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Keine Zeit für Beifall


Keine Zeit für Beifall


1. Auflage

von: Gabriele Herzog

7,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 08.01.2012
ISBN/EAN: 9783863942779
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 281

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Es ist das Jahr 1968. Aufbruchstimmung in Europa. Der Prager Frühling, Studentenproteste in Paris und Polen, Demonstrationen in Westberlin…Walter Ulbricht und seine SED-Führungsriege versuchen alles, den auch in der DDR beginnenden Widerstand gegen das verknöcherte poststalinistische System im Keim zu ersticken. Lissy Berger, die Heldin des Romans, ist zu der Zeit gerade 19 Jahre und beginnt in Leipzig mit dem Studium der Theaterwissenschaften. Lissy glaubt an den Sozialismus als die bessere Gesellschaftsordnung und ist in ihrer jugendlichen Naivität felsenfest davon überzeugt, ihn mit demokratischen Mitteln reformieren zu können. Dann aber sickert in Leipzig durch, dass die historische Universitätskirche zu St. Pauli, deren Wurzeln bis ins 13. Jahrhundert reichen, abgerissen werden soll. Die Obrigkeit versucht Macht zu demonstrieren, in dem sie die „Überreste“ der Vergangenheit zugunsten einer sozialistischen Neugestaltung des Stadtzentrums beseitigen will. Wie viele Bewohner Leipzigs, sind auch Lissy und ihre Kommilitonen fassungslos. Es hagelt Proteste gegen die sinnlose Schändung der Kirche, die selbst die Bomben des 2. Weltkrieges überstanden hat. Die SED-Mächtigen geraten in Zugzwang. Sie manipulieren und bedrohen die gewählten Stadtverordneten und schaffen so die „demokratische Legitimation“ zur Sprengung der Kirche. Lissys Weltsicht gerät ins Wanken. Trotz aller Konsequenzen, die es für sie haben könnte, entscheidet sie sich dafür, diese Praktiken anzuprangern und gegen die Exmatrikulation ihrer Kommilitonen zu kämpfen, die durch einen Sitzstreik die Sprengung der Kirche verhindern wollten.
Auch Lissys private Situation drängt auf eine Entscheidung. Bleibt sie bei ihrem zuverlässigen Schulfreund Mark oder stürzt sie sich in ein ungewisses, aber alle Sinne raubendes Abenteuer mit ihrem Kommilitonen Peter?
Das Manuskript entstand im Jahr 1986. Die Brisanz des Themas jedoch verzögerte die Veröffentlichung. Erst im Herbst 1990 konnte der Roman erscheinen. Den DDR-Leser, dem das Buch Mut machen sollte, gab es zu dieser Zeit schon nicht mehr.
Gabriele Herzog
1948 in Leipzig geboren. Diplom-Theaterwissenschaftlerin, Dramaturgin am Landestheater Halle, von 1973 bis1990 Dramaturgin und Drehbuchautorin im DEFA-Studio für Spielfilme, von 1991 bis 2002 Dramaturgin, Producerin und Autorin bei privaten Filmproduktionen.
Freischaffend als Drehbuchautorin seit 2003
Drehbücher für Spielfilme, Fernsehfilme und Serien
Hörspiele
Erzählungen

Bücher:
"Keine Zeit für Beifall", Roman, Verlag Neues Leben, Berlin 1990
"Das Mädchen aus dem Fahrstuhl", Roman, Verlag Neues Leben, Berlin 1985, Debütpreis des Verlages

Spielfilmdrehbücher (alle von der DEFA realisiert):
"Elefant im Krankenhaus" (Drehbuch nach ihrem Hörspiel), Regie: Karola Hattop
"Das Mädchen aus dem Fahrstuhl" (Drehbuch nach ihrem Roman), Regie: Herrmann Zschoche
"Herz des Piraten" (nach dem Kinderbuch von Benno Pludra), Regie: Jürgen Brauer

Drehbücher für Fernsehfilme und Serien:
"Bleib bei mir", ARD (nach dem Roman "Dritte Sonnenblume links" von Christine Vogeley)
"Unser Papa, das Genie", ARD
"Wie verliebt man seinen Vater", MDR (nach dem Kinderbuch "Les joues roses" von Malika Ferdjoukh )
"Erste Begegnung", ZDF
18 Folgen für die ARD Serie "Die Stein" (zum Teil gemeinsam mit Scarlett Kleint)
diverse Serienfolgen für ARD, ZDF und SAT1 ( u.a. für "Notruf Hafenkante" (mit Scarlett Kleint), "In aller Freundschaft", "Für alle Fälle Stefanie")

Hörspiele (Auswahl), alle für Deutschlandradio Berlin
"Hundediebe"
"Mir geht es gut"
"Die vertauschte Tante"
"ANDI"
"Meine beste Freundin"
"Elefant im Krankenhaus"
"Das bißchen Money, Mensch, das juckt doch kein Ministerium. Okay, Lissy hat es geschafft. Glückwunsch. Aber wie steht's mit den größeren Dingen? An der Hochschule? In dieser Stadt? In diesem Land? Sich einmischen! Verändern? Wie denn? Den Leipzigern reißen sie ihre wertvollste Kirche unter dem Arsch weg und ..."
"Hör auf mit dieser Kirche", schrie ich. "Es ist doch nichts entschieden. Der Architekturwettbewerb, wie der Karl-Marx- Platz mal aussehen soll, ist gerade erst abgeschlossen. Stand in der Zeitung! Mußte nur mal lesen."
Stefan sagte trocken: "Sie werden sie trotzdem in die Luft jagen."
Aber ich wollte und konnte das nicht glauben. Die Paulinerkirche war das von den Bomben des zweiten Weltkrieges einzig verschont gebliebene Gebäude aus den Anfangszeiten der Leipziger Universität. Niemand konnte mit gutem Gewissen an den Aufbau einer neuen modernen Bildungsstätte gehen und gleichzeitig deren historische Wurzeln ausreißen!
Ratlos griff ich nach dem Becher voll Milch, der vor mir stand, trank und schüttelte mich. Ein entsetzliches Gesöff. Ich fragte nach einer Kneipe. Peter zuckte zusammen und sagte: "Du, entschuldige, ich wollte dich nicht ärgern. Und wenn du beleidigt bist, dann sollte ich gehen."
"Ich will nur was zu trinken kaufen", erwiderte ich.
Valerie lächelte, ließ sich durch Stefans düster werdendes Gesicht wenig beeindrucken, schwebte in die Küche und kam mit einer Flasche Rotwein wieder. Sie hantierte mit dem Korkenzieher, holte drei Weingläser und sagte zu Stefan, der keine Anstalten machte, ihr behilflich zu sein: "Sonst reicht die Milch nicht für dich."
Peter, Valerie und ich stießen unsere Gläser aneinander. Stefan guckte in die Luft, als ob er einer obszönen Handlung beiwohnen müßte. "Stefan, es ist keine Pisse", sagte Peter. Valerie und ich lachten laut und lange. Und Stefan, der einen solchen Satz einer Frau niemals verziehen hätte, suchte sich mit einem sehr gequälten Lächeln trotz allem mit Peter zu verbünden, um unser Gegacker besser ertragen zu können. Aber der ließ sich darauf nicht ein. Valerie, völlig außer Atem, sah Peter mit strahlenden Augen an und sagte: "Du bist wunderbar."
"Na fein", konstatierte Stefan und konnte seine Eifersucht kaum verbergen.
"Wirkliche Veränderungen", nahm Peter das Gespräch wieder auf, "gleich wo, zum Beispiel auch an unserer Hochschule, setzen zunächst personelle Veränderungen voraus. Ganz logisch. Aber wie soll das geschehen? Die Herrschaften wollen ihre Posten behalten. Das ist überall so. Wer einmal oben ist, will es auch bleiben!"
"Ich glaube nicht, daß man bei uns alle Dozenten rausschmeißen muß", wandte ich ein.
"Okay, alle wäre wirklich übertrieben", erklärte Peter. "Aber guck dir Doktor Schröder an. Seine Spezialstrecke hat er ganz passabel drauf, aber natürlich ist er nicht in der Lage, ein qualitätsvolles Hegelseminar durchzuführen. Moment, ich bin noch nicht fertig. Jetzt kommt's: Nun nimmt dem Schröder das keiner übel. Ich finde es nur beschissen, daß er nicht dafür jemand von der Uni besorgt. Nein, Hegel ham' wir nicht. Und warum? Käme ein Dozent von der Uni, fiele es Schröder schwer, die Fama aufrechtzuerhalten, kein anderer als er wäre wirklich kompetent in ästhetischen Fragen. Unseren Ästhetikunterricht wirst du also weder verbessern noch bereichern können, weil Schröder zum einen glaubt, er wüßte schon alles, und sich zum anderen keinen Konkurrenten engagieren würde."
Peters Arroganz regte mich auf. "Und weil du das alles so ganz genau weißt, läßt du die Dinge laufen, wie sie laufen?"

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