Details

Das Mirakel von Bernsdorf


Das Mirakel von Bernsdorf

Historischer Roman
1. Auflage

von: Elke Nagel (Willkomm)

8,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 25.07.2013
ISBN/EAN: 9783863942878
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 384

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Sie erkennen ihn nicht auf den ersten Blick, die von Bernsdorfs, als Michel Marten, Offizier der Armee Bonapartes, am Weihnachtsabend 1807 ihren Salon betritt. Vor Jahren war er der Gefährte der Bernsdorfkinder, er, der Enkel des Dorfpfarrers und illegitime Sohn des Barons.
Er entfloh jedoch der Perspektive, Dorfschulmeister zu werden, und schlug sich auf den Spuren seines „eigentlichen" Vaters Heinrich Marten an der Seite der französischen Jakobiner durch. Er erlebte alle Höhen und Tiefen der Revolution, folgte Heinrich Marten aber nicht unter die Anhänger Babeufs, weil er ahnte, dass sich die Hoffnung auf das Bonheur Commune - das Glück des Volkes - nicht erfüllen würde. Er leidet unter seiner Inkonsequenz, vor allem, als er in seiner Heimat alte Freunde wiedertrifft, darunter Henriette von Bülow, die er liebte und die sich wie er von der Forderung nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit begeistern ließ. Sie, jetzt die Frau eines geachteten preußischen Beamten, sieht durch Michels Erscheinen ihre Hoffnung auf Veränderungen neu belebt.
Michel gewinnt das Vertrauen seiner Landsleute, als er bereit ist, für ihre Interessen gegenüber dem Baron einzustehen. Doch an der Spitze der Bauernerhebung macht er sich eines Vergehens gegen Befehle seines Generals schuldig, und alle wissen, dass nur ein Wunder ihn vor dem Tod retten kann.
Der spannende, sehr gut recherchierte historische Roman erschien erstmals 1977 im Verlag Neues Leben Berlin.

Elke Nagel, geborene Ballmann;
geboren 21.07.1938 in Rerik (Mecklenburg);
Studium der Germanistik und Geschichte 1957 – 1962 (Pädagogische Hochschule Potsdam);
Tätigkeit (mit Unterbrechungen) als Lehrerin 1962 – 1975 in Schönberg (Mecklenburg) und Forst (Lausitz);
freischaffend ab 1975;
zwei Kinder (1966, 1967), zwei Enkel (1985, 1987).
Veröffentlichungen unter dem damaligen Namen Elke Willkomm:
Mit Feuer und Schwert (historische Erzählung für Kinder und Jugendliche, Verlag Neues Leben Berlin 1973)
Das Mirakel von Bernsdorf (historischer Roman, Verlag Neues Leben Berlin 1977, neu aufgelegt im BS-Verlag Rostock 2001)
Der fingerkleine Kobold (Kinderbuch, Der Kinderbuchverlag Berlin 1978)
Hexensommer (Roman, Buchverlag Der Morgen Berlin 1984)

Seit 1982 verheiratet mit dem sorbischen Komponisten Jan Paul Nagel (1934 bis 1997)
1991 mit ihm zusammen den ENA-Musikverlag gegründet, Leitung des Verlages von 1991 bis 2005
Seit ca. 1984 Nachdichtungen aus dem Sorbischen, u. a. die sorbischen Texte der Lieder Jan Paul Nagels (veröffentlicht im ENA-Musikverlag) und sorbische Volkslieder
sowie Gedichte der niedersorbischen Lyrikerin Mina Witkojc, veröffentlicht 2001 in der Reihe „Die sorbische Bibliothek“ des Domowina-Verlags Bautzen (Titel: Echo aus dem Spreewald)
Kreuz am Waldrand, Novelle (Lusatia Verlag Bautzen 2007); E-Book bei EDITION digital 2013
Hausteins Marja, Erzählung (BS-Verlag-Rostock 2009), erschienen in sorbischer Sprache, übersetzt von Peter Thiemann, im Domowina-Verlag Bautzen 2010, E-Book bei EDITION digital 2011
Der Froschkönig, Liedtexte zum musikalischen Märchen für Chor, Klavier und Sprecher von Jens-Uwe Günther, UA am 14. April 2011 in Ilmenau (Thür.)
Altweibersommer. Legenden aus dem wilden Osten. Roman. BS-Verlag Rostock 2013


Dorothea denkt an den Abend dieses Johannistages, und sie denkt nicht gern an ihn.
Er bestand auf seinem „Recht“. Nahm es wahr, mit allen Zeremonien, wie üblich: Das Hochzeitsgeschenk, von ihm persönlich überreicht - Wäsche und Geschirr. Das Abendessen im Schulhaus. Er nimmt das beklemmende Schweigen der Hochzeitsgesellschaft nicht zur Kenntnis, macht derbe Witze, über die kaum gelacht wird, Bier wird getrunken, mehr als nötig, mehr als gut, der erste Tanz: Baron und Braut, der letzte Tanz: Baron und Braut, dann führt er die Braut in die neue Wohnung, in die Kammer im Gesindehaus also, sein Knotenstock bleibt vor der Tür stehen: Besetztzeichen.
All das ist bekannt - dem Dorf. Nicht dem Heinrich Marten.
Und es ist üblich - normal also. Nicht für Heinrich Marten.
Aber was tun, Heinrich Marten? Mit dem Knotenstock, dem stehen gebliebenen, gegen die verschlossene Tür schlagen? An der Klinke rütteln? Mit dem Kopf gegen die Tür fallen, wieder und wieder? Gewiss, das alles kann man tun, das tut er, doch was ändert das?
Du kannst nicht mit dem Kopf durch die Wand, Heinrich. So der alte Jakob Marten, der ihm nachgegangen ist. Von Schulz weit und breit nichts zu sehen.
Was ist mit Freiheit der Persönlichkeit, mit Menschenrecht und Menschenwürde, Vater? Seid ihr alle Lügner, ihr Maurer?
Die Tür bleibt verschlossen, Stunde um Stunde.
Sie wird bis morgen früh verschlossen sein, Heinrich.
Er sieht auf - Dorothea redet zu ihm. Jakob Marten ist gegangen, hat sich auf die Suche nach Freund Schulz gemacht, von Unruhe und Ahnungen getrieben. (Fand ihn am See, verzweifelt ins Wasser starrend, brachte ihn nach Hause.)
Heinrich sieht die Herrin an, die Frau dieses Barons. Er will sie hassen, wie er ihn hasst. Aber er findet in ihren Augen den eigenen Jammer, seine eigene Demütigung, mehr noch: nicht Mitleid - dann hätte er sie vielleicht hassen können -, sondern Liebe. Er will kalt bleiben, aber er kann sich nicht selbst belügen, das konnte er noch nie. Und er gesteht sich ein, dass ihr Blick ihn anrührt, empfindet Mitleid mit ihr und sogar Zärtlichkeit. So lässt er sich wegführen von dieser Tür, ohne zu begreifen, wohin sie ihn bringt. Erst in ihrem Schlafzimmer kommt er zu sich. Entsetzt sieht er sich um, will fortlaufen, sie hält ihn zurück.
Warum rächst du dich jetzt nicht an ihm, Heinrich Marten, sagt sie leise, bittend sogar. Sie erschrickt vor seinem Gesicht, er sieht sie wild und voll Verachtung an, aber er bleibt.
Er weiß, ein paar Stunden später, nicht recht, ob es Befriedigung über die gelungene Rache oder Scham über sich selbst ist, das ihn durch den Park treibt, wegauf, wegab, zum See hinunter, zum Schloss zurück, immerfort im Kreis. Plötzlich bleibt er stehen. Ein Satz ist ihm gelungen, endlich, der Satz, mit dem er die Zeitschrift einleiten will, die er - alter Traum - irgendwann herausgeben wird. Am nächsten Tag, bevor er Bernsdorf für immer verlässt, sagt er ihn Dorothea: „Die Privilegien, welcher Art sie auch immer sein mögen und wer sie sich auch immer anmaßt - sie sind es, die den Menschen zum Tier herabwürdigen, und zwar sowohl den Privilegierten als auch den dadurch Benachteiligten.“
Dorothea erinnert sich zu ihrer eigenen Verwunderung dieses Satzes ganz genau, hat sogar den Klang der Stimme im Ohr. Und sie erinnert sich auch, dass sie sagte: Man kann aber nicht dagegen an, Heinrich Marten. Du wirst zugrunde gehen bei deinen Höhenflügen. Da sah er sie lange nachdenklich an, sagte: Und wennschon. Denken Sie denn, Dorothea, Ikarus wäre nicht geflogen, wenn man ihm gesagt hätte, er müsse abstürzen? Er wäre trotzdem geflogen. Weil er es musste.
Sie hatte danach nie wieder von Heinrich Marten gehört.
Auch Sophie Marten blieb nicht im Schloss, ging ins Pfarrhaus zu ihrem Vater. Sie starb im März, ein paar Stunden nach der Geburt Michel Martens. Dorothea sah dieses Kind zum ersten Mal an einem Weihnachtsabend, es sang da „Das Röslein, das ich meine ...“ Auch sie hatte im März einen Jungen zur Welt gebracht, ein dunkelhaariges, dunkeläugiges Kind, ihren Joachim.
Schlägt den Bülows nach, hatte der Baron missbilligend gesagt, hat meine Nase nicht.
Sie verbarg ihr Lächeln, indem sie sich über das Kind beugte und es küsste.

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