Details

Aus Jahr und Tag


Aus Jahr und Tag

Wie Hanna Nein sagen lernte
1. Auflage

von: Lonny Neumann

7,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 21.11.2016
ISBN/EAN: 9783956557415
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 187

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Im Sommer 2005 ist die Erzählerin Johanna, meist Hanna genannt, in ihre Oberschulstadt Prenzlau eingeladen, um aus einem alten Romankapitel zu lesen. Diese Fahrt, die wie eine Sommerreise anmutet, bildet den Rahmen für Hannas Erinnerungen, die durch den lange fälligen Abstecher nach Grünwalde zu einer Selbstauseinandersetzung wird. Dorthin hatte die einst begeisterte junge Lehrerin ihren Mann gedrängt, mit der Familie zu ziehen, weil sie glaubte, hier ein anderes Leben zu lernen, in dem Kinder, Ehe, die Schüler und das Schreiben gedeihlich zueinander fänden. Welch ein Irrtum!
Die idyllische Landschaft mit der Schule für Bevorzugte verdeutlichte, wie ihre anfängliche Utopie für das kleine Land, in dem sie lebt, zur Phrase wird. Der einst geliebte Mann bleibt ein Jasager, ein Parteisoldat.
Aber die Kinder ...
In den Morgenstunden sitzt die Frau, die sich nicht in die gewünschte Logik des Lebens fügen kann, und schreibt:
„Die nach uns kommen, werden fragen:
‚Wie habt ihr gelebt? Was hast du getan?‘“ Sie verlässt das Haus.
Durch die geliebte Landschaft wandernd geht sie der eigenen inneren Wandlung, Schuldgefühlen und Glücksmomenten nach, trifft einstige Freunde und die zurückgekehrten, nun neuen Eigentümer von Grünwalde. Sie wird nicht schuldfrei ausgehen, wenn sie versucht, über diesen Ort, den sie Insel nannte, zu schreiben, denn sie hat dazu gehört.
„Es war einmal“, so wird sie ihre Lesung beginnen und endlich das alte Kapitel beenden.
I. Als die alte Zeit noch eine neue Zeit war
1. Prolog
2. Das siebzehnte Jahr
3. Ein Tanz fürs Leben
4. „Für jede Stunde ein Lachen ...“,
5. Die heftigen hastigen Jahre in der Stadt
6. Lebensarten
II. Ein Inselkapitel
1. Die Bewerbung
2. Der Umzug
3. Bärenfang
4. Erste Stunde
5. Arbeit und Liebe
6. Vom Wechsel der Jahreszeiten
7. Zwischen Fortgehn und Bleiben
III. Die andere Zeit
1. Die Lauensteiner
2. Am Ellenbogensee
3. Klassentreffen
4. Begegnung
5. Die Lesung
Geboren 1934 in Prenzlau, aufgewachsen in Strasburg (Uckermark), Oberschule Prenzlau, Institut für Lehrerbildung in Frankfurt (Oder) und Potsdam, Fernstudium für das Fach Deutsch.
Lehrerin in Potsdam und in der Internatsoberschule Seewalde. Dort Mitarbeit an Unterrichtsversuchen. Nach deren Verbot Ausscheiden aus dem Schuldienst.
Studium und Sonderkurs am Literaturinstitut Leipzig 1975-1978
Seit 1980 Leben und Schreiben vor allem in Potsdam, 1992 - 93 wissenschaftliche Mitarbeit an der Universität Potsdam, Kasack-Ausstellung mit Archivgut aus Marbach, 1995 Gast an der Ausländeruniversität in Perugia
1999 und 2004 Wiepersdorf-Stipendium
Sie veröffentlichte Erzählungen, Kinderbücher, Rundfunkarbeiten.
Veröffentlichungen (Auswahl):
„Vier Stationen hinter der Stadt" im Mitteldeutschen Verlag
1990 Novemberblätter: Tagebuch: „Was tun? Was tun!" FHS Potsdam (1990)
„Hermann Kasack - Leben und Werk", in Ausstellung und Büchern. (Peter-Lang-Verlag, Frankfurtfurt a. M. 1993)
„Hermann Kasack in Potsdam"; Buntbuch, Frankfurt/Oder u. a.
„Literatur in Potsdam nach 1945" (1998)
„Der andere Lehrer", Essayistisches über reformpädagogische und Seewalder Versuche, Universität Potsdam (1996)
„Der Stein", Tag- und Traumfragmente., Roman, Auwald 2000
„Grüne Glasscherben". Eine Kindheit im Norden, Märkischer Verlag 2006 (E-Book bei EDITION digital)
„Blaue Kacheln“, Sommerblätter, united p.c.( 2014)
„Aus Jahr und Tag“, EDITION digital, Pinnow 2016
Beiträge in Zeitschriften und Zeitungen, u. a. „Signum“ und „Ort der Augen“
Tagebuchtexte für „Zeitstimmen", im Literaturport
Literatouren: Hermann Kasack in Potsdam (Literaturport 2010)
Gelangweilt - so sah es jedenfalls aus - empfingen die jungen Leute ihre neue Lehrerin, die ihnen im Halbdunkel des Klassenraums bei tropfendem Wasserhahn mit ihren Fragen kam. Ihr wären im Augenblick die Kräche der Stadtschule lieber gewesen als dieses lauernde Prüfen.
In der Dunkelhaarigen, Glutäugigen und der Blonden daneben vermutete Hanna die angekündigten konkurrierenden Töchter der Fernsehansagerinnen. Den Kopf in eine Hand gestützt, musterten sie die Neue ungeniert von Kopf bis Fuß und prüften das ungeschminkte Gesicht. Vor ihnen saß ein schmächtiges rothaariges Mädchen mit einem Sommersprossengesicht. Die vorderen Plätzen hatten die Jungen belegt. Einer von ihnen, besonders groß und mit einem trotzigen Gesichtsausdruck unter dem weißblonden Haar, blieb ernst, als alle anderen kicherten, weil die Neue vergeblich versuchte, den tropfenden Wasserhahn abzustellen. Hanna verwarf die vorbereiteten Fragen und ihre fein als Chorsatz gegliederte Vorbereitung. Sie verwarf sie und sagte aus dem Augenblick heraus: „Schreibt eure Lieblingsbeschäftigung auf und euer liebstes Buch – und eure Lieblingsmusik. Ihr braucht eure Namen nicht aufschreiben!“
Der Weißblonde brubbelte etwas von einer sanften Tour, mit der sie ihnen da käme. Das hätten auch schon andere probiert und wären nach kurzer Zeit verschwunden und: „Sie haben auch schon in den Akten geschmökert.“ Hanna versuchte, es zu überhören und stellte ihre letzte Frage: „Was wollen und können wir tun in diesem neuen Jahr und überhaupt in dieser Zeit in Siebensee?“
Der Name flog ihr so heraus. Sie ertappte sich erst bei den erstaunten Blicken ihrer Schüler. Sie sammelte schweigend die Blätter ein.
„Wie war’s?“, fragte Anna nach dieser ersten Stunde.
Hanna hob ein wenig ratlos die Schultern und wies auf den Blätterstapel. „Sie sind seltsam still. Es ist schwieriger als es mit den Krächen in der Stadtschule war. Soviel Resignation und skeptisch Abwartendes.“ Anna hatte auch gar keine Zeit, eine Antwort abzuwarten. Sie hatte Aufsicht und lief davon.
Gisela Färber ging in der Pause auf dem mit Steinplatten ausgelegten Appellplatz neben Hanna: „Du hast nichts gesagt zu meiner Probestunde? Wir brauchen doch messbare Ergebnisse.“ Prüfend sah sie die neue Kollegin an.
„Die Frage ist doch: Was brauchen unsere Schüler?“, erwiderte Hanna.
„Ich denke, das Wichtigste lässt sich gar nicht messen und auch nicht in Zensuren ausdrücken. Und wenn ich eine Handvoll im ganzen Leben, vielleicht einen oder eine in jeder Klasse wirklich erreiche, dann ist das Glück.“ Ob jemand von denen, die da in ihrer Klasse mit dem tropfenden Wasserhahn vor ihr gesessen hatten und sitzen würden, je dazugehörte, stand in den Sternen. Gisela Färber lachte: „Solche Augenblicke - wo gibt es die, außer auf dem Theater - und wenn, dann verfliegen sie rasch.“ Es klingelte ja auch schon zur nächsten Stunde.

Diese Produkte könnten Sie auch interessieren:

Last und liebes Kummerfeld
Last und liebes Kummerfeld
von: Wolfgang Held
PDF ebook
6,99 €
Der Friede im Osten
Der Friede im Osten
von: Erik Neutsch
PDF ebook
25,99 €
Der Friede im Osten
Der Friede im Osten
von: Erik Neutsch
EPUB ebook
25,99 €