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Flucht über die Anden


Flucht über die Anden


1. Auflage

von: Jan Flieger

3,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 06.05.2014
ISBN/EAN: 9783863946548
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 50

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Vor 49 Jahren, am 11. September 1973, begann in Chile die Nacht. Unter General Pinochet putschte das Militär gegen die Regierung von Präsidenten Allende und errichtete eine Diktatur, die Angst und Schrecken, Tod und Verderben verbreitete und erst 1988 beseitigt werden konnte. Doch bis dahin war es ein langer und gefährlicher Weg – fast so lang und gefährlich wie der Weg über die Anden, um von Chile nach Argentinien zu gelangen. Diesen Weg muss Sardo nehmen, denn er ist gefährdet, und er ist – blind. Im Gefängnis hatten sie ihm das Augenlicht geraubt.
Daher braucht Sardo Hilfe, einen Lotsen, einen, der sich auskennt, einen, der nicht weiter auffällt. So einer ist der achtjährige Paco. Er hat wild wachsende Haare, schwarz wie aus einer Teertonne. Die Augen sind braun und sehr wach. Der Hunger hat ihn wach gemacht, früher als sonst. Er werde zum Barrio Alto gehen, zur Oberstadt, denkt der Junge, als er aus seiner Kiste klettert, in der er die Nacht verbringt. Paco hat keine Eltern mehr: Die Generale haben auch Pacos Eltern geholt, in das große Stadion, wo sonst der Fußball rollte. Paco sah sie nie wieder.
In der Siedlung trifft Paco auf Julio, der ihn auf einen Spaziergang mitnimmt:
Sie verlassen die Siedlung. Die Straße führt zu einem Park. Er liegt wie ausgestorben, nur ein Bettler läuft an ihnen vorbei, er hat auf einer Bank geschlafen. „Ich habe dich beobachtet“, sagt Julio. Paco runzelt die Stirn. Was gibt es an ihm Besonderes? Ein Junge ohne Eltern. Tausende leben wie er in Santiago seit dem Tod Allendes. In Pacos Siedlung allein fünfzig. Vielleicht sogar mehr. Neue kommen hinzu; andere verschwinden, als hätte sie die Nacht verschluckt.
„Wir müssen jemanden nach Argentinien bringen“, sagt Julio, „durch das Land und über die Anden, einen Freund deines Vaters. Er war im Gefängnis. Sie schlugen ihn blind. Es ist uns gelungen, ihn herauszuholen, und er braucht einen Lotsen, einen, der wenig auffällt, einen Jungen, klug und ohne Angst.“
Die Gedanken wirbeln in Pacos Kopf.
„Überschlafe es“, sagt Julio, „wenn sie euch fassen …“
Paco nickt.
„Ich komme morgen wieder“, sagt Julio. Paco sieht ihn ängstlich an. Wenn Julio nicht wiederkommt? Doch dessen Hand ruht schwer auf seiner Schulter, wie ein Versprechen.

In der Nacht schläft Paco schlecht: Von riesigen Bergen träumt er, den Schneegipfeln der Anden. Bis in die Wolken sollen sie ragen, nicht mal ein Kondor fliegt so hoch. Wie können Menschen über diese Berge gehn, ein Junge und ein Blinder?
Geboren 1941 in Berlin. Diplom-Wirtschaftsingenieur. War einer der erfolgreichsten Krimiautoren der DDR.
Theodor-Körner-Preis.
Lebt in Leipzig. Schreibt Krimis, Thriller, Kinderbücher. Übersetzung ins Chinesische, Niederländische, Russische, Tschechische und Dänische.
Zwei Krimis erschienen vor der Wende bei S. Fischer. Sein Krimi „Tatort Teufelsauge“ war ab 2006 nach der Übersetzung ins Englische durch Professor Mark Webber Lehrstoff an der Universität Toronto im Kurs „Deutsche Kriminalliteratur“.
Sein Krimi „Der Sog“ wurde 1988 verfilmt und als „Alles umsonst“ nach der Wende mehrfach im Fernsehen ausgestrahlt, zuletzt 2009.
Im Jahr 2010 erschienen seine besten schwarzhumorigen Kriminalgeschichten „Dunkel ist der Weg der Rache“.
Ab Mai 2012 ist sein fesselnder Norwegen-Krimi „Auf den Schwingen der Hölle“ im Buchhandel, der für Kontroversen sorgt, drastisch, düster, aber auch voller Poesie. Ein Buch mit einem gänzlich unerwarteten und schockierenden Finale.
Nach aufwendigen Recherchen in Tokyo entstand sein Thriller „Man stirbt nicht lautlos in Tokyo“, der zur Buchmesse 2013 in Leipzig als ein Vorzeige-Krimi des fhl Verlages Leipzig erschien.
Teilnahme am 2. Berliner Krimimarathon 2011.
Bibliografie:
Kinderbücher
Flucht über die Anden
Das Glücksschwein und andere Taschengeldgeschichten
Der Kommissar in der Regentonne und andere Detektivgeschichten
Ein Fall für die Feriendetektive
Ein Fall für die Superspürnasen
Elf Kicker im Fußballfieber
Mutgeschichten
Der vertauschte Mittelstürmer und andere Fußballgeschichten
Das Labyrinth in den Klippen
Die Ruine der Raben
Flucht aus Montecastello
Das Labyrinth in den Klippen
Gefährlicher Vollmond
Abenteuerland
Verfolgung durch die grüne Hölle
Schatzsuche auf der Totenkopfinsel
Das Grab des Pharaos
Duell mit dem Tyrannosaurus
Krimis
Der Sog (BRD-Titel: "Ein tödliches Ultimatum")
Tatort Teufelsauge
Die Hölle hat keine Hintertür
Neuntöter
Eine Stadt sucht einen Mörder
Der graue Mann
Der Tod kam in der Mittsommernacht
Satans tötende Faust
Im Höllenfeuer stirbt man langsam
Dunkel ist der Weg der Rache
Auf den Schwingen der Hölle
Sonstiges
Polterabend
Die ungewöhnliche Brautfahrt und andere Geschichten
Das Tal der Hornissen
Die Stunde des Kondors
Die Nacht der Schnee-Eule
Sternschnuppen fängt man nicht
Wo blüht denn blauer Mohn
Geschichten in Schulbüchern verschiedener Länder (Frankreich, Schweden, Norwegen)
Geschichten in christlichen Anthologien (Marienkalender)
Fernsehfilm: Alles umsonst
Miguel zieht die Stirn kraus, er streicht sich Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Die Soldaten kommen jede Woche. Ihr müsst weiter. Ich habe sechs Kinder. Nimm ein Huhn mit, das kleine, zarte — gutes Fleisch —, mehr kann ich nicht tun."
Paco schiebt das Huhn unter sein Hemd und hält es fest. Was hätte er auch tun können? Oberstes Gebot ist: Keine Aufmerksamkeit erregen. Paco hört Rufe. Soldaten stoßen Menschen auf einen Lastwagen. Ein Mann geht herum, zeigt auf Gesichter, die er nicht kennt. Ich bin nicht von hier, sie nehmen mich mit, denkt Paco. Der Ring der Soldaten ist eng, und so schnell hat er sich geschlossen, dass keiner weg kann. Immer näher kommt der Mann, der auf die Menschen zeigt. Als ein Soldat vor Paco steht, taucht der Junge unter seinem Arm durch, wirft das Huhn in den Sand, läuft los, läuft und läuft. Das Blut dröhnt in seinen Ohren, etwas schlägt neben ihm in der Mauer ein. Er läuft durch Höfe, eine Straße hoch, bis es still ist. Ein Priester fragt: „Warum läufst du weg, mein Sohn?“
„Nur so“, keucht Paco, und er hört die Trillerpfeife wieder. In seinen Augen steht die Angst.
„Komm“, sagt der Priester.
Sie sitzen in einem kleinen Raum, mit einem Tisch, zwei Stühlen und einem großen Kreuz aus braunem Holz an der Wand. Paco denkt an den spanischen Priester aus ihrem Viertel, der Alcina hieß. Er hatte gegen die Generale gepredigt. Die Soldaten holten ihn ab. Später fand man ihn ermordet im Fluss Mapocho. In vielen Siedlungen hatten Priester geholfen. Priester hatten auch das Komitee gebildet. In der Siedlung erzählten sie davon. Ein Bischof leitete es. Frauen und Männer des Komitees brachten Essen in die Siedlung. Ein Priester suchte im Stadion Pacos Eltern. Von einer Nacht zur anderen verschwand er, und hinter der Hand erzählten sie in der Siedlung von seinem Tod. Das geht Paco durch den Kopf, als er alles sagt. Und der Priester sitzt da und sieht auf seine Hände.
„Ich weiß nur noch einen, der den Weg über die Anden kennt. Aber er kommt nicht in meine Kirche. Ich gehe und werde mit ihm reden.“
Paco wartet und wartet, der Priester kommt nicht zurück. Und wenn er nicht hilft, dieser Priester? Nicht alle helfen. Paco hört derbe Schritte auf der Straße. Wie in einer Falle fühlt er sich. Die Soldaten bleiben vor dem Haus stehen. Ein Kommando ertönt. Paco wagt kaum zu atmen.

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