechszackig rechts die drei Sterne. Sechszackig? Doch wohl nicht Davidssterne?! Die Ähnlichkeit mit jenen Sternen, die mancher Grabower Bürger in finsteren Jahren auf der Brust zu tragen hatte, war nicht wegzuleugnen, und so konnte das Wappen im Jahre 1940 nicht länger geduldet sein. Grabow erhielt also ein neues, einen heiligen Georg, »Ge-oorch« sagten die Grabower, mehr wohl ein Siegfried im Kampfe mit dem Drachen und das Hakenkreuz in der Standarte, welche nicht nur heraldische Unmöglichkeit im Jahre 1945 selbstredend wieder verschwand. Es ging also in Grabow an jenem Maitag nicht nur die Sonne wieder auf, sondern auch Mond und Sterne kamen wieder hervor, und sie über der Rathaustür im Wappenschilde zu sehen, lohnt schon den Weg in die Stadt.

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